Around the World in 109 days
Um die Welt in 109 Tagen
04.05.-21.08.2008
USA Westküste, 08.-23.07.2008
Zeitzone: USA Westküste = MESZ - 9h
1 Euro = 1,57 US-Dollar
Dienstag, 08.07.2008
Gegen 13:30 Uhr Ortszeit (etwa 9 Stunden VOR meinem Abflug von Fidschi, es ist immer wieder verwirrend, die Datumsgrenze
zu überqueren) landete ich auf dem Flughafen von Los Angeles. Meredith, die ich im Jahr zuvor auf einer Konferenz in
Italien kennengelernt hatte, holte mich dort ab und brachte mich zu sich nach Hause, wo ich für die nächsten
Tage das Gästezimmer bezog, mit dem komfortabelsten Bett seit langem. Trotz des langen Flugs legte ich mich aber
nicht schlafen, um mich möglichst schnell an die Zeitumstellung zu gewöhnen. So nutzte ich die Vorzüge
des im Hause vorhandenen Internets (zu dem ich in Fidschi ja gar keinen Zugang hatte), und ließ die
Daheimgebliebenen meinen aktuellen Standort wissen.
Als Brendan, Merediths Mann, nach Hause kam, fuhren wir nach Venice, einen nahegelegenen Stadtteil von Los Angeles, der
- wie der Name vermuten läßt - für seine Kanäle und Brücken bekannt ist. Dort gingen wir
dann lecker Sushi essen (wenn man schon mal in Kalifornien ist) und verbrachten danach einen entspannten Abend zu Hause
im Wohnzimmer vor dem Fernseher.
Fotogalerie: Los Angeles bei Nacht
Mittwoch, 09.07.2008
Da Meredith von zu Hause aus arbeitete, konnten wir beim Frühstück und während die Wäsche durchlief
(jaa, welch ein Komfort, bei Freunden unterzukommen) ausgiebig quatschen. Außerdem bereitete ich einen Vortrag
für den nächsten Tag vor. Zum Mittagessen trafen wir uns mit Brendan und seinem Kollegen Miles in einem mediterranen
Imbiss, wo es leckere Falafel und Hummus (eine Art Bohnenpaste, keine Blumenerde) gab. Anschließend lieh mir
Brendan sein Rennrad, und ich fuhr die gut ausgebaute Uferpromenade an den Stränden von Los Angeles entlang Richtung
Süden: Manhattan Beach, Hermosa Beach, Redondo Beach. Nach etwa zehn Meilen hörte der Radweg an einer
Felsküste auf, und da ich keine Lust hatte, an vielbefahrenen Straßen entlangzuradeln, drehte ich einfach
um und fuhr am Strand entlang wieder nordwärts. Obwohl die Strände so stadtnah liegen, war an vielen
keine Menschenseele zu sehen, so daß man sich kaum vorstellen konnte, in Los Angeles zu sein. Möglicherweise
war in manchen Strandabschnitten das Schwimmen und Surfen aufgrund von Wind und Strömung zu gefährlich. Ansonsten
konnte ich mir nicht erklären, warum niemand diese hübschen Strände besuchte.
Vom Manhattan Beach folgte ich dem Ufer weiter nordwärts, umrundete das Hafenbecken von Marina del Rey, radelte
entlang Venice Beach, Santa Monica, den Klippen der Pacific Palisades bis zum Will Rogers Beach, wo der Radweg wieder
endete. Etwas weiter fing das berühmte Malibu an, doch deren Bewohner zogen es wohl vor, mit teuren Autos statt mit
einem geliehenen Fahrrad anzureisen. Auf dem Rückweg (wieder am Strand entlang) stieg ich in Venice Beach ab und
flanierte zwischen den bunten Geschäften dieses Hippie- und Künstlerviertels entlang.
Fotogalerie: Los Angeles Beaches
Zurück bei Meredith und Brendan gab es ein leckeres Abendessen (das ich nach rund 40 Meilen auf dem Rad gut gebrauchen
konnte), dann quatschten wir noch lange, und ich blieb - wohl auch aufgrund des Jetlags - noch bis spät wach und
im Internet.
Donnerstag, 10.07.2008
Gut ausgeschlafen wurde erstmal gefrühstückt und anschließend Mittag gegessen, bevor ich um 14 Uhr mit
Meredith zu Aero fuhr, wo Brendan arbeitete. Leider hatte ich meinen Pass zu Hause gelassen, und da Aero auch für
die US-Regierung arbeitet, kommt man so ohne weiteres da nicht rein. Also mußten wir schnell zurück, waren
aber noch pünktlich vor halb drei wieder da, wo der Sicherheitsmitarbeiter allerdings keine Ahnung hatte, welches
Besucherformular ich ausfüllen sollte und mich auch nicht im Computer fand. Schließlich kam Brendan uns aber
abholen und klärte das Organisatorische. Dann konnte ich endlich vor seiner Arbeitsgruppe und weiteren interessierten
Wissenschaftlern einen Vortrag über XSW, die Thematik meiner Doktorarbeit, halten, der mit großem Interesse
aufgenommen wurde. Anschließend führte mich Brendan noch durch sein Institut, wo ich leider keine Satelliten
zu sehen bekam, für die Aero ebenfalls Forschung betreibt, sondern hauptsächlich gut ausgestattete Labors.
Gegen halb fünf mit Meredith zurück zu Hause ging ich noch etwas in der Gegend spazieren und einkaufen und
brachte meinen Gastgebern eine Kiste gutes deutsches Beck's Bier mit, das mit Begeisterung angenommen wurde. Um sieben
war Brendan auch wieder zu Hause und hatte Nagahara-san, einen japanischen Gastwissenschaftler, mitgebracht. Mit ihm fuhren
wir dann zunächst ans Meer und dann in eine schöne Pizzeria, wo wir uns mit köstlichem italienischem
Essen den Bauch vollschlagen konnten. Das nenne ich Urlaub!
