Around the World in 109 days
Um die Welt in 109 Tagen
04.05.-21.08.2008
Marokko, 09.-13.08.2008
Zeitzone: Marokko = MESZ - 2h
1 Euro = 11,3 Dirham
Samstag, 09.08.2008
Mit gut vier Stunden Verspätung landeten wir um 12 Uhr mittags in
Casablanca (CMN). Dort bekam man als Werbegeschenk gleich eine Handykarte mit
etwas Guthaben darauf. Na das nenne ich mal einen guten Empfang. Bis ich dann
mein Gepäck hatte, war es kurz nach eins, und der stündliche Zug in
die Stadt gerade weg. Aber um 14 Uhr ging es dann endlich weiter. Leider gab es
keine Durchsagen der Haltestellen, und so landete ich in am Bahnhof Casa Voyager
statt in Casa Port. Da der nächste Zug von da nach Casa Port erst fast eine
Stunde später fuhr, schloß ich mich einem netten amerikanischen
Pärchen an, und wir teilten uns ein Taxi in der Stadt. Der Taxifahrer
ließ uns an der Jugendherberge raus, ein ganzes Stück vom Bahnhof
Casa Port, was ich aber erst merkte, als er schon weg war. Naja, so schulterte
ich halt meine Taschen und begann meine Sightseeingrunde unter der Sonne Marokkos
halt vollbeladen, immerhin ein gutes Krafttraining und schweißtreibend.
Erste Sehenswürdigkeit war der Festungsturm Sqala auf der alten Stadtmauer,
aber dann ging es gleich zum Highlight Casablancas, der Hassan-II-Moschee, nach
Mekka die zweitgrößte Moschee. 25000 Menschen finden im Inneren und
weitere 80000 im Innenhof Platz. Ihr Minarett ist mit 210 Metern sogar
das höchste weltweit. Das war schon ziemlich beeindruckend.
Von der Moschee hielt ich mich wieder südwärts, aber nicht erneut an
der vielbefahrenen Straße entlang, sondern durch die Medina. In der
Altstadt mit ihren verwinkelten Gassen hatte ich in kürzester Zeit den Weg
verloren, aber dank der Sonne konnte ich mich orientieren, hielt mich einfach
grob Richtung Süden und war bald wieder aus dem interessanten Labyrinth
heraus. Anschließend sah ich mir noch ein wenig das Stadtzentrum an, warf
einen kurzen Blick in die Markthalle und war um halb sechs am Busbahnhof der
staatlichen Busgesellschaft CTM, die meist ein eigenes Gebäude hat,
während sich all die anderen privaten Busunternehmen einen anderen
Busbahnhof teilen, der manchmal in einem ganz anderen Teil der Stadt liegt.
Das ist zwar recht unpraktisch, aber hat wohl bisher niemanden verantwortlichen
interessiert. Die Taxifahrer, die zwischen den beiden pendeln, freuen sich
jedenfalls.
Ich kaufte mir einen Fahrschein in die Hauptstadt Rabat und wartete auf die
Ankündigung der Abfahrt um halb sieben. Währenddessen beobachtete ich
einen Fensterputzer, der die Glaswände der Wartehalle reinigte, ohne einen
Eimer mit Wasser dabeizuhaben. Er fing das mit einem Handscheibenwischer
zusammengewischte Wasser mit einem Lappen auf und reinigte damit das
nächste Stück der Scheibe. Das ist effizientes Wassersparen. Als
gegen viertel vor sieben mein Bus immer noch nicht angesagt war (und ich hatte
bei fast jeder - natürlich arabischen - Ansage gefragt, ob es mein Bus sei,
wurde aber immer zurückgeschickt, angesagt worden war Rabat jedenfalls
nicht), fragte ich nochmal am Ticketschalter nach, und erfuhr, daß der
18:30-Uhr-Bus schon gefahren sei! Die netten Angestellten organisierten mir dann
aber einen Platz im nächsten Bus um 19:15 Uhr und sagten mir dann sogar
mal Bescheid, so daß es um 19:40 Uhr (der Bus fuhr seltsamerweise nicht
pünktlich ab) endlich losging.
Fotogalerie: Casablanca
Zwar sind die CTM-Busse komfortabler (und deshalb teurer) als die privaten und
haben im Gegensatz zu diesen meist funktionierende Aircondition. Doch wenn die
AC viel zu kalt ist und sich nicht ausstellen läßt, ist das auch
nicht besonders angenehm. In meinem Fall konnte man die AC-Düsen zwar
zudrehen, allerdings waren die Leselampen daneben zerbrochen, und die kalte
Luft kam durch diese Löcher heraus. Brrr.
