Ausflug mit Panoramablick auf einen Wirbelsturm

An einem langen Wochenende im Juli nutze ich die Chance, etwas mehr von Japan zu sehen und machte mich mit Gerald, einem Freund, der zur Zeit ebenfalls in Osaka arbeitet, auf den Weg in den Westen Honshus, der Hauptinsel Japans (auf der auch Osaka und Tokio liegen). Zum ersten Mal nutzen wir einen der zahlreichen Nachtbusse, die zwischen den größeren Städten verkehren und zwar langsamer aber deutlich billiger als die Schnellzüge sind. Mit nur 3 Sitzen pro Reihe und für einen Bus recht großzügiger Beinfreiheit samt weit zurückklappbaren Sitzen konnten wir die etwa 7 Stunden Fahrt gut zum Schlafen nutzen.

Morgens gegen 7 Uhr kamen wir in Hiroshima an und nahmen von dort gleich einen Zug und später eine Fähre zur heiligen Insel Miyajima (die etwa eine halbe Stunde von Hiroshima entfernt ist), denn es war ein Taifun angekündigt worden, und wir wollten auf die Insel, bevor eventuell wegen des Unwetters der Fährverkehr eingestellt wurde.

So wurden unsere Fotos des leuchtend orange gestrichenen Itsukishima-jinja-Tempels mit dem berühmten "schwimmenden" Torii (das man auf zahlreichen Werbepostern und Broschüren für einen Urlaub in Japan sieht) zwar etwas verregnet, aber immer noch beeindruckend.

Nachdem wir noch einige weitere Tempel, Schreine und Pagoden (und zahlreiche Rehe, die auf der Insel ohne Scheu zwischen den Touristen herumliefen und auf der Suche nach Futter zum Teil sogar recht aufdringlich waren) gesehen hatten, beschlossen wir, trotz stärker werdenden Regens, das Hinterland zu erkunden. Die Seilbahn mit angeblich wunderschönem Ausblick (den es an diesem Tag wohl ohnehin nicht gab) schenkten wir uns, und stiegen lieber zu Fuß den Mount Misen, den höchsten Berg der Insel, hinauf. Mit der Zeit wurde der Regen immer stärker, aber da wir schon den halben Weg zum Gipfel geschafft hatten, drehten wir natürlich nicht um, nicht wegen so ein bißchen Taifun! Da der Regen bald nicht nur von oben, sondern von allen Seiten kam, packten wir irgendwann die Schirme ein (es war ohnehin angenehmer, die Hände frei zu haben) und erreichten schließlich souverän den Gipfel.

Aufgrund des "etwas regnerischen" Wetters waren wir dort (wie auch auf dem gesamten Weg oberhalb der Talstation der Seilbahn) ganz allein und konnten uns so ein wenig wie Gipfelstürmer fühlen. Ein Manko war allerdings das ziemlich heruntergekommene Touristen-/Restaurantgebäude, das bei dem Wetter natürlich geschlossen hatte. Andererseits paßte es schon in das Bild des Ende-der-Welt-Panoramas, das sich uns dort oben bot. Die angeblich beeindruckende Aussicht reichte gerade ein paar Meter in die weißen Wolken, aber immerhin hatten wir das nicht alltägliche Erlebnis, mitten in einem Taifun auf einem Berggipfel zu stehen.

Nach einigen wenigen Erinnerungsfotos (die Kameras wurden - wie der Rest unseres Gepäcks - langsam nass) stiegen wir recht zügig wieder hinab, denn bei dem Wetter wurde möglicherweise bald der Fährbetrieb eingestellt. Die Wege, die wir heraufgekommen waren, hatten sich zum Teil in regelrechte Sturzbäche verwandelt, doch da wir sowieso schon bis auf die Haut nass waren, störte uns das auch nicht weiter. Die Seilbahn hatte inzwischen aufgrund des Unwetters den Betrieb eingestellt, und die Menschen in der Stadt (wo es noch recht wenig regnete, wir müssen einen sehr seltsamen Eindruck gemacht haben, als wir so durchnässt aus dem Wald kamen) machten ihre Geschäfte und Restaurants schon mit Sandsäcken und Planen unwetterfest. Die Fähren fuhren noch, und so erreichten wir am Nachmittag planmäßig Hiroshima. Das erste Abenteuer hatten wir schon einmal überstanden.

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