Ein Wochenende in den Kii-Bergen - Wandern im Unesco-Weltkulturerbe

Anfang Oktober beschloss ich mit Koji, einem japanischen Freund, der Betonwüste Osakas zu entfliehen und ein langes Wochenende in den Kii-Bergen in der benachbarten Präfektur Nara zu verbringen. Mit Bahn und Bus kamen wir bequem in gut drei Stunden nach Zenki-guchi, wo unsere dreitägige Wanderung beginnen sollte.

Der Weg war zunächst noch ein ganzes Stück asphaltiert, bis wir den ersten Höhepunkt der Route erreichten, die beeindruckenden Fudonanaenotaki-Wasserfälle. Nach einer kurzen Fotopause wolle Koji aber schnell wieder aufbrechen, denn es näherte sich eine Gruppe von "Obachan" ("kleine alte Damen"), wie man in Japan Frauen in den Sechzigern nennt. Fröhlich schwatzend (was uns an das Summen eines Bienenschwarms erinnerte) marschierte die Gruppe auf uns zu. Koji ergriff die Flucht, und ich folgte ihm.

Einige Kilometer weiter holten uns die Damen allerdings wieder ein, als wir Fotos auf einer alten Hängebrücke machten. Das verrostete Schild vor der Brücke stellte angeblich keine Warnung dar, wie mir Koji versicherte, also wanderten wir auf den wackeligen Holzplanken über eine recht tiefe Schlucht.

Irgendwann endeten die befestigten Wege, und unsere Wanderung führte uns durch dichteren Wald, über Felsbrocken und durch ausgetrocknete Flussläufe. Gegen Nachmittag wurde es schließlich immer nebliger, was zwar die schöne Aussicht von den Bergen verhinderte, aber im Zusammenspiel mit mysteriös wirkenden Felsformationen und uralten, wild wachsenden Bäumen für eine durchaus geheimnisvolle Atmosphäre sorgte.

Aufgrund des Nebels verloren wir irgendwann unsere Route, und da es schon dämmerte, schlugen wir auf einem Felsen (der einzigen einigermaßen flachen Stelle in der Umgebung) unser Zelt auf. Leider war dieser Felsblock etwas den Hang hinab geneigt, so daß wir bei jeder Bewegung mit unseren Schlafsäcken etwas weiter zum Abhang herunterrutschten. Daher sicherten wir unser Zelt mit Felsbrocken und Seilen und wachten am nächsten Morgen glücklicherweise noch dort auf, wo wir eingeschlafen waren.

Kurz nach Sonnenaufgang ging es dann weiter, auf dem Gipfelkamm der Kii-Berge entlang Richtung Norden, oft mit steil abfallendem Gelände auf beiden Seiten, aber einer atemberaubenden Landschaft. Nicht ohne Grund war diese Gegend ein beliebtes Pilgerziel, wo sich nicht nur auf jedem Gipfel Buddhastatuen und andere religiöse Symbole fanden, sondern auch kleine Schreine, Tempel und heilige Quellen.

Als wir unsere Mittagspause machten, näherte sich plötzlich ein bienenschwarmähnliches Geräusch. Die Obachan-Gruppe hatte uns trotz des schwierigen Geländes eingeholt und zog forsch an uns vorbei. Wir erfuhren, daß die Frauen schon um 3 Uhr morgens aufgestanden waren, um ihr Wanderpensum zu erreichen. Wir korrigierten unser Bild von älteren japanischen Damen: Nichts mit Kaffeeklatsch, das war "Obachan-Power".

Der zweite Tag in den Bergen führte uns über zwei hohe Gipfel und diverse Bergkämme, und nach 11 Stunden Wanderung erreichten wir, kurz nach Einbruch der Dunkelheit, endlich ein Camp, in dem wir unser Zelt aufschlagen und uns etwas Warmes zu Essen kochen konnten.

Tag drei der Kii-Wanderung vertrieb schließlich den Dauernebel und brachte stattdessen Dauerregen. Zum Glück waren wir einigermaßen wetterfest eingekleidet, und nach knapp fünf Stunden Abstieg erreichten wir schließlich das Örtchen Amanokawa, wo wir in guter Wanderermanier unsere Knochen in einem Thermalbad entspannen konnten, bevor es zurück nach Osaka ging.


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Am Wasserfall







Abendessen

Shakaga-dake Gipfel



Hakkeiga-dake Gipfel