Ziemlich unterkühlt kam ich so gegen neun Uhr in Rabat an. Da der dortige
Busbahnhof unpraktischerweise etwa 5 km außerhalb der Stadt lag und ich
nicht wußte, ob noch Stadtbusse dorthin fuhren, nahm ich mir ein Taxi,
bestand aber darauf, daß der Fahrer das Taxameter benutzte, damit er von
mir nicht nachher einen Wucherpreis verlangte. Trotzdem kam mir das Gerät
seltsam vor, es dreht sich schneller als erwartet und zeigte als Währung
zudem noch italienische Lire an. Zu alledem kam dann noch, daß der Fahrer
nicht genug Wechselgeld hatte und ich am Ende 40 Dirham zahlte, wobei ich 20
erwartet hätte. Herzlich willkommen in Marokko, am ersten Tag schon
über den Tisch gezogen worden. Andererseits waren 20 Dirham keine zwei
Euro, nicht wirklich ein Betrag, um den man groß diskutieren muß.
Es geht natürlich um's Prinzip, andererseits wollte ich einfach nur in mein
Hotelzimmer und ankommen.
Von der Straße aus mußte ich noch ein Stück über den
Nachtmarkt laufen zum Hotel al-Maghrib al-Jadid, das ich mir aus dem Lonely
Planet rausgesucht hatte. Der Rezeptionist dort hatte (vielleicht angeblich)
nur noch ein Doppelzimmer frei, für das er natürlich mehr verlangte
als für ein Einzelzimmer. Mit unter neun Euro war das aber noch zu
verkraften.
Ich lud mein Gepäck ab und zog nochmal los, um etwas zu Abend zu essen
(recht preiswerte Pommes in einen einfachen Restaurant) und etwa eine Stunde
im Internetcafé (die in Marokko einfach "Cyber" heißen) zu surfen.
Die französische Tastatur (die auch in Marokko und wohl dem Großteil
Westafrikas verwendet wird) mit ihren scheinbar wahllos vertauschten
Buchstaben machte das Tippen allerdings etwas schwierig. Warum ähneln
sich weltweit fast alle Tastaturen (US, Japan, Rußland, Malaysia,
Thailand, ...) bis auf wenige spezielle Buchstaben und Zeichen, und nur die
Franzosen müssen es mal wieder anders machen? Naja, egal, ich bekam es
mit etwas Konzentration hin und kehrte ins Hotel zurück. Da dauerte das
Einschlafen allerdings noch etwas, da sich mein Zimmer direkt hinter der
Rezeption befand, wo noch bis spät in die Nacht Trubel herrschte. Naja,
es gibt Schlimmeres.
Fotogalerie: Rabat bei Nacht
Sonntag, 10.08.2008
Ich schlief einmal gut aus und stand erst um halb elf auf. Dann duschte ich
schön, wofür ich nochmal extra bezahlen, ins oberste Stockwerk
steigen und mir vom Rezeptionisten den Gasboiler anzünden lassen
mußte. Egal, das war es wert. Zum Frühstücken hatte ich erstmal
keine Zeit, denn zunächst mußte die Stadt im Eiltempo besichtigt
werden.
Zuerst einen kurzen Besuch in den Andalusischen Gärten und dann die
benachbarte Kasbah des Oudalas (unter Mißachtung der "hilfsbereiten"
Herren am Eingang, die mir nahelegen wollten, was ich zuerst anzusehen hatte,
da einiges angeblich schon um sechs Uhr zumachte). Die blau-weiß
gestrichenen Häuser und Gassen der Kasbah waren wirklich hübsch
anzusehen.
Vom Nordostende der Kasbah hatte man einen tollen Ausblick über den Strand
und nach Salé auf der anderen Seite des Flusses, den ich ein Weilchen
genoß, dann ging es - nach einem bißchen Verlaufen in der Kasbah,
was mich aber in interessante, touristenfreie Ecken führte - weiter. Ich
sah mir den Hassan-Turm (Tour Hassan) an, ein weiteres Wahrzeichen Rabats, und
schließlich erreichte ich die Überreste von Chellah, eine ehemals
römische Siedlung mit Tempeln, später von den Moslems mit einer
Moschee und diversen Gebäuden überbaut, und heute hat ein Storch auf
der Spitze des halb verfallenen Minaretts sein Nest gebaut. Eine wirklich nette
Ruinenstadt.
