Bahnfahren in Japan: Ein Vergnügen

Wenn in riesigen Städten wie Tokio und Osaka Millionen Menschen zur Arbeit unterwegs sind, dann sind sie das meistens mit der Bahn. Und erstaunlicherweise funktioniert es jeden Tag reibungslos, diese Menschenmassen zuverlässig und pünktlich dorthin und wieder nach Hause zu bringen, keine Streiks, keine verspäteten oder gar ausgefallenen Züge, und ein Anschlusszug wird ebenfalls immer erreicht. "Wie macht die japanische Bahn das?", fragte ich mich als überzeugter (und in Deutschland des Öfteren enttäuschter) Bahnfahrer.

Das fängt zunächst einmal mit der Taktung an. Auf den Hauptstecken (und das sind in Osaka fast alle, die sich zum oder im Stadtzentrum erstrecken) fahren die Züge im Abstand von 3-5 Minuten, und das von früh morgens bis spät abends. Ich muß mir also nur Gedanken um meine Umstiegsbahnhöfe machen, gefahren wird einfach mit dem nächsten Zug, der nach meinem Eintreffen im Bahnhof einfährt. Selbst auf der über 1000 km langen Schnellstrecke von Norden nach Süden durch das ganze Land verkehrt der Shinkansen (das japanische Pendant zum ICE) im Viertelstundentakt und - wie die Stadt- und Regionalzüge - stets pünktlich auf die Minute. Bei der engen Zugfolge und dem hohen Passagieraufkommen würden bei einer mehrminütigen Verspätung auch die Bahnhöfe aus allen Nähten platzen und das gesamte Verkehrssystem zusammenbrechen. "Wenn in Osaka ein Zug 5 Minuten Verspätung hätte, stände das am nächsten Tag auf der Titelseite der Zeitungen", erklärte mir eine japanische Freundin, als ich ihr von der "Pünktlichkeit" der Deutschen Bahn ("Für mich sind 5 Minuten Verspätung noch pünktlich.") erzählte.

Doch während in Deutschland gerade bei hohem Personenaufkommen mit entsprechend längerer Ein- und Ausstiegszeit die Bahn schnell aus dem Takt gerät, ist das in Japan sehr intelligent geregelt. Auf dem Bahnsteig sind Markierungen angebracht, wo die Türen des Zuges (in der Regel 3 pro Waggon) stoppen werden, und das tun sie auch äußerst zuverlässig, eine halber Meter daneben ist schon fast als Schlamperei des Schaffners zu bezeichnen. Hinter diesen Markierungen stellen sich die wartenden Fahrgäste ordentlich in einer Reihe auf, und können so äußerst zügig einsteigen und weiterfahren. Die Türen öffnen fast immer automatisch (keine komplizierten oder klemmenden Verschlüsse), und ein Zugbegleiter behält die Passagierwechselaktion aufmerksam im Auge. Gelegentlich wird die Abfahrt sogar netterweise um 30 Sekunden verzögert, um heraneilenden Passagieren noch eine Chance zu geben. Die "Verspätung" wird dann in der Regel durch eine etwas schnellere Fahrt wieder aufgeholt. Überhaupt fahren die Züge hier erstaunlich schnell, selbst Stadt- und Regionalzüge oft mit über 100 km/h.

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