In Thaba-Bosiu angekommen besuchte Valeria Verwandte in der Nähe,
und ich stieg mit Prof. Berenge den heiligen Berg des Ortes hinauf.
Er macht diese Wanderung jedes Jahr, für mich war es also eine
Ehre daran teilzunehmen. Unterwegs schlossen sich uns einige Jugendliche
an, denen Prof. Berenge ausführlich von der Geschichte des Berges
erzählte, meist in der Landessprache Sesotho, einiges übersetzte
er mir aber auch ins Englische. Auf dem Berg wurde das Königreich
Lesotho gegründet, und der Legende nach wächst der Berg in der
Nacht zu einem Vielfachen seiner Größe an. Ich konnte es nicht
überprüfen, da ich am Tag dort war, aber offensichtlich hat der
Ruhm gewirkt und Feinde abgeschreckt. Bevor wir das Gipfelplateau betraten,
mußten wir an einem großen Geröllhaufen vorbei. Jeder, der
die Gegend betritt, muß einen Stein nehmen, darauf spucken und ihn auf
den Haufen werfen, um böse Geister abzuwehren oder sowas. Wir machten es
natürlich auch, schaden kann's ja nicht.
Nach einem kurzen Marsch über die grasige Hochebene mit herrlichen
Ausblicken über Lesotho erreichten wir schließlich eine Ansammlung
von Steinhaufen, den Friedhof der Könige. Seit Gründung des
Königreiches werden die Regenten und ihre Familien hier beigesetzt,
traditionell in ganz einfachen schmucklosen Gräbern unter kleinen
Steinhügeln. Lediglich der letzte König, Moshoeshoe II, hat ein
imposanteres Grabmal erhalten, da seine Frau ihm auch nach dem Tod etwas
Prunk gönnen wollte. Prof. Berenge streute etwas Tabak, den er am
Fuß des Berges in einem kleinen Laden gekauft hatte, auf die
Gräber einiger Angehöriger des Königshauses, mit denen
er verwandt war, und las den Jugendlichen ein paar Texte über die
Könige vor, die er in seinem Buch verfaßt hatte. Anschließend
war für alle Fotosession angesagt. Unsere jungen Begleiter wollten
natürlich den weitgereisten Besucher mit sich auf dem Foto
haben (und umgekehrt). Und sie zeigten mir noch eine weitere Attraktion,
einen großen, wohl berühmten Felsen in der Ebene, der auch den
50-Maloti-Schein ziert. Anschließend ging es wieder runter vom Berg, und nach dem
bisher herrlich sonnigen Tag wurden wir plötzlich von einem heftigen
Regenschauer überrascht und mußten uns (da der Regen wegen des
Windes sehr schräg fiel) hinter der Mauer einer verfallenen Hausruine
flüchten. Der Regen ging so schnell wie er gekommen war und in der
sommerlichen Dezembersonne waren wir recht bald wieder trocken.