Ich stand gegen neun auf und stellte fest, daß am frühen Morgen
offensichtlich ein Platzwart oder Reinigungswagen gekommen war, und die Reste
des gestrigen Abends, wie die leeren Dosen, entsorgt hatte, allerdings auch
den ungespülten Kochtopf. Zum Glück hatte Schorch seinen Gaskocher
mit ins Auto genommen. Wir hätten unser Zeug ja auch selbst entsorgt, wer
kann denn ahnen, daß uns so früh jemand hinterherputzt.
Da Steffi und Schorsch noch schliefen, erkundete ich die Gegend erstmal alleine,
doch leider war es bis zum Lake Taupo noch zu weit für einen kurzen Fußmarsch, und
auch der Fluß war von der Straße aus nur an wenigen Stellen zugänglich. So ging
ich zurück zu unserem Zeltplatz und gönnte mir ein erfrischendes Bad im Waikato-Fluß.
Inzwischen waren dann auch meine beiden Mitreisenden wach, wir frühstückten und
brachen dann auf. In Taupo suchten wir uns zunächst einen Waschsalon und
verbrachten eine gute Stunde vor unseren Waschmaschinen - mit dem PC, denn dort
gab es Steckdosen, wo wir unser elektrisches Gerät nach Tagen mal wieder aufladen
konnten.
Nachdem wir die Vorzüge der Zivilisation ausreichend ausgekostet hatten, rief
wieder die Natur bzw. die Straße. Wir verließen Taupo südwärts und fuhren am Ostufer
des Lake Taupo entlang, mit herrlichem Panorama des größten Sees Neuseelands
und der Vulkangipfel des Tongariro-Nationalparks dahinter am Horizont. An diese
kamen wir am Nachmittag immer näher heran, was Steffi und mich zu zahlreichen
Fotos und Ausrufen der Begeisterung verleitete, sehr zum Leidwesen von Schorsch,
der ja fahren mußte. Irgendwann erreichten wir aber doch Whakapapa,
das touristische Zentrum des Tongariro-Nationalparks, zwar auch nur ein kleines
Dorf mit ein paar Unterkünften und Hotels, aber immerhin gab es eine gut
ausgestattete Touristeninformation. Dort erkundigten wir uns nach möglichen
Wanderrouten und erstanden noch zwei Wanderkarten. Da es schon später am
Nachmittag war, hatten wir keine Zeit für eine große Tour, aber zumindest für
eine kleine Runde zum Taranaki-Wasserfall in der Nähe von Whakapapa.
Die Wanderung dorthin war schon allein spektakulär, durch vulkanische Steppenlandschaften
vor dem Panorama der steil aufragenden Gipfel. Man fühlte sich fast wie im Film
"Herr der Ringe", nur die Orks fehlten, aber die vertraten Schorsch und ich ganz gut.
Ganz klassisch konnten wir sogar in eine kleine Aushöhlung hinter dem
Wasserfall klettern, wo es allerdings recht kalt und naß war, dann ging es
wieder zurück nach Whakapapa.
Von dort fuhren wir mit dem Auto nach Iwikau in recht luftige Höhen, wo im Winter
ein beliebtes Skigebiet ist. Jetzt im Sommer, und gerade kurz vor der Abenddämmerung,
war dort außer uns niemand. So konnten wir die Gegend allein erkunden, die in
den "Herr der Ringe" Filmen als die Ebene von Emyn Muil sowie Meads Wall
auftaucht. Letztere war eine gigantische, natürliche Felsmauer am Rande einer Schlucht,
die wir sogleich bestiegen. Doch schon nach kurzer Zeit zog dichter Nebel auf,
der die Aussicht zunichte machte, dafür aber noch mehr zur mystischen Atmosphäre
beitrug.
Bevor es dunkel wurde, brachen wir auf und fuhren in den nächsten "größeren" Ort
mit dem passenden Namen "National Park". Dort befand sich auch die einzige
Tankstelle im Nationalpark, die aber schon geschlossen hatte, als wir dort kurz
vor neun Uhr eintrafen. Weil unser Tank fast leer war, riskierten wir es
nicht, noch die 35 km bis Okahune, den nächsten wirklichen Ort, zu fahren.
Stattdessen beschlossen wir, in Tankstellennähe zu übernachten, und am nächsten Morgen als
erste Kunden vor der Tür zu stehen, um recht früh unsere geplante Tageswanderung zu
beginnen. Da wir nicht direkt an der Hauptstraße unser Lager aufschlagen wollten,
fuhren wir etwas in die Felder hinter dem Ort, rückten das Gepäck im Auto zusammen
und bereiteten uns drei halbwegs bequeme Schlafplätze. Dann wurde eine Flasche
Wein geöffnet und auf unsere komfortable Unterkunft am Fuße der Vulkane angestoßen.