Kuwait, 14.-18.11.2009

SAMSTAG

Da Ende des Jahres einige meiner Lufthansa-Meilen zu verfallen drohten und es mir im November in Deutschland zu kalt war, nutzte ich ein verlängertes Wochenende um den Buß- und Bettag, um bei der Lufthansa mal wieder ein Schnäppchen zu machen. Diesmal waren Ziele in der Golfregion im Angebot für vergleichsweise wenige Meilen, dafür holte sich die Lufthansa ihren Anteil über die "Steuern und Gebühren" wieder, die man nicht mit Meilen begleichen konnte. Immerhin die happigen 90 Euro "Steuern" (ohne Flugpreis!) für den Zubringerflug von Dresden nach Frankfurt konnte ich mir sparen, indem ich mit dem Zug-zum-Flug-Ticket nach Frankfurt fuhr, auch wenn ich dafür früh aufstehen mußte.

Gegen acht Uhr ging die Reise los, zunächst westwärts nach Frankfurt und von dort, nach einigem Aufenthalt, um 16:20 Uhr ab in den Süden. Nach etwa fünf Stunden Flug landete ich um 23:30 Uhr Ortszeit auf dem Flughafen Kuwait (KWI). Dort stellte ich mich dann schon auf eine längere Wartezeit an der Visa- und Passkontrolle ein, doch als ich das Flugzeug verließ, stand da schon eine Dame, die ein Schild mit meinem Namen hochhielt. Sie nahm meinen Pass und besorgte an einem speziellen Schalter mein Visum, während nebenan die Leute in langen Schlangen standen, und bei der Passkontrolle gingen wir durch den Diplomatengang. Wow! So war ich ruckzuck im Ankunftsbereich, wo ich dann Andrea traf, meine Couchsurfing-Gastgeberin, die ich jetzt zum ersten Mal persönlich traf. Obwohl sie am nächsten Morgen früh arbeiten mußte, war sie extra zum Flughafen gekommen, um mich abzuholen, und hatte auch die nette Empfangsdame engagiert. Ein sehr praktischer Service der dort am Flughafen recht preiswert angeboten wurde. Wir stiegen dann in Andreas Auto, einen Geländewagen, den sie aber auch brauchte, denn zu ihrem Haus, einem recht neuen Wohnkomplex im Vorort Mahboula, führte noch keine Straße. Aus diesem Grunde wäre ich wohl auch mit Bus oder Taxi kaum selbst dort angekommen. Trotzdem natürlich ein Super-Service für jemanden, den man gar nicht kennt, und der kostenlos auf der Couch schläft. Andreas Wohnung war, abgesehen von der Verkehrsanbindung, nicht zu verachten, und ich hatte sogar mein eigenes Gästezimmer. Kein schlechter Start für meinen Besuch in Kuwait.

 
SONNTAG

Da im muslimischen Kuwait das Wochenende auf Freitag und Samstag fällt, mußte Andrea am Sonntag morgen wieder arbeiten. So klingelte schon nach wenigen Stunden Schlaf der Wecker, und mit Andrea zusammen fuhr ich Richtung City. Sie ließ mich in Hawali raus, und ich nahm ein Taxi an den Strand nach Salmiya, wo kurz nach Sonnenaufgang noch nicht viel los war. An einem Strandstand gönnte ich mir erstmal einen doppelten Espresso, um wach zu werden (die zwei Nächte davor waren ja sehr kurz gewesen), dann flanierte ich die nette Strandpromenade von Salmiya entlang bis nach Ras al-Ard, wo ich passend zur Fähre nach Failaka ankam. Perfekt. Ich kaufte schnell ein Rückfahrticket für 3 Dinar und ab ging es auf die Insel vor der Küste Kuwaits, auf der schon die Generäle von Alexander dem Großen ein Heerlager aufgeschlagen hatten.

