In Japan fährt man nicht schwarz

Auch der Fahrscheinkauf verläuft ziemlich zügig, wenn auch für den Neuling manchmal etwas verwirrend. Man sucht auf einem Linienplan die Zielstation und den entsprechenden Fahrpreis, wirft den Betrag in einen der zahlreichen Fahrscheinautomaten (in 3 Monaten habe ich erst einen entdeckt, der nicht funktionierte) und zieht sein Ticket. Als in meinen ersten Tagen in Japan das Funktionsprinzip eines Automaten nicht verstand und auf die "Hilfe"-Taste drückte, erschien nicht etwa ein Hilfefenster auf einem Bildschirm, sondern in der Wand neben dem Automaten öffnete unverzüglich sich eine Klappe und ein Bahnangestellter blickte heraus. Als ich ihm mein Fahrziel mitgeteilt hatte, drückte er aus seinem Fensterchen heraus die entsprechenden Tasten an meinem Automaten und verschwand wieder so schnell hinter seiner Klappe, wie er erschienen war.

Und selbst wenn man einmal das falsche Ticket gekauft oder sich unterwegs für ein anderes Fahrtziel entschieden hat, ist das bei der japanischen Bahn nicht tragisch. Es gibt keine Fahrscheinkontrollen, nur am Zielbahnhof steckt man sein Ticket am Ausgang in einen Schlitz. Ist der gezahlte Fahrpreis zu niedrig, geht man einfach an einen der mit "Fare Adjustment" (Fahrpreiskorrektur) bezeichneten Automaten und bezahlt die Differenz. Man geht hier halt davon aus, daß der Fahrgast versehentlich das falsche Ticket gekauft hat, statt ihn als "Schwarzfahrer" zu kriminalisieren. So war ich auch sehr überrascht, als bei einer meiner ersten Zugfahrten der Zugbegleiter in den Waggon kam und nicht mein Ticket sehen wollte (das ich schon pflichtschuldig gezückt hatte), sondern sich beim Herein- und Herausgehen verbeugte und den Fahrgäste dafür dankte, mit diesem Bahnunternehmen zu fahren. Hier erreicht die Kundenfreundlichkeit ganz ungekannte Ausmaße!

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