Fotogalerie: Los Angeles dinner
Freitag, 11.07.2008
Nachdem ich am Vormittag die Annehmlichkeiten von Internet und Skype (die gesamte nähere Verwandtschaft freute sich
über Anrufe aus Amerika) in meiner Unterkunft ausgekostet hatte, machte ich mich um halb eins per Fahrrad auf den
Weg nach Culver City, wo ich mir bei AT&T eine amerikanische SIM-Karte für's Handy besorgte (um nicht von den
horrenden Auslandstarifen meines deutschen Handyanbieters ruiniert zu werden). Dann sah ich mir einige
Sehenswürdigkeiten in Culver an wie die Sony-Paramount-Studios, das Kirk-Douglas-Theater, die Culver-Studios
(in denen offensichtlich gerade ein großes Casting stattfand), das schmale Culver-Hotel und diverse andere
interessante Bauwerke. Da es noch früh am Nachmittag war, beschloß ich, weiter Richtung Nordosten zu radeln,
an der Akademie für Filmkunst (die die Oscars vergibt) vorbei zum Sunset Boulevard (mit berühmten Live-Clubs
wie dem "Whisky a Go Go" und dem "House of Blues"), bis ich schließlich in Hollywood ankam. Da wanderte ich den
berühmten Walk of Fame entlang,
mit Marmorsternen im Boden zu Ehren von mehr oder weniger berühmten Stars aus Radio ud TV, die ironischerweise
für die Installation ihres Sterns happige 25000 Dollar bezahlen müssen (ein Grund für einige Stars,
freiwillig auf diese "Ehre" zu verzichten). Michael Jackson schien das nicht zu stören, von ihm sah ich sogar zwei
Sterne, die er offensichtlich in verschiedenen "Disziplinen" (Musik und Film) errungen hatte. Der Walk of Fame und
Grauman's Chinese Theatre (in dem zahlreiche Film-Weltpremieren stattfinden, und vor dem so einige Persönlichkeiten
ihre Hand- und Fußabdrücke im Zement hinterlassen haben) sind ziemlich von Touristen überlaufen, so
daß man kaum ein ungestörtes Bild machen konnte.
Von Hollywood aus radelte ich über den Santa Monica Boulevard wieder westwärts, durch das schicke Viertel
Beverly Hills (bekannt aus dem TV), dann entlang der Avenue of the Stars (keine Ahnung, warum die so heißt,
es gibt keine Sterne, aber einige nette moderne Hochhäuser, z.B. das MGM-Building) bis zum Strand von Santa Monica.
Von da radelte ich mal wieder am Venice Beach vorbei und dann etwas landeinwärts, um mir die schönen Kanäle
von Venice (das daher wohl auch seinen Namen hat) mal bei Tageslicht anzusehen.
Fotogalerie: Hollywood
Gegen acht Uhr zurück "zu Hause" bei Meredith und Brendan gab es erstmal ein wohlverdientes kühles deutsches
Bier und leckeres Abendessen, und um 22 Uhr brachten mich die beiden zum ziemlich belebten Greyhound-Busbahnhof. Dort
durfte ich erstmal eine ganze Weile in der Schlange warten, bekam aber noch rechtzeitig mein Ticket. Das hatte ich zwar
online gebucht, mußte meinen Ausdruck aber noch am Schalter gegen ein richtiges Ticket eintauschen und mich dann
am Abfahrts-Bussteig anstellen, denn bei Greyhound gilt First-Come-First-Go, d.h. wenn zu viele Leute mitfahren wollen,
kommen nur die mit, die früh am Busbahnhof waren, die anderen müssen einen der nächsten Busse nehmen
(wenn denn noch ein späterer fährt). In der Luftfahrt nennt man sowas Überbuchung, bei Greyhound USA ist
die Praxis wohl Standard. Allerdings kann man sich - gegen eine entsprechene Gebühr - auch eine Sitzplatzreservierung
kaufen, wenn man ganz sichergehen will. Ich bekam auch so noch einen Platz im am Ende vollbesetzten Bus, und um 23:35 Uhr
ging es dann los Richtung Norden. Da mein Sitznachbar in Bussen nicht schlafen konnte und deshalb die ganze Zeit bei
Licht las, bekam ich auch nicht wirklich viel Schlaf (oder war es noch immer der Jetlag?), aber immerhin ein paar Stunden.
Samstag, 12.07.2008
Morgens um 7 Uhr kam mein Greyhound-Bus in San Francisco an. Ich wanderte durch den Finanzdistrikt mit attraktiven
Hochhäusern zum San Francisco Hostel, doch da konnte ich so früh noch nicht einchecken. Netterweise durfte
ich aber mein Gepäck schon mal abladen und duschen, so daß ich erfrischt zu meiner ersten Sightseeingtour
durch diese hübsche Stadt (viel schöner als Los Angeles) aufbrechen konnte. San Francisco ist ziemlich
hügelig, weshalb man vor über hundert Jahren diverse Cable Cars (von einem Seil gezogene Straßenbahnen)
an den Hängen installiert hat, ein Markenzeichen der Stadt, das man auch in unzähligen Filmen zu sehen bekommt.
Da man die Tageskarten für die Cable Cars nur an bestimmten Endhaltestellen kaufen konnte, stieg ich letztendlich
einmal komplett auf den Gipfel des Hügels und auf der anderen Seite wieder hinab, vorbei an der Grace Cathedral
und der krummsten, gewundensten Straße der Welt, der Lombard Street. Außerdem konnte ich vom Hügel die
Transamerica Pyramid, den Coit Tower sowie die frühere Gefängnisinsel Alcatraz, eine Meile vor der Küste,
sehen. Anschließend sah ich mir die historischen Schiffe am Hyde Street Pier an (und konnte in einiger Entfernung
die Golden Gate Bridge sowie die Insel Alcatraz bestaunen) und wollte dann per Cable Car zurück über den
Hügel, doch die Warteschlangen vor dem Fahrkartenschalter und dem Einstieg zur Cable Car waren so lang, daß
ich es vorzog, zu Fuß zu gehen, aber nicht wieder über den steilen Hügel, sondern durch die Hafengegend
Fisherman's Wharf am Ufer entlang bis zum Hafengebäude und Embarcadero. Auf der gleichen Strecke waren auch
zahlreiche Amateur-Jogger unterwegs, die aber zum größten Teil nicht joggten sondern nur gingen, sich aber,
wenn sie eine andere Gruppe Jogger, die alle eine ähnliche Kappe und T-Shirt trugen, gegenseitig begeistert
grüßten und anfeuerten, nur um kurz darauf wieder zur Schrittgeschwindigkeit zurückzukehren.
