Alles nur Japanisch

Nachdem ein Großteil der notwendigen bürokratischen Hürden gemeistert war, konnte ich mich etwas mehr auf meine Arbeit konzentrieren. Mein Chef, Prof. Taniguchi, hatte mir inzwischen grob meine Aufgabe beschrieben: Ich sollte einen speziellen gebogenen Spiegel für Röntgenstrahlung weiterentwickeln, der in einem Messgerät für Forschung am Südpol eingesetzt werden sollte. Doch meine Vorgängerin für diese Aufgabe, Kaori, hatte die Uni schon verlassen und Dokumentation über die Arbeit gab es - wenn überhaupt - nur auf Japanisch. So verbrachte ich die nächsten Wochen vor allem mit Lesen: Fachliteratur über die speziellen benötigten Techniken und mein Japanisch-Lehrbuch, denn selbst Knöpfe an Messgeräten waren fast ausschließlich auf Japanisch beschriftet. Zudem wurden die Gruppen- und Projektbesprechungen nur auf Japanisch gehalten. In einer Demokratie hatte ich als einziger Ausländer schlechte Chancen gegen die Mehrheit der Japaner, die wenig Englisch verstanden. So konnte ich mehrmals pro Woche (Japaner lieben Meetings) für jeweils ein bis zwei Stunden vor allem durch Anwesenheit glänzen und - wenn mein Teil des Projekts an der Reihe war - meine Ergebnisse präsentieren, dies immerhin auf Englisch.

Obwohl Japan die ganze Welt mit Elektronikartikeln beliefert, ist es hier schon schwierig, eine Kamera oder ein Mobiltelefon (keitai) mit englischen Menüs zu bekommen. In Bedienungsanleitungen sind meist nur die Warnhinweise ins Englische übersetzt ("Benutzen Sie dieses Telefon nicht in der Badewanne" oder "Essen Sie dieses Verpackungsmaterial nicht auf.") Und auf der Telefonrechnung sind die einzelnen Posten nur auf Japanisch beschriftet, während man auch auf Englisch darauf hingewiesen wird, bitte die Rechnung pünktlich zu bezahlen. Einige größere Firmen haben zumindest eine englischsprachige Telefonhotline, die man nach Wählen einer gewissen Durchwahl erreicht, die der Sprachcomputer der normalen Hotline dem Anrufer durchsagt, manchmal leider nur auf Japanisch. Auf den Bahnlinien von Osaka sind sämtliche Haltestellen auch auf Romaji (lateinische Umschrift japanischer Wörter) ausgezeichnet, sobald man aber aufs Land fährt, findet man oft nur die komplizierten chinesischen Kanji-Schriftzeichen, die man im Gegensatz zur japanischen Schrift (Hiragana bzw. Katakana, es gibt also insgesamt drei verschiedene Schriften in Japan) als Ausländer auch nicht im Wörterbuch findet. Allerdings sind die Menschen immer sehr hilfsbereit, da sie von einem Gaijin (Ausländer) gar nicht erwarten, dass er sich ohne Hilfe überhaupt irgendwo zurechtfindet.

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