Fotogalerie: Rabat
Um viertel nach drei war ich zurück am Hotel, holte mein Gepäck ab, war um halb vier am Bahnhof und erwischte 10 min danach den verspäteten Zug nach Meknès. In meinem Abteil saßen mehrere Marokkaner, von denen einer meinte, seine Musik per Handylautsprecher der Allgemeinheit präsentieren zu müssen. Mir sind solche rücksichtsvollen Leute ja sehr sympathisch. Zum Glück hatte der gute Mann einen recht vernünftigen Musikgeschmack, so daß es nicht so schlimm war. Außerdem war er ganz nett und sagte mir, an welchem der mehreren Bahnhöfe von Meknès ich aussteigen mußte, denn Lautsprecherdurchsagen und Anzeigetafeln gab es nicht wirklich.
Fotogalerie: Zugfahrt nach Meknès
Vom Bahnhof war es nur ein kurzer Fußmarsch zum CTM-Busbahnhof, wo ich
mir ein Ticket nach Midelt, ein Örtchen zwischen dem Rif- und Atlasgebirge,
kaufen wollte, denn im Lonely Planet hatte ich ein tolles Foto davon gesehen.
Ja, so funktioniert meine Reiseplanung. Später irgendwann erfuhr ich,
daß die Beschriftung inkorrekt sei und das Bild gar nicht Midelt zeige,
aber es war trotzdem gut hinzufahren. Am CTM-Schalter erklärten mir die
Damen, daß nur zwei Busse nach Midelt führen, spät abends um
halb elf und halb zwölf, und der frühere sei schon voll. Also rief
ich kurz bei einigen Hotels in Midelt an, ob ich auch noch mitten in der Nacht
auflaufen könnte, und als das bejaht wurde, ging ich zurück zum
Schalter, um die Fahrkarte zu kaufen. Doch in den maximal zwei Minuten, die
mein Telefonat gedauert hatte, hatte offensichtlich jemand alle restlichen
Tickets auch für den zweiten Bus gekauft! Das war ja unglaublich!
Zusammen mit Guillermo, einem Peruaner, der allerdings zur Zeit in Madrid lebt,
der ebenfalls kein Busticket mehr bekommen hatte, fuhr ich dann per Taxi zum
einige Kilometer entfernten privaten Busbahnhof. Dort waren aber auch schon
alle Tickets nach Midelt ausverkauft, allerdings gab es noch freie Plätze
nach Er-Rachidia, und der Bus dorthin fuhr durch Midelt. Trotzdem wollte man uns
keinen Fahrschein nach Midelt in diesem Bus verkaufen. Glücklicherweise war
mein Französisch noch gut genug für einige Argumentationen. So bekamen
wir schließlich für den Fahrpreis nach Er-Rachidia (welches doppelt
so weit weg war wie Midelt) Fahrkarten nach Midelt. Zum Glück ist Busfahren
in Marokko sehr preiswert, so daß der "Zuschlag" nicht so sehr schmerzte.
Da wir bis zur Abfahrt noch einige Zeit hatten, holte Guillermo sein Gepäck
und ich erkundete noch etwas die Stadt. Im Souq bzw. der Medina war es mir in den
engen Straßen viel zu voll, vor allem mit meinen beiden Rucksäcken. So
lief ich ein wenig auf gut Glück durch weniger belebte Gassen und landete
irgendwann auf dem von zahlreichen Touristen und Einheimischen belebten Place
el-Hedim. Da ich inzwischen schon ziemlich hungrig und durstig war, suchte ich
mir ein preiswertes Restaurant, das ich in der Nähe mit dem "Economy
Restaurant" auch fand. Dort aß ich eine leckere vegetarische Tajine (ein
unter einer Tonhaube gedünstetes Gemüsegericht).
Fotogalerie: Meknès
Halb neun waren Guillermo und ich wieder am Busbahnhof, eine halbe Stunde
später suchten wir unseren Bus (Wartehalle und Bussteige waren räumlich
getrennt, und man konnte nur passend zur Abfahrt zum Bussteig), da mal wieder
keine Durchsage kam, aber die offizielle Abfahrtszeit war neun Uhr. Als wir
allerdings den Bus erreichten, war er schon voll! Wie konnte das denn passieren,
wo wir doch Tickets hatten, und das sogar für die doppelte Strecke, die wir
fahren wollten. Nach längeren Diskussion und beim Busfahrer darauf Bestehen,
daß wir auf jeden Fall mitkommen, stellte sich heraus, das im Bus einige
Leute saßen, die gar keinen Fahrschein hatten und den spontan noch kaufen
wollten. Wofür gehen wir dann vorher zum Schalter und kaufen uns ein Ticket?