Von Embarcadero aus nahm ich um 11 Uhr den BART-Zug zum Flughafen, wo ich mich kurz vor eins mit Yuri und Koji traf,
die gerade aus Japan eingeflogen waren. Wir hatten uns seit April in Osaka nicht mehr gesehen, und so war die
Wiedersehensfreude groß. Nach einer recht langen Wartezeit am Dollar-Express-Mietwagen-Schalter hatten wir
schließlich unser Auto für die nächsten 11 Tage und konnten zurück in die Stadt fahren.
Nachdem wir unser Zimmer im netten USA-Hostel bezogen hatten, machten wir uns auf die Suche nach einem Supermarkt,
kein einfaches Unterfangen im Zentrum von San Francisco. Wir fragten zwar diverse Leute, wo es einen gäbe,
aber da wo man uns hinschickte, gab es nicht mal was supermarktähnliches. Wer weiß, was man in Kalifornien
unter einem Supermarkt versteht. Nach langer Suche fanden wir schließlich einen
Whole Foods Market, eine Art Bio-Supermarkt. Der war
zwar eine Ecke teurer als das, was wir von einem Supermarkt erwartet hätten, aber wir hatten keine Lust, weiter
zu suchen. Zudem gab es da Sachen wie Hemp-Beer, Biocola und lokales Obst und Gemüse. Koji und Yuri wollten auch
unbedingt Kirschen kaufen und waren nachher über den Preis überrascht, denn der war am Kirschstand nicht
pro Beutel ausgezeichnet, sondern pro US-Pfund, und das ist dann noch nicht mal ein halbes Kilo. Egal, wir genossen
unsere Luxuskirschen dafür hingebungsvoll.
Um kurz nach sechs holten uns dann Jeremy und Tetsuya (ehemalige Kansai-IOC-Mitglieder, die jetzt in San Francisco
wohnen) ab, und wir fuhren mit ihnen und einigen weiteren Freunden (Yoko, Richard u.a.), davon so einige Japaner,
lecker Chinesisch essen.
Zurück im Hostel probierten wir noch unser neu erworbenes Biobier und als das leer war, gingen wir nochmal
raus, um etwas Wein zu kaufen. Doch im Gegensatz zu Japan oder Deutschland ist nachts durch die Straßen
einer amerikanischen Großstadt zu laufen schon recht spannend, vor allem, wenn die Straßen etwas
leerer und dunkler sind. So waren wir doch ganz froh, wieder zurück im Hostel zu sein, wo wir noch bis 4
Uhr einen netten Abend hatten.
Fotogalerie: San Francisco
Sonntag, 13.07.2008
Eigentlich hatte ich vorgehabt, um 7 Uhr aufzustehen, doch nach der langen Nacht wurde es doch noch 8:15 Uhr.
Dann war schnell duschen angesagt, und um 9 Uhr waren wir in der Küche, wo man sich kostenlos so viele
Pfannkuchen (amerikanisches Frühstück halt) machen durfte, wie man essen konnte. Da das bei mir
eine ganze Menge sind und wir nur eine kleine Pfanne hatten, waren wir bis kurz vor zehn da, dann mußten
wir auschecken.
Wir holten unser Auto aus der nahegelegenen Garage und fuhren zum REI Outdoor-Shop, um unser Camping-Equipment
aufzustocken, doch der hatte noch zu, und als wir weiterfuhren, waren wir plötzlich auf dem Highway, dann
auf einer großen Brücke, überquerten Treasure Island und waren irgendwie ganz aus San Francisco
raus. Naja, im Ort Ashby fanden wir dafür einen Target-Supermarkt, wo wir praktisch alles bekamen, was wir
für unsere Tour brauchten. Trotzdem gab es noch einige touristische Pflichtpunkte abzuhaken, bevor wir uns
Richtung Yosemite-Nationalpark aufmachten. Also fuhren wir einmal um San Francisco herum, über diverse
Brücken und Inseln (mit Blick auf Alcatraz) bis zur Golden Gate Bridge, zurecht das Wahrzeichen San
Franciscos.
Ein weiteres bekanntes Postkartenmotiv (auch wenn der Name des Ortes nicht so bekannt ist) ist der Alamo Square,
ein Park auf einem Hügel inmitten der Stadt, von dem man eine Super-Perspektive hat auf eine Reihe
kolonialer Häuser im Vordergrund und die modernen Wolkenkratzer im Hintergrund. Wir genossen den Anblick
eine Weile, aber dann mußten wir weiter, denn bis Yosemite war es noch weit.
Fotogalerie: San Francisco
Yuri bot sich an, durch den Stadtverkehr zu fahren (wofür wir ihr dankbar waren), Koji und ich fuhren dann
nachher die langen Strecken über Land. Ein versehentlicher Abstecher führte uns dabei auch nach
Jamestown, eine regelrechte Wildweststadt, sogar mit einem Galgen. Schließlich erreichten wir aber dann
den Yosemite-Nationalpark und waren um 19 Uhr auf dem Campingplatz von Hodgdon Meadow. Für den hatte Koji
zum Glück eine Reservierung, denn die Yosemite-Campingplätze sind fast immer ausgebucht (zum Teil
innerhalb von Minuten nach Eröffnung der Buchungsphase), und das obwohl es dort noch nicht einmal eine
Dusche gab. Fließend Wasser war allerdings vorhanden und an jedem Zeltstellplatz eine bärensichere
Metallbox, in der alle Lebensmittel zu verstauen waren, wenn man nicht nachts Besuch von den dort heimischen
Braunbären bekommen wollte.
Fotogalerie: Fahrt zum Yosemite-Nationalpark
Nachdem wir unsere Zelte aufgestellt hatten, gab es leckeres Abendessen (Koji war unser Campkoch) und Bounty-Rum
aus Fidschi mit Biocola. Ein guter Einstand in den Yosemite-Nationalpark.
Montag, 14.07.2008
Am nächsten Morgen fuhren wir mit dem Auto ins Yosemite-Tal und marschierten von dort den 4-Miles-Trail
bis zum Glacier Point. Von dort, aber auch schon unterwegs, hatte man einfach atemberaubende Ausblicke auf
die Felsen des Nationalparks. Einfach wunderschön.
