Was ist Taizé?

Taizé ist ein Dörfchen und eine religiöse Gemeinschaft in Südfrankreich, die 1940 von Frère Roger gegründet wurde. Zu ihr gehören katholische und evangelische Brüder aus über 25 Ländern. Das ganze Jahr über finden in Taizé internationale Jugendtreffen statt, bei denen junge Menschen aus den verschiedensten Nationen gemeinsam beten, singen und sich unterhalten.

Die drei täglichen Gebete (und die Mahlzeiten) sind der Kern des Tagesablaufes in Taizé.
Die aktuellen Anfangszeiten der Gebete sind (im Sommer, im Winter etwas später):
Montag bis Samstag: 8:15 Morgengebet, 12:20 Mittagsgebet, 20:30 Abendgebet
Freitagabend: 20:30 Abendgebet mit "Gebet vor dem Kreuz"
Samstagabend: 20:30 Abendgebet mit Lichterfeier
Sonntag: 10:00 Gottesdienst, 20:30 Abendgebet


Jedes Jahr zu Silvester organisieren die Brüder von Taizé außerdem ein knapp einwöchiges Europäisches Jugendtreffen in einer Großstadt, zu dem zwischen 50000 und 100000 Jugendliche aus ganz Europa und dem Rest der Welt kommen. Auf jeden Fall ein toller Jahreswechsel. Mal ganz anders, als man's sonst gewohnt ist.
Bei meinen Taizé-Reiseberichten könnt auch einiges darüber lesen.

Taizé gibt's auch im Internet unter www.taize.fr.

Der gute Geist von Taizé

(Den folgenden Artikel von Damian Trilling habe ich aus einer Kirchenzeitung. Ich veröffentliche ihn hier, da er die beste Beschreibung von Taizé liefert, die ich bisher gelesen habe.)

Ferien in Taizé? Ein Widerspruch in sich, schließlich besucht kaum jemand das Dörfchen im französischen Burgund, um dort Urlaub zu machen. Taizé kann nämlich ganz schön anstrengend sein. Und doch ist der Ort ein Besuchermagnet. Angezogen von der wachsenden Ausstrahlung der ökumenischen Gemeinschaft kommen Jahr für Jahr tausende von Jugendlichen und jungen Erwachsenen, um hier Erfahrungen zu sammeln, wie sie sie offenbar nirgendwo sonst machen können.
Die beste Methode, das Phänomen Taizé zu verstehen, ist die: einfach einen typischen Tag hier mitleben und miterleben. Wie sieht so ein Tag am Ort des Geschehens aus? Morgens verläßt man seine Baracke, duscht - meistens unfreiwillig eiskalt - und geht zum Morgengebet um viertel nach acht.
Eine erste Überraschung für den Neuankömmling ist die Kirche selbst, die gar nicht wie eine Kirche aussieht. Von außen glaubt man, vor einer Fabrik oder der Attrappe eines Wildwest-Saloons zu stehen, je nachdem von welcher Seite man hinschaut.
Wer die Fassade verdaut und den Raum betreten hat, fühlt sein Bild von Kirche erneut erschüttert, denn es ist nichts zu sehen, was eben in eine normale Kirche gehört: keine Bänke - man sitzt auf dem Boden -, keine Bilder oder Statuen, kein klar erkennbarer Altar. Dafür daß das Gebäude gerade mal vier Meter hoch ist, strahlt es eine überraschend warme Atmosphäre aus. Beruhigende Stille. Obwohl oft mehrere tausend Jugendliche in der Kirche sitzen, könnte man eine Stecknadel fallen hören, wäre nicht der Boden mit Teppich bedeckt.
Alles ist einfach in Taizé, auch das Frühstück. Es gibt zwei oder drei Scheiben Baguettes, Wasserkakao und ein Päckchen Butter. Nach dieser "Stärkung" steht ein Bibelgespräch auf dem Programm. Zuerst führt einer der Brüder der Communauté in den Bibeltext des Tages ein, danach schließt sich eine Diskussion in Kleingruppen an. Junge Leute aus aller Herren Länder sitzen in diesen Gruppen zusammen, und so ergibt sich eine interessante Kommunikation. Meist läuft alles auf Englisch, vermischt mit Wörtern aus anderen Sprachen. Weil es oft schwerfällt, die richtigen Wörter zu finden, muß vieles umschrieben werden. Doch gerade das ist reizvoll.
Nach dem Mittagsgebet gibt es Mittagessen, das wie alle Mahlzeiten hier sehr gewöhnungsbedürftig ist: relativ kleine Portionen, als Besteck nur ein Löffel. Typisch auch, daß das Essen oft kalt ist, denn hier heißt es, sich auf das Nötigste zu beschränken. Das merkt der Gast sogar in den Baracken, Duschen und Toiletten. Unterschiedliche Arbeitsgruppen-Angebote füllen den Nachmittag aus.
Nach dem Abendessen bleibt noch etwas freie Zeit bis zum Abendgebet in der Kirche. Nach dem Gebet wird's dann nochmal richtig gemütlich. Man trifft sich am Oyak, wo man zum Beispiel auch eine Pizza kaufen kann. Hier bilden sich schnell Grüppchen um diejenigen, die Gitarren mitgebracht haben, und manchmal singen mehrere Gruppen mit je 30 Jugendichen gegeneinander an.
Einen wichtigen Reiz machen auch die Gesänge in der Kirche aus. Sie sind fast jedem schon ein Begriff, ja mit "Taizé" assoziiert man sofort bestimmte Klänge. Die Taizé-Gesänge bestehen immer aus lediglich einer Strophe, die leicht zu merken ist. Sie wird sehr oft - manchmal über hundertmal - wiederholt, während sich nur die durch das Mikrophon gesungene Oberstimme ändert. Auf unsere Frage, wieso das so sei, erklärte einer der Brüder: "Wenn man ein Lied so oft singt, schleift es sich ein; man muß sich nicht auf das Singen konzentrieren. Der Gesang hilft also dabei, mit dem Herzen zu beten." Die Frage, warum Taizé eigentlich so fasziniert, können selbst diejenigen, die schon mehrmals dort waren, nicht unbedingt mit einem Satz beantworten. Vielleicht sind es die Gesänge, vielleicht ist es die Art der Gebete, vielleicht liegt es auch an der internationalen Atmosphäre oder an der Offenheit der Jugendlichen untereinander. Es muß wohl einen "guten Geist von Taizé" geben. Aber den spürt ihr halt nur, wenn ihr wirklich an Ort und Stelle seid.


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