In Salmiya angekommen, machte ich mich zu Fuß auf den Weg zu den Ruinen eines griechischen Tempels, von denen im Lonely Planet und im Internet geschrieben war (aber ohne Fotos). Allerdings mußte ich feststellen, daß es zu der wahrscheinlich einzigen Touristenattraktion der Insel keinerlei Hinweisschilder gab. Lediglich auf der Wand eines Restaurants (eines der wenigen instandgehaltenen Gebäude in der Nähe des Failaka Lake) fand ich eine grob gezeichnete Karte der Insel, allerdings ohne eingezeichnete Wege und Straßen. Auch die Anwohner und Passanten, die ich nach den griechischen Ruinen fragte, hatten keine Ahnung, wonach ich suchte, was zum Teil auch daran lag, daß sie kaum bis gar kein Englisch sprachen. Lediglich Nadeem, ein Pakistani, der an dem Tag als Busfahrer tätig war, verstand Englisch, konnte mir aber was die Griechenruinen anging auch nicht weiterhelfen. Irgendwann fand sich dann aber ein Taxifahrer (genaugenommen war es ein Klempner, der wohl gerade frei hatte), der mich für einen gewissen Obolus zu den Ruinen und über die Insel fahren wollte. Allerdings hatte er wohl andere Ideen, was es auf der Insel Sehenswertes gäbe, denn er fuhr mich zu einer Kamel- und danach zu einer Ziegenfarm. Von den griechischen Ruinen hatte er noch nie gehört, obwohl er schon Jahre auf der nicht wirklich großen Insel lebte. Immerhin fanden wir ein paar abgesperrte "archeological sites", wo es aber außer ein paar Steinen nicht viel zu sehen gab. Interessant war allerdings das ehemalige Touristendorf, das während der irakischen Besatzung zerstört worden war und auch rund zwanzig Jahre nach dem ersten Irakkrieg noch immer aus Ruinen bestand. Auch die Soldaten Saddam Husseins und anschließend die Amerikaner hatten Failaka als Militärstützpunkt genutzt. Erst seit kurzem war die Insel wieder für Zivilisten zugänglich, auch wenn es neben kriegszerstörten Gebäuden und unauffindbaren griechischen Ruinen (die aber tatsächlich existierten, wie mir Andrea später versicherte) nicht so viel zu sehen gab. War halt eine andere Art von Tourismusziel. Nach der mehr oder weniger ergiebigen Inselrundfahrt brachte mich mein Fahrer wieder zum Hafen nach Az-Zawr, wo etwas später die Fähre Richtung Festland ablegte. Dort traf ich dann auch Nadeem wieder, der mich mit Minibechern Golf-Wasser versorgte, was sehr angenehm war, denn nach einem Supermarkt hätte ich auf der Insel lange suchen können. So quatschten wir noch eine Weile im Bus und auf der Fähre, bevor ich mich in Ras al-Ard wieder zu Fuß auf den Weg machte.
Ich lief ein Stück weiter die Al Blajat Street und das Ufer entlang, und nach ihrer Arbeit traf ich mich vor dem lokalen Burger King mit Andrea.

Nach einem kleinen Snack und Fütterung der Katzen am Strand (die aber zu entspannt in der Sonne lagen, um sich von etwas Futter anlocken zu lassen) fuhren wir Richtung Kuwait City und dort zur bekanntesten Sehenswürdigkeit des Landes, den drei Kuwait Towers. Nach einer kleinen Fotosession davor fuhren wir hinauf zur Aussichtsplattform und in das Turmrestaurant, wo ich Andrea zum Essen einlud. Das war für so einen Ort mit der Aussicht gar nicht so extrem teuer, allerdings auch nicht so extrem gut. Die Drei-Käse-Pizza hätten wir im Backofen zu Hause wahrscheinlich besser hinbekommen, allerdings war die Mint Lemonade, die Andrea bestellte, ganz interessant. Nach dem Essen sahen wir uns noch die kleine Fotoausstellung an, in der dokumentiert wurde, wie die "barbarischen Invasoren" im Irakkrieg das Land und insbesondere auch die Kuwait Towers beschädigt hatten. Im kleinen Postkartenladen auf der Aussichtsplattform gab es keine einzige hübsche Postkarte (obwohl mal schon allein von den Kuwait Towers einige tolle Bilder machen konnte), aber dafür Ansichtskarten von dem Ansichtskartenladen selbst. So ein Unikum mußte ich mir natürlich kaufen. Wieder unten auf dem Erdboden und im Auto mußte Andrea tanken, und als ich die Anzeige auf der Zapfsäule sah, hatte ich auch kein schlechtes Gewissen mehr, daß sie mich in der Gegend herumkutschierte. 7 Euro für 50 Liter Benzin sind ja der Traum jedes Autofahrers in Europa. Kein Wunder, daß in Kuwait jeder so große Autos fährt. Der Spritverbrauch ist definitiv kein Thema hier.