Fotogalerie: Glacier Point
Da der Bus vom Glacier Point ins Tal pro Person 20 Dollar kosten sollte, entschlossen wir uns, die 4 Meilen
auch wieder zurück zu wandern, was sich als sehr gut herausstellte, denn unterwegs sahen wir 3
Braunbären (eine Mutter mit zwei Jungbären) ganz in der Nähe des Weges. Die Bärenwarnungen
waren also nicht unbegründet. Da wir uns allerdings ruhig verhielten, endeten wir nicht als Bärenfutter
und kamen am späten Nachmittags, nach einem kurzen Regenschauer (einem der ganz wenigen auf dieser Tour)
wieder am Auto an.
Nachdem Koji am Housekeeping-Campingplatz geduscht hatte, fuhren wir zurück zum Hodgdon Meadow Campingplatz,
spielten einige Runden Stadtlandfluss (was bei unserer internationalen Runde teilweise zu interessanten Antworten
führte), sahen uns die singende und akrobatisierende französische Reisegruppe an und quatschten noch
mit unseren britischen Zeltnachbarn, bevor wir schlafengingen.
Dienstag, 15.07.2008
Morgens um halb acht war aufstehen angesagt (Koji hatte netterweise schon Kaffee gemacht), dann wurde
gefrühstückt und gepackt, und anschließend ging es nach Hetch Hetchy, im Nordwesten des
Yosemite-Nationalparks. Dort konnten wir den O'Shaughnessy-Staudamm ansehen und an seinem Ufer bis
zum Wapama-Wasserfall eine wirklich hübsche Strecke entlangwandern.
Nach einer Weile relaxen und Fotos machen, wanderten wir zurück zum Auto und fuhren wieder
Richtung Yosemite-Tal.
Fotogalerie: Hetch Hetchy
Als wir unterwegs in einiger Entfernung einen netten Wasserfall sahen, fuhren wir spontan hin und landeten
am schönen Bridalveil Fall, der seinen Namen (Brautschleier-Wasserfall) zurecht trägt, den das
Wasser wird durch den Wind versprüht, daß es wie ein Schleier aussieht. Zusammen mit der
strahlenden Sonne an diesem Tag mußte das einen herrlichen Regenbogen ergeben, und so stieg ich mit
Koji und Yuri hinauf an die Stelle, an der man diesen erwarten sollte (ist ja alles Physik). Das Klettern
über die großen Felsbrocken war schon allein Spaß genug, aber der Regenbogen, den wir
sahen, war Wahnsinn. Wenn der Wind gerade richtig blies und das Wasser am Felsen zerstäubte, beschrieb
der Regenbogen fast einen vollständigen Kreis. Natürlich wollten wir auch Fotos von uns mit
Regenbogen haben und stiegen deshalb weiter zum Wasserfall hinunter, wo es gelegentlich eine spontane
kühle Dusche dabeigab. Auf jeden Fall hatten wir Spaß dort.
Fotogalerie: Bridalveil Fall
Nach dem Abstieg (der stellenweise noch etwas herausfordernd war) zum Auto fuhren wir zunächst ins
Yosemite-Dorf, um dort im Village Store einzukaufen und fanden nachher fast unser Auto nicht wieder, das
etwas entfernt geparkt war. Schließlich schafften wir es aber doch zum Upper Pines Camping, wo wir
diese Nacht verbringen sollten. Leider gab es auch dort entgegen unserer Erwartung keine Dusche, so
daß wir um 21 Uhr nochmal mit dem Auto zum Housekeeping-Camping fuhren, dem einzigen Ort im
Yosemite-Nationalpark, wo es Duschen und Waschmaschinen gab, was wir ausgiebig nutzten (die happigen
5 Dollar Duschgebühr müssen sich ja lohnen). Zurück am Zelt stießen wir dann
schließlich mit unserer neuen Cocktail-Kreation an: Cherry Coke (Yuri und ich lieben sie) und
Sherry (der im Village Store erstaunlicherweise spottbillig war) - kurz Cherrysherry. War wirklich
lecker.
Mittwoch, 16.07.2008
Am Mittwoch war sehr frühes Aufstehen angesagt, denn wir hatten eine lange Wanderung vor.
Schon um 7 Uhr checkten wir aus (genaugenommen fuhren wir einfach weg, da am
Campingplatzeingangsbüro noch niemand war), fuhren ein Stück und starteten dann
unsere Wanderung auf dem rund 12 Meilen langen John Muir Trail. Am Clark Point war eine erste
Pause angesagt, mit Ausblick auf herrliche Landschaften und Horden von Eichhörnchen, die
in unseren Taschen nach etwas zu knabbern suchten. Schließlich erreichten wir den oberen
Punkt des Nevada-Falls, wo riesige Wassermassen in die Tiefe stürzten. Wenig überraschend,
daß dort das Baden verboten war.
Weiter ging es einige Meilen durch schattenspendende Wälder (ein Segen an diesem sonnigen
August-Tag), dann über endlose, in den Fels geschlagene Treppen, bis wir schließlich
vor dem Half Dome (Halbkuppel) standen, dem wohl berühmtesten Felsen bzw. Berg des
Yosemite-Nationalparks.
Fotogalerie: Wanderung zum Half Dome
Auf die eigentliche Kuppel führten weder ein Weg noch eine Treppe sondern lediglich zwei
Stahlseile, an denen man sich die steil aufragende Felswand hochziehen mußte, mit schmalen
Brettern als Trittflächen. Um die Hände zu schonen, konnte man sich dort herumliegende
Handschuhe ausleihen, die trotz der Sommerhitze eine gute Idee waren. Der Aufstieg war aufgrund
der starken Steigung und der Augusthitze wirklich anstrengend, aber machte auch richtig Spaß.
Allerdings war ich schon froh, als ich oben angekommen war, suchte mir nen netten Platz mit Ausblick
und machte erstmal eine ganze Weile nichts außer atmen, Yuri kam einige Zeit später oben an
und schloß sich dem Nichtstun an, und Koji war aufgrund zu wenigen Wassers bei der Hitze und
Anstrengung noch fertiger als wir. Nachdem ich mich etwas erholt hatte, war es höchste Zeit,
Fotos vom herrlichen Ausblick und dem steilen Felsabhang zu machen. Fantastisch!