Nach viel hin und her und Streiterei flogen dann zwei der ticketlosen Leute mit
großem Geschrei raus, zwei bis drei setzten sich auf die Treppe am
hinteren Ausgang oder aufeinander und schließlich hatten Guillermo und
ich doch unsere Sitzplätze, wenn auch etwas beengt, da der Junge neben mir
unbedingt seinen Vogelkäfig mitnehmen mußte.
Doch damit war nur das erste Kapitel des Abenteuers vorbei. Als der Bus endlich
losfahren sollte, sprang er nur mit großer Mühe an und blieb auf der
leicht ansteigenden Ausfahrt des Parkplatzes gleich wieder liegen. Der Busfahrer
weigerte sich daraufhin, mit diesem mangelhaften Fahrzeug bis in die Berge zu
fahren (wie uns Rabii, ein junger Marokkaner, der ebenfalls im Bus saß,
uns nachher auf Englisch übersetzte). Doch daraufhin wurde nicht der Bus
gegen einen intakten ausgetauscht, sondern der Fahrer gegen einen
tollkühneren, der sich eine Fahrt mit der alten Mühle zutraute! Das
nenne ich flexibel: Wenn wir keinen neuen Bus haben, nehmen wir halt einen
neuen Fahrer.
Schon in Meknès blieb der Bus mehrmals liegen, wenn die Straße auch
nur ein bißchen anstieg, und wir hatten schon arge Zweifel, überhaupt
in Midelt in den Bergen anzukommen, von pünktlich ganz zu schweigen. Jedesmal, wenn der
Bus liegenblieb, stieg die Hälfte der Passagiere kurz aus (warum auch immer),
dafür knackten die Herren auf der Hintertreppe sogar die verschlossene
Hintertür. Tja, Busreisende kennen in Marokko wohl keine Skrupel. Da
der Zustand des Busses nicht besser wurde, fingen die Passagiere irgendwann an
herumzuschreien, gegen die Decke zu klopfen und zu rebellieren, und mitten in
der Nacht in der Nähe von Azrou zwangen sie den Busfahrer unter Androhung
der Polizei dazu, anzuhalten und einen Mechaniker zu rufen. In der Nähe
einer Ortschaft war das auf jeden Fall günstiger als später irgendwo
in den Rif-Bergen. Bis der Mechaniker kam und den Bus wieder instandgesetzt hatte,
dauerte es ein paar Stunden. Guillermo, Rabii und ich tranken derweil in einem
Café an der Raststätte einen leckeren marokkanischen Tee mit
grünen Blättern und beobachteten das Spektakel. Um 3 Uhr nachts (zu
der Zeit hätten wir fahrplanmäßig schon in Midelt sein sollen)
ging es schließlich weiter, wir konnten einsteigen und versuchten zu
schlafen. Das war nicht ganz so einfach, da an der Hälfte der Sitze die
Kopfstützen fehlten und die Klimaanlage nicht funktionierte
(praktischerweise war aber ein großes Loch im Dach, wo vorher das
Dachfenster gewesen war, durch das - obwohl es mit einem Stück Pappe
"repariert" worden war - noch ausreichend Luft hereinwehte), aber wenn ich
müde genug bin, kann ich fast überall schlafen.
Montag, 11.08.2008
Als ich bei der ersten Morgendämmerung die Augen aufmachte, fuhren wir
durch die phantastische Felslandschaft der Rif-Berge, und als wir in die Ebene
kamen, ging am Horizont glutrot die Sonne auf. Was für ein Anblick, der
uns entgangen wäre, wenn wir pünktlich gewesen wären. Um halb
acht morgens (nach zehneinhalb statt vier Stunden Fahrt) kamen wir
schließlich in Midelt an, wo Guillermo und ich ausstiegen, während
der Rest der Passagiere noch bis Er-Rachidia mit dem Überraschungsbus
weiterfuhr, worum wir sie nicht beneideten.