Salmiya



Failaka



Kuwait-City

MONTAG

Während Andrea zur Arbeit fuhr, schlief ich am Montag mal aus, zusammen mit Bagheera, ihrer Katze, die es sich auch in meinem Bett bequem gemacht hatte (oder ich in ihrem, je nach Standpunkt). Schön warmes Kissen. :-) Nach dem Frühstück brach ich auf, und zufällig kam mir auf der Sandpiste vor dem Wohnkomplex, wo irgendwann mal eine Straße hinkommen soll, ein Taxi entgegen, das mich nach Al-Ahmadi zum Kuwait Oil Company Display Center brachte. Dabei mußte ich dem Fahrer erklären, wo sich das befindet. Wieso kennen sich Touristen dort besser aus als die Taxifahrer? In Al-Ahmadi hatte die staatliche Ölgesellschaft Kuwait Oil Company (KOC) ein kleines Museum zum Thema Ölförderung aufgebaut, das man aber nur nach vorheriger Anmeldung besichtigen konnte. Ich hatte zu Hause Stunden gebraucht, um die Telefonnummern und Adressen der für die Anmeldung zuständigen Personen herauszufinden, und erst am Sonntag hatte ich dann erfahren, daß ich kommen dürfte. Für den Aufwand war das Museum aber nicht so beeindruckend, aber immerhin hatte ich eine kostenlose Privatführung durch einen KOC-Angestellten, und mein Besuch wurde sogar vom Firmen-Pressefotografen dokumentiert. Ob ich allerdings irgendwann neben den Fotos der Präsidenten und Scheichs, die im Museum hängen, zu sehen bin, weiß ich nicht. Nach dem Museumsbesuch wanderte ich noch ein bißchen durch Ahmadi, bis ich irgendwann ein Taxi erwischte, das mich zu meinem nächsten touristischen Ziel brachte.

Irgendwie wunderte es mich schon nicht mehr, daß der Taxifahrer das Al'Qurain Martyrs' Museum nicht kannte. Immerhin fand er schon den Stadtteil Qurain, und nachdem er einige Passanten gefragt hatte, fanden wir auch das Museum. In dem ehemaligen Wohnhaus hatten während der irakischen Besatzung einige kuwaitische Rebellen Widerstand geleistet, doch als die irakische Armee mit Truppen und Panzern anrückte, wurden aus denn Rebellen schnell Märtyrer. Zum Gedenken an sie ist das Haus in seinem zerschossenen Zustand belassen und als bedrückendes Museum hergerichtet worden.

Von Qurain aus wollte ich nun in die Stadt, und das mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Denn obwohl die Leute im Internet als auch Andrea gesagt hatten, man käme nur mit einem Taxi oder dem eigenen Auto vernünftig in Kuwait herum, mußte es doch auch anders gehen, zumal die Taxifahrer sich ja oft genug auch nicht auskannten. So wanderte ich dann in der Mittagssonne die Hauptstraße Richtung Norden, von der ich wußte, daß dort der Bus entlangfuhr, auf der Suche nach einer Haltestelle und - das wäre die Krönung - einem Busfahrplan. Doch entweder gab es keine Haltestellen, oder sie lagen sehr weit auseinander, denn ich fand keine. Als ich an einem parkenden Auto vorbeilief, sprach mich der Fahrer an. Ich dachte erst, es sein ein Taxifahrer und ging weiter, doch es stellte sich heraus, daß es der erste Kuwaiti war, den ich in Kuwait traf (abgesehen von den Grenzbeamten), denn bei 70% Ausländeranteil werden praktisch alle Jobs wie Taxi-/Busfahrer, Verkäufer, etc. von niedrig bezahlten Ausländern aus Südasien oder Afrika ausgeübt. Hassan, so hieß der Kuwaiti in dem Auto, hatte sich über meinen Anblick gewundert, ich weiß nicht ob mehr darüber, einen Europäer in diesem Teil der Stadt zu sehen, oder einen Europäer zu Fuß gehen zu sehen. Jedenfalls bot er sich an, mich zur nächsten Bushaltestelle zu fahren, und am Ende brachte er mich sogar den ganzen Weg nach Al-Qadisia. Dort wollte ich das Haus der Spiegel (House of Mirrors) besuchen, ein Künstlerwohnhaus das ganzflächig innen und außen mit Spiegelbruchstücken dekoriert ist. Leider hatte das Museum an dem Tag geschlossen. Also brachte mich Hassan kurzerhand bis in Stadtzentrum, wo ich nach dem Museumsbesuch ohnehin hinwollte. Unterwegs unterhielten wir uns echt nett, über meine Eindrücke als Ausländer in Kuwait und wie schwierig es sei, in Kuwait Kuwaitis zu treffen, und über Hassans Islamstudium in England. Das war wirklich interessant, und wir hätten noch eine ganze Weile quatschen können, aber Hassan mußte zurück. Doch vorher lud er mich noch für den nächsten Tag bei seiner Familie zum Mittagessen ein. Cool!