Gegen 15 Uhr machten wir uns auf den Rückweg, der zunächst mit dem steilen
Abstieg an den Drahtseilen begann, an dem sich die meisten Leute nur sehr langsam
und ängstlich abmühten, ich aber sehr viel Spaß hatte. Dank meines
recht geringen Schuhprofils konnte ich den glatten Felsen gut herunterrutschen wie
beim Skifahren, und schlitterte so, mit den Händen am Drahtseil munter ruckzuck
in die Tiefe, was noch mehr Spaß machte als der Aufstieg und deutlich weniger
anstrengend war.
Der Weg zurück führte netterweise großteils durch schattigen Wald,
doch es war trotzdem noch ziemlich heiß. Koji hatte sein gesamtes Wasser
aufgebraucht und war ziemlich dehydriert, weshalb ich ihm meinen Rest gab und mit
Yuri vormarschierte, um an der nächsten Hütte im Little Yosemite Valley
Wasser für ihn zu holen. Diese war aber trotzdem noch einige Kilometer und
eineinhalb Stunden Marsch entfernt, und als wir dort ankamen, bestand die Hütte
allerdings nur aus biologischen Plumpsklos ohne jeglichen Wasseranschluß.
Zum Glück war der Fluß nicht weit entfernt, wo wir zunächst unsere
dampfende Füße abkühlten, dann in der Flußmitte, wo das
Wasser am saubersten war, unsere Flaschen auffüllten und dann selbst etwas
relaxten, denn wir waren ebenfalls ziemlich erschöpft und ausgetrocknet.
Da Koji in der Zwischenzeit noch nicht aufgetaucht war, hinterließen wir
ihm eine Nachricht und machten uns wieder an den Aufstieg und die Suche nach
unserem dritten Mann. Allerdings fanden wir ihn nicht, und keiner der wenigen,
letzten Wanderer, die uns entgegenkamen, hatte ihn gesehen. Wir trauten beide
Koji zu, daß er einfach an der Hütte im Little Yosemite Valley
vorbeimarschiert sei, während wir am Fluß waren, obwohl wir uns
eigentlich da treffen wollten, doch sicher wußten wir es halt nicht,
Handyempfang gab es in der Gegend keinen, dafür aber genug Bären. So
machten wir uns einige Sorgen um Koji, mußten gegen 19 Uhr aber trotzdem
den Rückweg antreten, um nicht in der Dunkelheit den Wald mit den Bären
teilen zu müssen.
Auf dem Marsch zurück kamen wir dann auch noch irgendwie von dem Weg ab, den
wir am Morgen genommen hatten, sahen dafür aber den Nevada-Fall von unten
und einige andere sehenswerte Wasserfälle und Landschaften. Um 21 Uhr
erreichten wir im Dunkeln den Parkplatz, wo Koji zu unserer Erleichterung neben
dem Auto saß und völlig unbekümmert Abendessen kochte. Er hatte
an der Hütte knapp 5 min auf uns gewartet und war dann weitermarschiert,
ohne uns eine Nachricht zu hinterlassen und konnte auch gar nicht nachvollziehen,
warum wir uns Sorgen gemacht hatten. Naja, zum Glück war nichts passiert,
und wir beschlossen, uns künftig nicht mehr zu trennen.
Nachdem wir den Abendreis verzehrt und auf Kojis wundersame Wiederkehr angestoßen
hatten, fuhren wir noch etliche Meilen nach Norden, bis wir um Mitternacht im
Tuolumne Meadows Campingplatz unsere Zelte aufschlagen konnten.
Fotogalerie: Auf dem Half Dome
Donnerstag, 17.07.2008
Nach der harten 25-Meilen-Wanderung und der Aufregung vom Vortag schliefen wir
einmal bis 11 Uhr aus und brachen nach dem Frühstück um 12:20 Uhr auf.
Eine Dusche gab es in Tuolumne Meadows auch nicht (offensichtlich wirklich nur
im Housekeeping Camping), aber in der Nähe zumindest eine von zwei Tankstellen
im Nationalpark. Nach dem Tanken fuhren wir die panoramavolle Tioga-Road entlang,
sahen uns den Tenaya Lake, die Große Wiese (Big Meadow) und den Ausblick
von Tunnel View an.
Fotogalerie: Tioga Road
Weiter ging es ganz in den Südosten des Yosemite Nationalparks nach Maripose
Grove, wo wir einen ziemlich großen Wald der gigantischen
Riesen-Sequoia-Bäumen bestaunten.
Eigentlich jeder dieser Baumgiganten, die 100 Meter hoch, mehrere Meter dick und
über 3000 Jahre alt werden können, war schon beeindruckend, doch einige
ganz besondere Exemplare hatten noch eigene Namen. Der Grizzly war beispielsweise
ein besonders kräftiges Exemplar, dessen Seitenast mit 2 Metern Durchmesser
dicker war als jeder Nicht-Sequoia-Baum im Park. Am berühmtesten ist
sicherlich der California Tunnel, ein Loch im Stamm eines Baumes, durch den ein
ganzes Auto fahren kann. Das "treue Paar" (Faithful Couple), zwei
ineinandergewachsene Sequoias und diverse andere Baumgiganten waren weitere
Highlights.
Fotogalerie: Mariposa Grove
Nachdem wir uns an den Baumriesen sattgesehen hatten, fuhren wir zurück
ins Yosemite Valley, gingen im Village Store einkaufen und schlugen um 21 Uhr
im Lower Pines Camping unser Lager auf. Nach dem Essen gab es noch lecker Wein
und Sherry-Cherry, und wir quatschten noch bis halb drei in der Nacht.
Freitag, 18.07.2008
In Ermangelung einer Dusche gingen Koji und ich am Morgen im Fluß
schwimmen, auch wenn das eiskalte Bergwasser nicht besonders gemütlich war
(dafür aber sehr erfrischend). Gegen Mittag brachen wir auf, gaben im
Yosemite Post Office unsere Postkarten auf, und dann ging es mal wieder
über die Tioga Road, Richtung Nordosten. Nach einem Stopp an einem
Aussichtspunkt mit tollen Felsen verließen wir schließlich unseren
geliebten Yosemite Nationalpark.
Die Straße wand sich immer höher durch die Berge, über den
Mono-Pass und auf der Ostseite talwärts bis zum Mono Lake, der
nächsten Fotogelegenheit.