Fotogalerie: Busfahrt nach Midelt
Durch die Ankunft am Morgen hatten wir uns zumindest die Hotelkosten für
die Nacht gespart und checkten nun im Hotel Boughafer für die folgende
Nacht ein. Da das Zimmer bereits frei war, konnten wir unser Zeug schon da
lagern, und Guillermo ging noch ein bißchen schlafen (er hatte im Bus
kein Auge zugemacht). Ich war aber einigermaßen fit und versuchte, eine
Karte der Gegend und Infos zu Attraktionen und Transportmöglichkeiten zu
besorgen, da im Lonely Planet nicht allzuviel zu finden war und uns die
Taxifahrerpreise überhöht erschienen. Eine Karte gab es nirgendwo
zu kaufen, also suchte ich ein Internetcafé, was ebenfalls kein leichtes
Unterfangen war, da alle, die ich entdeckte oder die mir gezeigt wurden, noch
geschlossen hatten. Dafür kam ich ein bißchen in den Gassen von Midelt
rum, in die ich sonst wohl nie gegangen wäre und sah z.B. den "Aushang"
einer Metzgerei mit einem ganzen Rinderkopf samt heraushängender Zunge, an
einer Kordel in der prallen Sonne vor dem Laden baumelnd. Ob man damit in
Deutschland wohl auch Kunden anlocken würde?
Schließlich fand ich dann aber doch ein Internetcafé und machte
mir mit Google Maps und anderen Seiten einen ungefähren Eindruck von der
Gegend. Auf dem Weg zurück zum Hotel kaufte ich dann noch schnell ein
Busticket nach Fès für den nächsten Tag, und dann weckte
ich Guillermo auf.
Um 11 Uhr gingen wir dann im städtischen Markt (Marché Municipal)
preiswert Proviant einkaufen, im Hotel frühstücken oder eher
mittagessen in Anbetracht der Zeit (ok, wir gingen brunchen), da uns die
Restaurants an der Hauptstraße irgendwie abziehen wollten (selbst dort
in den Bergen gab es Touristenabzocke). Dabei planten wir unsere Route für
den Tag. Ein Aufstieg auf den Jebel Ayachi, mit 3747 m (Midelt liegt auf 1508 m)
die höchste Erhebung der Gegend, war aufgrund der vorgerückten Zeit
nicht mehr machbar, deshalb beschlossen wir, die Gorges de Berrem (Schluchten
von Berrem) und evtl. Tattiouine am Fuß des Jebel Ayachi zu besuchen
(für mich nicht zuletzt wegen des Star-Wars-Namen).
Ein freundlicher Herr, der uns im Hotel ansprach und uns den Parkplatz der Grand
Taxis (eine Art Sammeltaxis mit festen Routen für bis zu fünf oder
sechs Passagiere - in einem normalen Pkw) zeigen wollte, entpuppte sich dann
als gerissener Teppichhändler. Als wir ihm und seinem Kollegen zum x-ten
Mal klarmachten, daß wir definitiv keinen Teppich kaufen wollten und
würden, schlug ihre freundliche Stimmung schlagartig in eisig um, und wir
verließen schleunigst das Ladenlokal. Die Grand Taxis fanden wir auch so,
buchten eins für uns (indem wir für 6 Personen bezahlten, da wir sonst
noch auf vier weitere Passagiere hätten warten müssen und der Wagen
dann gut gequetscht voll gewesen wäre), was mit 18 Dirham noch immer
spottbillig war. Wir überlegten, was der Haken an der Sache war, und
das war wohl die Rückfahrt. Die staubige Straße in Berrem, an der
unser Fahrer uns rausließ (und die er Taxi- bzw. Busbahnhof nannte) sah
nicht so aus, als ob dort häufig ein Auto oder gar Taxi vorbeikam, wenn
überhaupt dann eher ein Esel.
Nichtsdestotrotz waren wir nun in Berrem, liefen den Hügel hinunter zum
Fluß und dann an diesem entlang auf immer höhere Felsen, die
schließlich die beeindruckende Schlucht von Berrem bildeten. Ein herrlicher
Anblick! Staunend kraxelten wir weiter auf den Felsen und später durch die
Schlucht bis diese schließlich zuende war und sich in ein Tal mit Feldern
erstreckte. Über diverse Bewässerungskanäle bahnten wir dann
unseren Weg auf den Hügel auf der gegenüberliegenden Seite des Flusses.
Dort boten sich uns ebenfalls herrliche Landschaftsanblicke, und
schließlich kamen wir oberhalb des Dorfs Berrem an. Durch die schmalen
Gassen zwischen den traditionellen Lehmhäusern - das ist das wahre Marokko
- bahnten wir unseren Weg zur Straße und dem "Busbahnhof", wo manchmal
angeblich Grand Taxis hielten. Zwei Männer saßen dort wohl auch
ziemlich geduldig, vielleicht ergab sich ja eine Mitfahrgelegenheit, ansonsten
blieben sie halt in Berrem. Esel kamen einige vorbei, doch eine ganze Weile
kein Auto.