Hassan ließ mich am Fountain Park raus, doch der war nur abends geöffnet. Also ging ich weiter die Al-Soor Street entlang, an der Eislaufhalle vorbei (vor der Palmen standen, ein schöner Kontrast) und an diversen früheren Stadttoren (dem Al-Shamiya-Tor und dem Al-Jahra-Tor) mit Resten der ehemaligen Stadtmauer. Dann ging es über die Arabian Gulf Street an der Küste entlang unter anderem an der Nationalversammlung und am Nationalmuseum vorbei bis zum Sief-Palast, dem Sitz des Emirs von Kuwait. Dort durfte man keine Fotos machen, aber die Wachleute dort winkten ganz freundlich und interessiert, als ich mich ohne Kamera umschaute. An der Großen Moschee sowie einigen kleineren M&Ms (Moscheen und McDonald's, die in Kuwait in trauter Eintracht anzutreffen sind) vorbei ging es dann zum Gold-Souq, der zwar noch geschlossen war (der größte Markttrubel beginnt erst bei Sonnenuntergang), aber wo ich mich mit Andrea verabredet hatte. Wir schlenderten durch einige andere Souqs und Markthallen, wo es kein Gold, aber dafür Kleidung, Lebensmittel und eine Menge buntes Plastikzeug gab. Anschließend fuhren wir zum Fountain Park, doch der machte erst mit der Dämmerung auf, also mußten wir uns noch etwas die Zeit vertreiben. Im recht hohen Burj Jasim gegenüber sahen wir uns ein paar Nobelgeschäfte von außen an und fuhren dann mit dem Fahrstuhl einfach nach ganz oben. Da gab es zwar keine Aussichtsplattform, sondern nur Büros, aber in einem wurde gerade renoviert, und den Arbeitern dort war es recht egal, daß wir dort rumliefen und Fotos von dem Aussicht über Kuwait machten.

Irgendwann ließ man uns dann auch in den Fountain Park, doch bis die Wasserfontänen und Lichter eingeschaltet wurden, mußten wir noch eine ganze Weile warten und mehrmals nachfragen. Es war ja nicht so, daß die Angestellten dort das Wasser von Hand hochpumpen mußten, aber auch einen Schalter umzulegen erforderte einige Anstrengung. Als es dunkler wurde, erwarteten wir eine Steigerung der Effekte der beleuchteten Springbrunnen, doch die blieben aus. Zwar war der Eintritt zum Fountain Park frei, aber trotzdem hatten wir etwas Spektakuläreres erwartet. Beim Rausgehen sahen wir dann auch ein Poster mit großen beleuchteten Wasserbögen, doch der Fountain-Park-Angestellte an der Kasse erklärte uns, daß das vor dem Einmarsch der barbarischen Iraker gemacht worden war. Offensichtlich hatten die Invasoren nicht einmal davor zurückgeschreckt, Springbrunnen zu zerstören.

Von Fountain Park aus fuhren wir dann zunächst zu den Kuwait Towers, um sie auch einmal bei Nacht zu fotografieren, und dann in ein libanesisches Restaurant, wo wir sehr lecker zu Abend aßen und fruchtige Wasserpfeife rauchten. Ein orientalisches Erlebnis am persischen Golf, natürlich ohne Bier oder Wein, denn in Kuwait ist Alkohol strikt verboten, und nicht einmal Ausländer können ihn kaufen. Nach dem Essen fuhren wir noch zu einem kurzen Besuch zur riesigen Al-Hashemi II, dem größten Holzschiff der Welt, in dem diverse Veranstaltungsräume des örtlichen Radisson-Hotels untergebracht sind. Im etwas kleineren Schiff Al-Boom direkt daneben befindet sich ein Restaurant. Beide Örtlichkeiten entsprachen aber nicht unserem normalen Budget, und so fuhren wir lieber im Supermarkt und beim Bäcker einkaufen (unter anderem ein Mitbringsel für den Besuch bei Hassan am nächsten Tag) und machten uns dann auf den Heimweg.