Von dort ging es nordwärts, im ersten Ort jenseits des Nationalparks,
Lee Vining, war mal wieder Tanken angesagt, und dann ging es über meist
herrlich leere Landstraßen aus Kalifornien heraus bis in die Hauptstadt
von Nevada, Carson City. Zurück in der Zivilisation gingen wir erstmal
groß bei Walmart einkaufen (diese Riesensupermärkte gibt es selbst
in den verlassenen Wüsten Nevadas), dann fuhren wir weiter nordwärts
zum Lake Tahoe, der an der Grenze zwischen Nevada und Kalifornien liegt. Diese
Grenze überquerten wir dann zum zweiten Mal an diesem Tag, denn obwohl
der See landschaftlich sehr schön ist, fanden wir auf der Nevada-Seite
keinen einzigen Campingplatz, dafür aber etliche Luxusvillen am Seeufer
und natürlich - dafür ist Nevada ja bekannt - diverse Casinos. In
Kalifornien, in der Nähe der Stadt Tahoe entdeckten wir nach längerer
Suche um 20:40 Uhr (kurz vor Sonnenuntergang) schließlich einen recht
einfachen Campingplatz, im wesentlichen für Segler, die dort ihre Boote zu
Wasser ließen. Am Kassenhäuschen saß niemand mehr, man warf die
Campinggebühr einfach in einem Umschlag ein. Bei Taschenlampenlicht wurde
dann zu Abend gegessen und früh schlafen gegangen, denn am nächsten
Morgen mußten wir früh raus.
Fotogalerie: Lake Tahoe
Samstag, 19.07.2008
In aller Frühe standen wir auf, fuhren um 6:20 Uhr los und waren, da die
Straßen frei waren, schon um 7:30 Uhr in Reno, wo Yuri zwei Stunden
später den Bus nach San Francisco nehmen wollte. Da man bei Greyhound
in der Reihe des Ankommens einsteigt (und bei einem überbuchten Bus die
letzten nicht mehr mitkommen, da es keine Platznummern gibt), reservierte Yuri
ihren Platz mit ihrer Tasche in der Pole Position ganz vorne. Dann wollte sie
mit uns die Stadt erkunden, doch ich erklärte ihr, daß man im
Gegensatz zu Japan in einem amerikanischen Busbahnhof nicht so einfach sein
Gepäck unbeaufsichtigt liegen lassen kann. Im besten Fall ist bei der
Rückkehr nur die gute Warteposition weg, eher aber die ganze Tasche. Ich
weiß schon, warum ich Japan liebe.
Als typischer Japaner ging Koji dann ins Casino, zum billig Essen und
natürlich Glücksspielen (das in Japan illegal ist), ich hatte
darauf keine Lust und leistete Yuri beim Warten Gesellschaft. Wir
frühstückten und warteten darauf, daß die einzigen beiden
WCs des Busbahnhofs wieder freigegeben würden. Es dauerte allerdings gut
eine Stunde, bis die angeblich wegen Reinigungsarbeiten gesperrten
Waschräme wieder auf waren (offensichtlich hatte das Putzpersonal morgens
noch nicht so große Lust).
Als der Bus um halb zehn kam, verabschiedete sich Yuri von uns, und
währenddessen gingen die hinter ihr wartenden Leute schonmal an ihr vorbei,
und Yuri reihte dann - typisch japanisch-höflich - wieder ganz hinten in
der Schlange ein! Zwei Stunden einen Platz vorne in der Reihe reservieren und
dann doch als Letzte einsteigen - Japaner sind wirklich ein ganz besonderes Volk!
Fotogalerie: Reno
Nachdem Yuris Bus um halb zehn abgefahren war, machten auch Koji und ich uns auf
den Weg und erreichten eine Stunde später die Grenze zwischen Nevada und
Kalifornien in Bordertown. Dort hielten wir hinter einer Tankstelle kurz vor
der Grenze an einem Caravan-Park, wo man auch als Nicht-Gast duschen konnte,
was wir sogleich ausnutzten. Außerdem gab es dort Waschmaschinen und
Trockner sowie... kostenloses drahtloses Internet! So konnte ich, während
die Waschmaschine lief, meine E-Mails lesen und schon einmal Hostelzimmer in
Toronto und New York buchen. Was für ein Komfort mitten in der Wüste.
Koji nutzte die Zeit derweil, um eine Straßenkarte der US-Westküste
zu kaufen und - natürlich - im kleinen Casino neben der Tankstelle noch
ein bißchen zu spielen.
Um viertel nach zwei rissen wir uns schließlich von diesem komfortablen
Ort los und fuhren weiter Richtung Norden, am Honeylake vorbei, durch Susanville
(wo wir im Walmart unsere Vorräte aufstockten) nach Klamath Falls. In dem
kleinen Ort suchten wir dann eine ganze Weile nach den namengebenden
Wasserfällen, doch als wir schließlich die Touristeninformation
fanden, stellte sich heraus, daß es dort gar keinen Wasserfall gibt. Es
war halt nur ein Name. Aber warum nennt man einen Ort dann so? Das ist
Touristenirreführung!
Als es anfing zu dämmern, stellten wir unsere Zelte gegen 20:15 Uhr im
Crater Lake Resort auf, trotz des hochtrabend klingenden Namens nur ein einfacher
Campingplatz, aber immerhin mit Dusche (unser erster Campingplatz mit diesem
Luxus seit wir San Francisco verlassen hatten) und nett an einem See gelegen.
Letzterer bot allerdings auch zahllosen Mücken eine Brutstätte, die
sich an uns gütlich taten, doch wir ließen uns dadurch den Abend
nicht verderben.
Fotogalerie: Nevada - Kalifornien - Oregon
Sonntag, 20.07.2008
Nach dem Frühstück ging es um kurz vor zehn los, und eine halbe Stunde
später waren wir am Eingang (genaugenommen der Einfahrt, wir waren ja
schließlich in Amerika) des Crater Lake Nationalparks. Der Eintritt
kostete nur 10 Dollar pro Auto, für eine ganze Woche, das ist mal ein
fairer Preis. Da wir am gleichen Tag noch deutlich weiter nach Norden wollten,
verzichteten wir auf längere Wanderungen und besichtigten den Nationalpark
hauptsächlich "American Style" (zu netten Orten hinfahren und Fotos aus
dem Autofenster machen) oder "Japanese Style" (anhalten, kurz aussteigen,
Fotos machen, weiterfahren). Das ging aufgrund der guten Straßen-Infrastruktur
auch recht gut, abgesehen davon war die Gegend aber trotz allem sehr naturbelassen.
