zurück

Eine Kindheit im Süden


Am 3. Rahja 10 v.H. erblickte ein kleiner Junge im Dorf Vinay bei Brabak zum ersten Mal das Licht der Welt, doch kurz darauf verfinsterte sich die Praiosscheibe und die recht abergläubischen Eltern sind sehr verunsichert ob dieses ihrer Meinung nach schlechten Omens. Obwohl (oder vielleicht gerade weil) das Kind nicht schreit, sondern die ganze Zeit zufrieden grinst, beschließt die Familie, dieses Kind im nahen Regenwald auszusetzen.
Wenn auch Praios den Jungen nicht wohlgesonnen zu sein schien, so war es aber der Glücksgott Phex, dessen Sterne aufgrund der Sonnenfinsternis zur Mittagsstunde zu sehen waren. Er sollte das Kind auch auf seinem weiteren, wechselhaften Lebensweg begleiten. Kurz vor Einbruch der Dunkelheit fand nämlich der Bauernsohn Arkis das Baby im Wald und brachte es mit zum Hof seiner Eltern Padme und Gerion Anjuhal. Neben Arkis hatten die beiden noch einen Sohn, Bel, und einer Tochter, Cedira. Die streng Traviagläubigen Anjuhals nahmen das Findelkind sogleich in ihre Familie und tauften es Yann. So wuchs Yann auf einem kleinen Gehöft am Rande des Regenwaldes auf, zusammen mit seinen drei älteren Geschwistern und den Zwillingsschwestern Alina und Adira, die vier Jahre nach ihm geboren werden.
Als Yann sieben Lenze zählte, war bei den Anjuhals ein Reisender zu Gast, der sich im Regenwald auf die Suche nach einem sagenumwobenen Schatz machen wollte. Don Kichó-Té, ein Halbmoha aus Trahelien, erzählte der Familie von seinen abenteuerlichen Reisen durch den Süden Aventuriens. Yann war von den Geschichten des Mannes begeistert und beschloß, später einmal selbst auf dem ganzen Kontinent herumzureisen und Abenteuer zu erleben.
Das gefährliche, abenteuerliche Leben kam schneller als erwartet. Im folgenden Jahr traf Yann im Wald auf Menschenräuber, die wohl im Auftrage Al'Anfas unterwegs waren. Der Junge konnte ihnen knapp entkommen, doch als er zum Hof der Anjuhals zurückkehrte, stand dieser in Flammen und alle Familienmitglieder waren verschwunden, wahrscheinlich verschleppt von den Sklavenhändlern. Verzweifelt suchte Yann tagelang im Wald nach seiner Famile, doch ohne Erfolg. Schließlich wurde der ausgehungerte und erschöpfte Knabe von einem Schmuggler entdeckt, der ihn auf seinem Floß den Mysob herab nach Brabak nahm und einem dort lebenden Freund übergab. Dieser hatte jedoch auch wenig Zeit, sich um das Kind zu kümmern, und so wurde Yann von einer Pflegefamilie an die nächste weitergereicht, wobei ihn einige schamlos ausnutzten und für sich als Taschendieb arbeiten ließen. Mit vierzehn lief er dann seinen Pflegeeltern davon und versuchte, sich alleine durchzuschlagen.
Der alte Bettler Vasco Al Ahbad, der in der Brabaker Unterwelt offensichtlich eine größere Rolle spielte, als man es von einem Bettler erwarten würde, nahm Yann unter seine Fittiche und lehrte ihn die Kunst des Bettelns und des 'glücksunabhängigen Glückspiels'. Yann war ein sehr erfolgreicher Schüler, doch der nächste Schicksalsschlag ließ nicht lange auf sich warten. Als Yann eines nachts in die 'Wohnung' von Al Ahbad kam, fand er seinen Lehrmeister tot auf dem Boden liegen, der Täter wurde nie gefunden. Yann nahm sich des Zirkusäffchens von Vasco Al Ahbad, Nikita, an und begrub den alten Mann.
Von nun an mußte er alleine in den Straßen Brabaks überleben. Aufgrund seines Geschicks als Taschendieb und Falschspieler kam er relativ gut zurecht und machte auch Eindruck auf den Paten der Diebesgilde. Als sich jedoch dessen Nichte Celia in Yann verliebte und dafür ihren Geliebten Hagen ter Rhor verließ, wendete sich das Blatt. Mit intriganten Machenschaften wollte Hagen seinen Nebenbuhler an den Galgen bringen, und Yann mußte die Stadt verlassen.