Ahmadi



Qurain & Qadisiya



Kuwait-City

DIENSTAG

Während Andrea morgens wieder sehr früh zur Arbeit fuhr, recherchierte ich im Internet und versuchte herauszufinden, von wo der Bus in die Stadt fuhr. Da es nur sehr bescheidene Busfahrpläne und Stadtkarten gab, ja noch nicht einmal richtige Straßennamen, war das gar nicht so einfach. Aber aus Prinzip wollte ich zumindest einmal Bus fahren, um zu zeigen, daß es auch ohne Taxi geht. So verließ ich das Haus und mußte mich gleich erstmal neu orientieren. Aus dem zehnten Stock hat man doch einen etwas besseren Überblick über die Stadt. Schließlich fand ich aber doch die Hauptstraße (fast schon eine Art Autobahn) auf der der Bus fahren sollte. Auf der richtigen Straßenseite war ich zum Glück schon, allerdings hielt ein hoher Zaun die üblichen Passanten (oder Kinder oder Ziegen) von der Straße fern. Nach einem kleinen Marsch fand sich aber ein Loch im Zaun, und auf der anderen Seite, ganz in der Nähe, stand eine kleine Gruppe Männer, die mir sagten, daß sie auf den Bus warteten. Ansonsten gab es keinen Hinweis auf eine Bushaltestelle. Offensichtlich funktionierte Busfahren hier nach dem Prinzip "finde die Straße, die der Bus langfährt, und stelle dich zu Leuten, die da warten". Der Bus kam dann praktischerweise auch sehr bald, ich zahlte den ziemlich preiswerten Fahrpreis und versuchte während der rasanten Fahrt zu verfolgen, wo wir waren. Als wir uns in der Nähe des Stadtteils Salwa befanden, stieg ich aus ("Bushaltestelle ist da, wo jemand ein- oder aussteigt") und wanderte Richtung Küste, denn am Meer konnte man sich sicher besser orientieren als in den dicht besiedelten Wohnblöcken.

Am Strand angekommen hielt ich mich nordwärts, denn das große Schiff Al-Hashemi II konnte ich so nicht verpassen. Allerdings hörte der Strand irgendwann auf an einer Art Kaimauer, die ins Meer reichte. Wohlweislich steckte ich schon mal meine Kamera weg, da winkten mich schon zwei kräftige Security-Typen heran und erklärten mir, daß ich mich auf Privatgelände der Regentenfamilie befände. Ich hatte allerdings nirgendwo ein Schild oder eine Absperrung gesehen, und nachdem man meinen Pass und das Gebäck, das ich für Hassan dabei hatte, kritisch begutachtet und per Funk den Vorgesetzten gefragt hatte, durfte ich wieder gehen, an der Mauer entlang bis zur Straße, von wo es nun wirklich nicht mehr weit war bis zur Al-Hashemi. Dort besuchte ich zunächst das Seefahrtsmuseum und bestaunte Modelle von historischen arabischen Schiffen (mit überproportional großen Außenbordtoiletten) und sogar von einem Wikingerschiff (wie auch immer das nach Kuwait gekommen war) und unterhielt mich mit dem Museumsangestellten. Der erklärte mir, daß die riesige Al-Hashemi II auf Land gebaut worden und nie im Meer geschwommen ist. Zwar ist sie originalgetreu nach traditioneller Bauweise konstruiert worden, ist aber immer als Hotelanhängsel des Radisson genutzt worden Das tat ihrer beeindruckenden Erscheinung aber keinen Abbruch. Ich fragte nach, ob man das Schiff auch von innen besichtigen könnte, und der gute Mann erklärte, daß das wohl möglich sei, da an diesem Tag dort keine Veranstaltung stattfand. Also ging ich durch die Hotellobby und über roten Teppich und Wendeltreppen am Portier vorbei (dem ich erklärte, daß ich ja vom Museumsverantwortlichen eine Erlaubnis zur Besichtigung hätte) in das riesige Schiff. Vom gigantischen Ballsaal mit unzähligen Kronleuchtern (woher hätten die auf See nur so viel Strom bekommen?) auf das Deck und schließlich ans Steuer "meines" Schiffes, denn außer mir war niemand dort. Ja, die Al-Hashemi bot schon ein nettes Flair mit genug Platz für eine ordentliche Party.