Da einer der beiden Französisch konnte (der andere nur Arabisch), konnten
wir uns recht gut verständigen, und als ein Auto vorbeikam, erklärte
er dem Fahrer für uns, wohin wir wollten. Dieser nahm uns zu einem
akzeptablen Preis gerne mit bis nach Tattiouine, das - im Gegensatz zur Fahrt
dahin - ziemlich unspektakulär war und leider noch nicht einmal ein
Ortsschild hatte, an dem man Fotos hätte machen können. Immerhin
liefen in der Gegend so einige Leute in Kapuzenmänteln herum, die mich
doch stark an die Jawas vom Planeten Tatooine aus Star Wars erinnerten.
Außerdem war es recht unterhaltsam, in dem uralten Mercedes Benz
über marokkanische Bergpisten zu fahren. Mohamed, unser Fahrer, wollte
dann auch gern Fotos mit uns zusammen haben (schließlich fährt man
ja nicht alle Tage einen Deutschen und einen Peruaner durch die Berge) und
brachte uns schließlich zurück nach Midelt. Es gibt auch wirklich
nette Menschen, die Touristen nicht direkt über's Ohr hauen wollen. In
Midelt gingen wir im Marché Municipal noch einige Liter Wasser kaufen, um
unseren tierischen Durst zu stillen, relaxten etwas auf dem Zimmer und
aßen im Hotel zu Abend. Nach einer Dusche unter Flackerlicht bzw.
z.T. im Dunkeln (die Hotelbesitzer hatten wohl keine Lust, die Lampe zu
reparieren, selbst als die Glühbirne schließlich ganz aus der
Fassung fiel) gingen wir schlafen.
Fotogalerie: Midelt
Dienstag, 12.08.2008
Um halb neun fuhr mein Bus Richtung Fès ab (Guillermo nahm etwas
später einen anderen Bus weiter nach Süden nach Er-Rachidia), mit
leichter Verspätung, da der Fahrer noch wartete, bis der Bus ganz voll war
(ich bin in Marokko noch nie mit einem nicht-vollbesetzten Bus gefahren).
Diesen Rückstand wollte er aber durch eine ziemlich rasante Fahrweise
wieder aufholen, die bei den Mägen diverser Fahrgäste nicht besonders
gut ankam, so daß sie ihre Plastiktüten inspizierten, während
ich die Landschaft der Rif-Berge bewunderte. Gegen 13 Uhr fuhren wir durch
Fès, hielten da aber nur am Stadtrand an einer Hauptstraße an und
nicht am Busbahnhof, wie ich es bei einer großen Stadt erwartet
hätte. Als ich dann allerdings aus dem Rückfenster Schilder sah, die
nach Fès zeigten, ging mir diese Vermutung auch auf. Ich sprach sofort
den Fahrer an, der natürlich nicht zurückfahren konnte. Er sagte mir
aber, im nächsten Ort könne ich umsteigen und zurückfahren.
Allerdings ließ dieser Ort auf sich warten, und wir fuhren immer weiter
von Fès weg Richtung Algerien. Schließlich kam uns aber ein
anderer Bus entgegen, den der Fahrer per Lichthupe zum Anhalten aufforderte,
ich schnappte mein Gepäck und wechselte mitten auf der Landstraße
das Fahrzeug, während der Busbegleiter dem anderen Fahrer meine Situation
erklärte. So konnte ich schließlich sogar umsonst nach Fès
zurückfahren, auf den bequemen Treppenstufen des Hintereingangs, denn
natürlich waren auch in diesem Bus alle Plätze besetzt.
Nach einer knappen halben Stunde Fahrt war ich nun wirklich am Busbahnhof von
Fès. Ich verzichtete aus Zeitgründen auf das geplante Sightseeing
und besorgte mir gleich ein Anschlußticket. Nach Chefchaouen, wo ich
eigentlich hinwollte, fuhren um die Zeit schon keine Busse mehr, also kaufte
ich mir ein Ticket für den Bus nach Ouezzane (auf halbem Weg dorthin), der
auch gleich darauf um halb drei losfahren sollte. Allerdings waren noch nicht
alle Plätze besetzt, so daß sich die Abfahrt noch um eine
Viertelstunde verzögerte, bis auch dieser Mangel behoben war. In der
Zwischenzeit boten fliegende Händler im Bus ihre Ware feil, von CDs und MCs
(die im mitgebrachten Kassettenrecorder vorgespielt wurden), über Schuhe,
Fächer (die Hitze im Bus tat den Verkaufszahlen sicher gut), natürlich
Wasser und Proviant bis hin zu diversen Süßigkeiten (interessant fand
ich den undefinierbaren weißen Klumpen an einem Bambusstock, von dem der
Verkäufer für seine Kundschaft Stücke abschnitt).
