Auch Japaner sind Schnäppchenjäger

Es heißt oft, dass Japan sehr teuer sei. Das kann man allerdings so allgemein nicht sagen. Für meine (möblierte) Wohnung in Neyagawa zahle ich beispielsweise ähnlich viel wie damals in Dortmund, und sie ist mit allem ausgestattet, was man benötigt: Kochnische, Kühlschrank, Bett, Schreibtisch, Waschmaschine, Toilette, Dusche, Badewanne, Waschecke, mehrere Schränke, Fernseher und sogar einen Balkon zum Wäschetrocknen haben die Architekten auf geschätzten 18 Quadratmetern untergebracht. Man kann es also eher so formulieren, dass man für gleiches Geld kleinere Portionen bekommt. Das gilt gerade auch für Lebensmittel: Einzeln oder in Doppelpacks in Plastik eingeschweißte Tomaten, Äpfel, Möhren oder Kartoffeln sieht man in Deutschland doch recht selten. Kein Wunder also, daß ich mich hier hauptsächlich typisch japanisch ernähre. Von Nudeln, Reis, Fisch und Sojaprodukten gibt es eine große Auswahl zu teilweise erstaunlich niedrigen Preisen.

Die Öffnungszeiten der Geschäfte kommen den langen Arbeitszeiten der Japaner durchaus entgegen: Mein Stammsupermarkt beispielsweise hat 7 Tage pro Woche bis 21:45 Uhr geöffnet. Und falls man noch später etwas braucht, gibt es etwa alle 50 Meter (!) einen oder mehrere Automaten, an denen man Getränke (vor allem Kaffee und Tee, heiß oder kalt in je ca. 15 verschiedenen Sorten!), Batterien, etwas zu Essen, Zigaretten und auch Bier bekommen kann. Eine noch größere Auswahl an Artikeln gibt es in einem Kombini (Verballhornung des englischen Ausdrucks "Convenience Store"), einem kleinen Supermarkt, der grundsätzlich täglich 24 Stunden geöffnet hat. Hier findet man neben einen umfangreichen Getränke- und Lebensmittelangebot zum Beispiel auch Speicherkarten für Digitalkameras, Drogerie- und Büroartikel, sowie die in Japan sehr beliebten Comichefte. Man muß selten länger als 5-10 Minuten bis zum nächsten Kombini laufen, und die Preise sind nur wenig höher als ein einem großen Supermarkt.

Generell scheint in Japan der Verkaufspreis ziemlich "fair" festgelegt zu sein. Während beispielsweise in Deutschland Lebensmittel in Bahnhöfen, Zügen und Flughäfen unverhältnismäßig teuer sind (denn der entsprechende Unternehmer hat dort ja eine Art Monopol), merkt man in Japan kaum einen Unterschied zum Kombini. Auch Trinkgelder sind völlig unüblich. Bei einer Restaurantrechnung von 1950 Yen folgt der Wirt dem Kunden notfalls bis auf die Straße, wenn dieser 2000 Yen bezahlt und das Rückgeld offensichtlich "vergessen" hat. In Japan hat eben alles einen festen Preis, und an dem muß auch nicht nach oben oder unten manipuliert werden.

Manchmal versucht man sich allerdings auch hier in Rabattaktionen, wie sie in Deutschland ja schon eher die Regel als eine Ausnahme sind, doch in Japan erscheint das dem Deutschen zuweilen etwas befremdlich. So habe ich gestern zu einem größeren Einkauf im Supermarkt einen Rabattbon erhalten, mit dem ich eine bestimmte Sorte Öl zu einem reduzierten Preis erhalte - wenn ich diesen Bon genau zwei Tage später zwischen 12 Uhr und 13 Uhr einlöse. Und ein weiteres Angebot sah ich sogar auf einem großen Plakat angepriesen (und ließ es mir sicherheitshalber von einer Einheimischen bestätigen): Da wurde doch tatsächlich ein Artikel von 1000 Yen auf 999 Yen reduziert! Na wer da nicht zugreift, ist kein wahrer japanischer Schnäppchenjäger…

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