Nach meiner ausgiebigen Bootstour ging ich weiter nordwärts, um das Riesenschiff noch einmal aus etwas größerer Entfernung zu betrachten, wo ich es auch komplett auf ein Foto bekam. Dabei kam ich zufällig an der Alzumerida vorbei, einem weiteren beeindruckenden orientalischen Gebäude. Da die Tür aufstand, fragte ich einfach mal nach, ob ich mir das Haus mal von innen ansehen könnte, und Tarek, der ägyptische Hausverwalter, führte mich gleich persönlich herum und erklärte mir, daß die Alzumerida für größere Veranstaltungen vermietet würde. Keine schlechte Kulisse für eine Hochzeit oder einen runden Geburtstag zum Beispiel. Anschließend tranken wir in Tareks Büro noch ein paar Tassen Tee und unterhielten uns ausgiebig, bis um zwei Uhr Hassan kam, um mich abzuholen. Er hatte sich mit traditionellem Gewand, Umhang und Turban richtig schick gemacht und sah so arabisch aus, wie man nur aussehen konnte. Im Geländewagen ging es dann zum Haus seiner Familie, wo fast alle versammelt waren und die zwei Köchinnen sowie Hassans Schwestern und Mutter ein leckeres kuwaitisches Essen aufgetischt hatten. Die ganze Familie (die Frauen natürlich mit Kopftuch) saß am Tisch und unterhielt sich mit mir, und ich mußte natürlich jedes Gericht probieren. Das war wirklich nett, dort könnte ich öfter zu Besuch kommen. Anschließend gab es Tee, und Hassan führte mich durch das recht große Haus, mit riesiger Klimaanlage auf dem Dach, einem Badezimmer für fast jeden Bewohner und diversen großen Räumen zum Freunde treffen, Tee trinken, Essen etc. Traditionell wohnen mehrere Generationen unter einem Dach, aber wenn ein kuwaitischer Mann heiratet und eine eigene Familie gründet, bekommt er vom Staat ein großes Grundstück geschenkt und einen großzügigen meist zinsfreien Kredit, um sich ein angemessenes Haus zu bauen. Als Ausländer hat man diese Vorzüge allerdings nicht, doch solange die Kuwaitis auf dem zweitgrößten Ölvorkommen der Welt sitzen, müssen sie sich um Geld keine großen Sorgen machen.

Nachmittags fuhr Hassan mich mit einem der Familienautos noch zum interessanten Taruq Rajab Museum, in dem viele historische islamische Kunstgegenstände und Abschriften des Korans zu sehen waren. Er als Islamstudent konnte mir dazu auch einiges erzählen. Anschließend fuhren wir zu einer nahegelegenen Moschee, denn es war Zeit für das Abendgebet. Ich als Christ mußte natürlich draußen warten. Anschließend brachte Hassan mich noch zum Einkaufszentrum Fintas Towers, wo mich Andrea dann abholte. Eine Wegbeschreibung zu ihr nach Hause wäre aufgrund der fehlenden Straßen etwas schwierig gewesen. Bei Andrea packte ich meine Sachen ein und nahm dann ein Taxi Richtung Flughafen, mi einer kurzen Kehrtwende, denn kurz nach der Abfahrt fiel mir auf, saß ich meinen Pass und einige andere Sachen bei Andrea vergessen hatte. Dann ging es aber wirklich zum internationalen Flughafen KWI, wo ich um 21 Uhr ankam. Die Ausreiseformalitäten gingen vergleichsweise unkompliziert, und für meine kuwaitischen Dinar bekam ich sogar noch einen besseren Wechselkurs als in der Stadt. Das übrige Kleingeld wurde im Duty Free Shop in kuwaitische Schokoriegel umgesetzt, und um 1:20 Uhr hob mein Lufthansaflieger dann ab Richtung Deutschland.



Salwa



Kuwaiti Lunch

MITTWOCH

Um 5:20 Uhr landete ich in Frankfurt, und eine knappe halbe Stunde später saß ich schon im Zug. Nach Umstieg in Frankfurt, Leipzig und Dresden war ich halb zwölf zu Hause im winterlichen Elbflorenz, nach einem netten Kurzurlaub am sonnigen Persischen Golf.

 


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