Der Crater Lake (Kratersee) war ein beeindruckender, mit Wasser gefüllter
Vulkankrater (bei seiner Explosion vor tausenden von Jahren flogen Asche und
Gestein hunderte Kilometer weit) mit atemberaubenden Anblicken von verschiedenen
Punkten des Kraterrands aus. Einige der Highlights waren das Geisterschiff
(Phantom Ship), die rote Festung und der Teufelsrücken, markante
Vulkangesteinsformationen am und im See. Bei unserem ersten Stop füllten
wir auch unsere Kühlbox im Kofferraum auf - mit Schnee und Eis vom Gletscher,
deutlich billiger als das gekaufte Eis vom Supermarkt, sehr zur Belustigung der
anderen Touristen.
Nachdem wir den Nationalpark um kurz nach eins verlassen hatten (wirklich ein
Expressbesuch), ging es laut Karte erstmal zwanzig Meilen geradeaus nach Osten,
und es handelte sich tatsächlich um eine der geradesten Straßen, die
ich bisher entlanggefahren war. Für solche Strecken gibt es wohl in Amerika
den Tempomaten, damit könnte man das Auto quasi alleine fahren lassen und
bis zur nächsten Kurve ein kleines Nickerchen machen.
Nächster Punkt auf unserer Tour waren die McCredie Hot Springs, heiße
Quellen, in denen man baden konnte, ähnlich den japanischen Onsen (weshalb
Koji dort auch unbedingt hinwollte). Diese ließen sich aber nicht so leicht
finden, denn dort wo sie nach Kojis Aufzeichnungen sein sollten, wurde die
Straße zu einem kleinen Feldweg, und als schließlich ein Baum quer
über den Weg lag sah selbst Koji ein, daß dies nicht die Zufahrt zu
einem heißen Bad sein konnte, und wir gaben die Suche nach einem Onsen auf.
Stattdessen gingen wir um vier Uhr in Eugene, der ersten größeren
Stadt seit dem Crater Lake Nationalpark, schön Chinesisch essen (welch
ein Luxus nach einer Woche Campingessen), tankten und waren um fünf auf
dem Highway 5 nach Norden. In Portland fuhren wir versehentlich falsch ab und
machten so eine unfreiwillige Stadtrundfahrt, bis wir den richtigen Highway
wiederfanden. Auf diesem ging es dann an Vader vorbei (wo ich als Star-Wars-Fan
gern abgefahren wäre), dann wieder auf die Landstraße (die ich lieber
fuhr, es war kaum Verkehr, und man kam durch hübsche Landschaften), und um
21:20 Uhr fanden wir im Mayfield Lake Park schließlich einen Campingplatz,
sogar mit Stromanschluß, welch ein Luxus. Dann gab es ein spätes
Abendessen und leckeren Wein, und erst um halb eins (üblicherweise gingen
auf Campingplätzen die meisten Leute gegen schon zehn ins Zelt) war
Schlafen angesagt.
Fotogalerie: Crater Lake
Montag, 21.07.2008
Nachdem wir morgens noch ein paar Fotos am Mayfield Lake gemacht hatten, ging
es weiter durch kleine Orte wie Glenoma und Packwood (mit einem interessanten
Antiquitätenladen samt gesprächiger Inhaberin) und mit Blick auf den
beeindruckenden Mt. St. Helens (der vor seinem spektakulären Ausbruch in
den achtziger Jahren noch einige hundert Meter höher gewesen war) zum
Mount Rainier, einem der höchsten Berge Amerikas. Nachdem wir an der
Nationalpark-Einfahrt unser Ticket gekauft hatten (mit 15 Dollar pro Auto
für eine Woche durchaus nicht teuer) ging es in Serpentinen ein ganzes
Stück den Berg hoch bis zum Besucherzentrum mit dem netten Namen Paradise.
Dort stellten wir unser Auto ab und stiegen die halbwegs markierten Wanderwege
hinauf, die zu einem großen Teil auch Ende Juli noch unter dem Schnee
begraben waren. Die Anzahl an Spaziergängern, denen wir begegneten,
nahm mit zunehmendem Abstand vom Besucherzentrum rapide ab, und schließlich
trafen wir fast nur noch gut ausgerüstete Bergwanderer, die zum Teil Tage
auf dem Mount Rainier herumkraxelten.
Wir waren allerdings erst um zwei Uhr angekommen und eher leger ausgestattet
(das es so sommerlich warm war, stapften wir in kurzen Hosen durch den Schnee)
und nur mit leichtem Gepäck unterwegs. Koji mit seinen wasserdichten
Stiefeln marschierte forsch durch den Schnee, meine bequemen Halbschuhe waren
dafür weniger geeignet, aber das Klettern über die schneefreien
Felsbereiche machte mindestens genausoviel Spaß.
Bis zum Gipfel reichte unsere Zeit natürlich nicht, aber bis auf 2900-3000
Meter Höhe schafften wir es schon, genossen herrliche Anblicke und eine
super Wanderung. Um sechs Uhr waren wir an unserem "Wendepunkt" angekommen, wo
wir schweren Herzens beschlossen umzukehren, um noch vor der Dunkelheit
zurück am Auto zu sein. Ich hätte gut noch ein paar Stunden
weiterkraxeln können. Dort sprang ich dann schließlich noch etwas
barfuß im Schnee herum, was trotz der Julisonne ZIEMLICH kalt war. Aber
für ein lustiges Foto nehme ich sowas gerne in Kauf.
Der Abstieg verlief mit zwei Stunden recht schnell, so daß wir um acht
Uhr noch im Hellen auf der Straße unser Abendessen kochen konnten. Dann
sahen wir uns noch kurz das Besucherzentrum/Hotel an (der Souvenirshop hatte
leider gerade zugemacht), beobachteten einen Fuchs auf Futtersuche auf dem
Parkplatz und fuhren dann im Dunkeln wieder den Berg hinunter.