Um 17:25 Uhr erreichte ich Ouezzane, von wo tatsächlich 50 min später
(plus der üblichen Viertelstunde Verspätung) noch ein Bus weiterfuhr.
Ich mußte also nicht in einer Provinzstadt übernachten, die selbst
im Lonely Planet nur mit wenigen Zeilen erwähnt war. In diesem Bus kostete
die Gepäckaufgabe (also jedes Gepäckstück, das man unten in den
Bus-Kofferraum lud) 10 statt der sonst fast überall üblichen 5 Dirham,
eigentlich lächerlich bei einem Fahrpreis von 30 Dirham, aber vielleicht
war es auch nur Touristenabzocke. Die Fahrt nach Chefchaouen führte wieder
durch sehenswerte Landschaften, und nach einer Weile kam ich mit meinen
Sitznachbarn auf der Rückbank ins Gespräch (genaugenommen war's
umgekehrt), von denen einer zumindest etwas Französisch und einer etwas
Spanisch konnte. Letzterer, Rachid, begleitete mich nach unserer Ankunft um
halb neun in Chefchaouen noch bis in die Altstadt (wodurch mir diverse
Touristenfänger vom Hals blieben), bis ich in den verwinkelten Gassen das
Hotel Mouritania gefunden hatte.
Dort hatte man leider kein Zimmer mehr frei, lediglich noch einen Schlafplatz
auf der Dachterrasse, die ich mir einmal ansah. Oben wurde ich von einer
fröhlichen Runde Backpacker begrüßt, und weil ich ohnehin keine
Lust hatte, mich mit meinem Gepäck auf der Suche nach einem anderen Hotel
durch den überfüllten Nachtmarkt der Altstadt zu quetschen, buchte ich
die Open-Air-Übernachtung auf dem Dach, die zudem nur 30 Dirham kostete.
Groß auspacken mußte/konnte ich ohnehin nicht, lediglich Isomatte
und Schlafsack ausrollen, schon war mein Zimmer bezugsfertig. Zuerst aber
gesellte ich mich zu meinen Zimmernachbarn, die mich gleich zu Wein und Bier
einluden (ich hätte sowas in Marokko nicht erwartet, aber da sagt man ja
nicht nein). Es war eine wirklich nette, unterhaltsame Runde aus den Niederlanden
(Jasper & Lisa), Deutschland (Thorsten & Sven), den USA (Liam) und Frankreich
(Frederique & Joanna), mit denen ich einen tollen Abend hatte. Wie mir nachher
auffiel, war das auch genau der hundertste Tag meiner Reise, erst recht ein
Grund, bis halb zwei zu feiern.
Fotogalerie: Busfahrt Midelt - Fes - Ouezzane - Chefchaouen
Mittwoch, 13.08.2008
Da ich durch das ganze Bus-Hin-und-Her am Vortag zu spät in Chefchaouen
angekommen war, um mir die berühmte Stadt anzusehen, stand ich trotz der
Dachterrassenparty schon um 6 Uhr wieder auf, packte meine Sachen und schlenderte
noch etwas durch die hübsche, blau gestrichene Altstadt (Medina) von
Chefchaouen. Der Ort ist definitiv einen Besuch wert, wegen der hübschen
Gassen aber auch - wie ich am Abend festgestellt hatte - wegen der Leute, die
man dort trifft.
