Weihnachten in Japan

Gewöhnlich zählt für mich Weihnachten nicht zu den wichtigsten Feiertagen im Jahr, denn dem gemütlichen Beisammensein mit der Familie stehen der Stress bei der Vorbereitung und dem Geschenkekauf in überfüllten Innenstädten, das übermäßige Essen und gezwungen "weihnachtliche" Stimmung gegenüber. Und nicht zuletzt die weihnachtliche Musik, die im Dezember in den Radios in der Endlosschleife gespielt wird. Vor allem den Wham!-Hit "Last Christmas" kann ich seit einigen Jahren wirklich nicht mehr hören.

Andererseits ist es natürlich nett, die Weihnachtstage frei zu haben. In Japan dagegen sind der 25. und 26.12. ganz gewöhnliche Arbeitstage, und der 24.12. ist nur deshalb ein Feiertag, weil der Geburtstag des Kaisers (23.12.) in diesem Jahr auf einen Sonntag fällt und deshalb per Gesetz auf den folgenden Montag verlegt wird, was mir ein langes Wochenende beschert, das ich für einen Kurztrip nach Korea nutzen werde.

Es ist aber nicht so, daß man in Japan nichts von Weihnachten spüren würde. Das Ausmaß an Weihnachtsdekorationen in den Geschäften kann sich leicht mit dem in Deutschland messen, in jedem Einkaufszentrum steht mindestens ein riesiger Weihnachtsbaum, und es gibt überall "X'mas Parties & Sales" (Weihnachts-Partys und Sonderverkäufe). Den kommerziellen Aspekt des Weihnachtsfests haben die Japaner offensichtlich erfolgreich übernommen.

Als ich allerdings von einer Bekannten hörte, daß es in Osaka einen "Deutschen Weihnachtsmarkt" gebe, machte ich mich sogleich im Internet auf die Suche und fand schließlich eine Seite mit Bildern des letzten Jahres. Ich hätte nicht gedacht, daß Fotos von Glühwein und Weihnachtsmarktständen in mir so etwas wie Heimweh wecken konnten! Aber nun mußte ich zu diesem Weihnachtsmarkt, auch weil es wirklich kurios ist, einen deutschen Weihnachtsmarkt mitten in Japan zu haben. Schnell konnte ich einige hier lebende Freunde (aus Japan, Brasilien, Kanada) überreden, sich von mir etwas deutsches Kulturgut zeigen zu lassen, und die Resonanz war enorm. Bisher sind wir jedes Wochenende auf dem Weihnachtsmarkt gewesen.

Von den meist deutschen Mitarbeitern des Weihnachtsmarktes erfuhr ich, daß sie ihre Buden samt Glühwein, Lebkuchenherzen, Weinsauerkraut, und was es sonst noch so hier gibt, schon im Herbst per Containerschiff aus Deutschland auf die weite Reise in den fernen Osten geschickt hatten, also wirklich ein "original deutscher Weihnachtsmarkt". Auch wenn man Autos und Maschinen als wichtigste Exportgüter Deutschlands ansieht, der Glühwein hat diesbezüglich sicher ebenfalls einiges Potential.

Und bei all den Höhen und Tiefen einer japanischen Adventszeit hat es mich schließlich hier doch noch erwischt. Auf dem Weg vom Bahnhof zu meiner Wohnung erklangen aus den Lautsprechern in der Einkaufsstraße voller Inbrunst die Stimmen von Andrew Ridgeley und George Michael: "Last Christmas I gave you my heart…" Ein Hoch auf die Globalisierung!


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Gruppenfoto auf dem Weihnachtsmarkt

Gruppenfoto





Weihnachtsbaum in Kobe

Mauricio und ich

Weihnachtsbaum in Umeda, Osaka





Deutsche Suppe

Deutsche Kartoffeln

Sauerkrautsuppe