Fünf Kontinente und eine Hochzeit, 23.12.2008-13.01.2009
Prag/Tschechien, 23.12.2008
Meine zweite Weltreise begann ganz bescheiden mit einer S-Bahn-Fahrt von
Dresden-Reick zum Hauptbahnhof. Und es wurde gleich spannend. Denn obwohl ich
dachte, ich hätte noch genug Zeit, wurde mir klar, daß dem nicht
so war, als ich von der Straße aus die Bahn schon am Bahnsteig stehen
sah. Also ein kurzer Sprint mit gut zwanzig Kilo Gepäck, ein Sprung in
den Zug, und dann schlossen sich die Türen. Puh, das hatte gerade noch
geklappt. Wäre ja dumm gewesen, schon den ersten Zug der Weltreise
zu verpassen.
Am Dresdner Hauptbahnhof stieg ich in den komfortablen Eurocity nach Prag
um 17:10 Uhr, wo ich nach der Hektik beim Aufbruch endlich etwas entspannen
konnte. Und dabei fiel mir ein, daß ich meinen Führerschein zu
Hause vergessen hatte. Ziemlich ungeschickt, da ich in Neuseeland ein Auto
mieten wollte und es im Internet auch schon reserviert (zum Glück noch
nicht bezahlt) hatte. Na das fing ja schon mal gut an. Konnte nur noch
besser werden. Aber egal, Urlaub war angesagt, keine Zeit für
Pessimismus. Wird schon alles klappen, wie immer.
Etwa viertel nach sieben am Prager Bahnhof Holesovice angekommen, wurde
ich von Estela abgeholt, lud mein Gepäck in ihrer Wohnung ab und
dann holten wir ihre Eltern aus ihrer Pension ab. Dann wollten wir in die
Stadt, brauchten aber noch Fahrscheine für die Straßenbahn, die
es leider nicht in der Bahn oder an der Haltestelle gibt, sondern nur in
diversen Tabakläden, von denen es aber an vielen Haltestellen gar
keine gab bzw. die später am Abend geschlossen waren. So
mußte Estela bis zum nächsten U-Bahnhof laufen, damit wir nicht
schwarzfahren mußten. Bis sie zurück war, war natürlich auch
gerade unsere Straßenbahn davongefahren. Der Fahrscheinverkauf ist
schon ein ziemliches Manko im sonst recht guten öffentlichen Transport
von Prag.
Schließlich schafften wir es aber doch ins Zentrum, wo Estela uns in
ein Restaurant führte, wo es angeblich gutes Wild gab, das ihre Eltern
gern aßen. Doch als wir die Speisekarte aufschlugen, war das Angebot
komplett anders als sonst (wir waren im November schon einmal gemeinsam dort
gewesen). Auf Nachfrage erklärte uns der Kellner, daß es sich um
das Weihnachtsspeisemenü handele. Das Angebot früher fanden wir
allerdings deutlich feierlicher bzw. anspruchsvoller, dafür waren die
Preise großzügig nach oben korrigiert worden. Auf die Nachfrage
nach Wild, für das das Restaurant eigentlich bekannt war, verwies uns
der Kellner auf das Rindfleischgericht. Estelas Vater versuchte ihm zu
verdeutlichen, was Wild ist (obwohl der Kellner gut Englisch sprach, aber
man kann nie wissen), indem er pantomimisch ein Reh im Wald schoß.
Der Kellner schien zu verstehen und zeigte uns auf der Speisekarte, daß
es auch Hühnchen gab (noch nicht einmal Rebhuhn, was man vielleicht noch
als Wild bezeichnen könnte). Wir gaben auf und bestellten einfach einige
Gerichte des "Weihnachtsmenüs" und einen guten Wein, der sich als
wirklich gut und überraschend preiswert herausstellte (im Gegensatz zum
Essen). So hatten wir schließlich einen netten Abend mit vielen
interkulturellen Gesprächen. Vor allem meine Deutschkenntnisse waren
gefordert, denn Estelas Eltern wollten wissen, ob Kennedy in Berlin wirklich
gesagt habe, er sei ein Donut (naja, ein Berliner - der in Berlin ja
Pfannkuchen heißt - ist schon sowas wie ein Donut, darüber habe
ich noch nie nachgedacht), und ob Arnold Schwarzeneggers Nachname wirklich
"Black Nigger" bedeute.
Nach dem Essen brachten wir Estelas Eltern gegen halb zwölf zurück
zu ihrer Unterkunft und trafen uns dann noch mit zwei von Estelas Freunden (Lilian
und Mary) auf ein Bier und Sangria. Ein bißchen von Prags Nachtleben
mußte ich ja auch bei meinem kurzen Besuch mitkriegen. Um zwei Uhr
machten wir uns auf den - aufgrund des Nachtstraßenbahnverkehrs recht
langen - Heimweg. Und obwohl wir erst so spät zu Hause waren, quatschten
wir noch bis tief in die Nacht (so ist das mit guten Freunden), so daß
mir im Endeffekt nur eine dreiviertel Stunde Schlaf blieb. Ahhh.