Anschließend marschierte ich zum Busbahnhof, um den 8:30-Uhr-Bus nach
Tetouan zu kriegen. Da der Ticketschaltermensch mir allerdings sagte, es gebe
um 9 Uhr auch einen Bus direkt nach Fnideq (wo ich ohnehin hinwollte), bat ich
ihn, mir ein Ticket dorthin zu verkaufen. Seltsamerweise konnte er das jedoch
nicht (im Gegensatz zu allen anderen Tickets) und sagte, ich sollte noch etwas
warten. Er verschwand dann für eine Weile, doch als er wiederkam, konnte
er mir noch immer keinen Fahrschein nach Fnideq verkaufen, andere Kunden bekamen
aber direkt irgendwelche Tickets. Dann verschwand der Ticketverkäufer wieder
und ließ mich allein in seinem Büro stehen. Da hätte ich mir
glatt selbst ein Ticket ausstellen können, wenn ich gewußt hätte
welches. Kurz vor halb neun war der gute Mann immer noch nicht wieder da, und es
war mir auch langsam zu blöd. Also ging ich zum Busparkplatz, wo schon der
Bus nach Tetouan stand, und daneben mein Ticketnichtverkäufer. Ich sprach
ihn nochmal auf den Bus nach Fnideq an, und erfuhr daß dieser wohl doch
nicht führe (kann man mir ja auch nicht von Anfang an sagen, grrr). Aber
ich bekam zum Glück noch ein Ticket für den Bus nach Tetouan, und
um 8:35 Uhr ging es endlich los. Zehn vor zehn kamen wir am neuen Busbahnhof
von Tetouan an, wo auch schon ein Bus nach Fnideq wartete. Perfekt. Ich
mußte allerdings noch bis 10:30 Uhr warten, bis er losfuhr - offizielle
Abfahrtszeiten gab es offensichtlich nicht - aber dafür war es der erste
Bus in Marokko, der noch mit leeren Sitzplätzen aufbrach. Allerdings nicht
lange, denn auf der Straße sammelte der Fahrer noch Leute auf, um die
vorgeschriebene Vollbesetzung zu erreichen. Hätte mich auch gewundert...
In Fnideq angekommen wollte ich zunächst in einer Bank meine restlichen
Dirham umtauschen (da ich dort einen besseren Kurs als direkt an der Grenze
erwartete, und offiziell durfte man Dirhams auch nicht ausführen), doch
dafür wollte man meine Wechselquittung haben. Da das Geld aber aus dem
Automaten kam, hatte ich nichts dementsprechendes, und wurde so meine Dirhams
nicht mehr los! Was für eine dumme Regelung. Also nahm ich mir erstmal ein
Taxi zur Grenze bzw. erst das dritte oder vierte Taxi, da man gerade hier die
Touristen übers Ohr hauen wollte. Statt der 6 Dirham, die die ca. 5 km
Fahrt nach Aussage meines Busnachbarn kosten sollte, verlangte der erste Fahrer
mit 5 Euro den zehnfachen Preis, und noch nicht einmal in Landeswährung!
Irgendwann bekam ich dann nach etwas Feilschen eine Fahrt für 10 Dirham,
was noch akzeptabel war.
In einer Wechselstube direkt am Grenzzaun tauschte der freundliche Angestellte
dann meine restlichen Dirhams problemlos und zu einem akzeptablen Kurs um. Na,
es geht doch. Als ich allerdings anschließend einige Fotos von den Horden
fliegender Händler machte, die über einen Hügel links vom
offiziellen Grenzübergang strömten, wurde ich gleich von einigen
Passanten angeschimpft und daraufhin von einem marokkanischen Grenzbeamten
herbeibeordert. Ich mußte ja noch Ärger mit der Obrigkeit bekommen,
wenige Minuten bevor ich in die EU zurückkehrte. Der Grenzsoldat wollte
meinen Pass sehen und sagte, ich sollte alle meine Fotos löschen. Das kam
für mich natürlich nicht in Frage, deshalb zeigte ich ihm meine Fotos
und löschte nur diejenigen, die ich an der Grenze gemacht hatte. Ich hatte
zwar keinerlei Grenzanlagen fotografiert (worüber sich Grenzbeamte gern
echauffieren) sonder bewußt nur von der Grenze aus ins Landesinnere
geknipst, aber ich wollte dann besser doch nicht mit dem Typen diskutieren.
Nachdem die Fotosache geklärt war, sah er nochmal in meinen Pass und fragte,
warum ich hier über die Grenze wollte, da an seinem Posten die Leute genau
in die andere Richtung, also von Spanien nach Marokko, unterwegs waren. Aber
das wollte ich ja auch gar nicht (mein Grenzübergang war am anderen Ende
des Zauns), er hatte mich doch hergerufen, ich war nicht freiwillig gekommen.
Schließlich ließ er mich gehen, und ich machte mich flugs auf den
Weg zum richtigen Durchgang, um schnell in die EU zu kommen, bevor der
schlechtgelaunte Herr es sich anders überlegte. Gegen 13 Uhr war ich dann
zwar noch auf dem afrikanischen Festland, aber in der spanischen Enklave Ceuta
und somit offiziell in der EU.
Fotogalerie: Busfahrt Chefchaouen - Tetouan - Fnideq - Ceuta
weiter nach Spanien.
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