Fotogalerie: Mount Rainier - Paradise
Um zehn erreichten wir den Ohanapecosh-Campingplatz, schlugen unser Lager in
einer ruhigen Ecke auf und konnten mit Strom vom benachbarten Waschraum (den
wir fast für uns alleine hatten), noch Fotos auf dem PC angucken und uns
gegenseitig kopieren.
Dienstag, 22.07.2008
Am nächsten Tag hatte das Wetter komplett umgeschlagen: Nebel und
Nieselregen, nicht gerade einladend zum Bergwandern. Naja, wir hatten bis dahin
ja auch wirklich Glück mit dem Wetter gehabt. So packten wir gemütlich
unsere Sachen und fuhren nordwärts. Als wir allerdings den höchsten
Punkt der Strecke am Cayuse-Pass überquert hatten, war es schlagartig wieder
herrlich sonnig mit blauem Himmel. In den Bergen ist das Wetter offensichtlich
wirklich unberechenbar Also beschlossen wir, doch noch etwas zu wandern. Gegen
12 Uhr erreichten wir das Sunrise-Besucherzentrum und wanderten von da am
Gefrorenen See (Frozen Lake) vorbei zum Mt. Fremont Ausguck.
Dort hatte sich allerdings inzwischen schon wieder dichter Nebel gesammelt, so
daß man nicht wirklich etwas sehen konnte, aber die Wanderung an sich und
durch die Nebelschwaden war auch schon ein Erlebnis, und solange es nicht regnete,
konnten wir uns auch nicht beschweren. Zurück ging es über den
Wunderlandweg (Wonderland Trail), der einen passenden Namen trug, und gegen
fünf waren wir zurück im Besucherzentrum. Dort kaufte Koji noch
diverse Souvenirs für seine Familie (es war erstaunlich, was den
Touristen dort alles feilgeboten wurde: Berg- und Bärensouvenirs kann ich
ja noch verstehen, aber Papier aus Elefantendung hatte nun wirklich gar nichts
mehr mit dem Mount Rainier zu tun).
Fotogalerie: Mount Rainier - Sunrise
Um sechs Uhr erreichten wir schließlich Enumclaw, ein Städtchen
nördlich des Mount Rainier, wo wir im mexikanischen Restaurant El Camino
preiswert köstliche, riesige Burritos verspeisten. Das war zwar nicht
ganz lokale Küche im Staate Washington, aber immer noch passender als das
japanische Restaurant, in das Koji am liebsten gegangen wäre, das wir aber
irgendwie nicht fanden.
Anschließend fuhren wir noch einige Meilen bis zum Kanaskat-Palmer State
Park Campingplatz, einer netten Anlage, die mit 19 Dollar pro Nacht sogar noch
einen Dollar billiger war als fast alle anderen Plätze, auf denen wir
bisher gewesen waren. Allerdings konnte man die Gebühr seltsamerweise
nicht am Eingang zahlen, sondern mußte sie in einen Umschlag stecken und
in eine Box werfen. Und da wir keine 19 Dollar klein hatten und niemand Geld
wechseln konnte, kostete uns der Spaß am Ende doch 20 Dollar. Wer sich
wohl dieses System ausgedacht hat?
Bevor es dunkel wurde, tranken wir noch ein Bier am nahegelegenen Green River,
dann wurden die neuesten Fotos sortiert und bei einem Bierchen noch bis halb
eins gequatscht. So schnell war unser letzter gemeinsamer Abend schon gekommen.
Mittwoch, 23.07.2008
Am Mittwoch klingelte schon um halb sechs der Wecker, denn ich wollte ja morgens
in Seattle einen Bus erreichen. 7 Uhr fuhren wir los, doch schon nach wenigen
Metern standen wir vor einer geschlossenen Schranke, da der Campingplatz von
23 Uhr bis 8 Uhr geschlossen ist. Ich bat Koji, zu versuchen, die Schranke von
Hand aufzumachen, doch er kam wieder und sagte sie sei abgeschlossen. So ein
Mist! Wir fuhren mehrmals über den Campingplatz, doch es gab keine Ausfahrt,
an der Rezeption und am Infowagen war niemand und überhaupt schien alles
noch zu schlafen. Zurück an der Schranke gingen wir zum benachbarten
Rangerquartier, doch der Parkranger, den Koji rausklingelte, hatte auch keinen
Schlüssel für die Schranke. Wie kann es denn sein, daß niemand
einen Schlüssel hat? Was machen die Leute denn, wenn es mal brennt und
Feuerwehr oder Krankenwagen reinmüssen? Anschließend rief ich von
der örtlichen Telefonzelle die Hotline des Campingplatzes an, doch es ging
natürlich nur der Anrufbeantworter dran. Ich war kurz davor, die Dauercamper,
bei denen wir am Vortag Duschmarken gekauft hatten (und die für uns somit
halbwegs offiziell waren) wachzuklingeln, als uns ein Campingplatzmitarbeiter
(oder was Ähnliches, er hatte jedenfalls eine Art Dienstkleidung an)
über den Weg lief. Ich klagte ihm unser Leid, und er meinte, die Schranke
dürfte gar nicht abgeschlossen sein, das sei illegal, man müsse immer
die Möglichkeit haben, das Gelände zu verlassen. In mir kam so eine
leichte Vermutung auf, und wir fuhren zurück zur Schranke, wo ich einmal
selbst nachguckte. Und siehe da, vor der Schranke war nur ein Riegel mit
Karabinerhaken, den man problemlos aufmachen konnte, nichts mit abgeschlossen.
Ich hatte nicht mit Kojis japanischer Denkweise gerechnet: Ein zugeschobener
Riegel bedeutet zu und hat zuzubleiben; eine verschlossene Tür ist ja aus
einem guten Grund zu und wird behandelt als sei sie wirklich abgeschlossen;
über eine durchgzogene Linie tritt man nicht, ja kann man quasi gar nicht
treten, sonst wäre sie ja eine gestrichelte Linie. Whaaa, und da ist es
durchaus akzeptabel, den halben Campingplatz aufzuwecken, damit jemand
Verantwortliches den Riegel aufmacht. Japaner sind einfach unglaublich!
Immer für eine Story gut. Die ganze Aktion hatte uns 40 min gekostet,
20 weitere Minuten später hätte man das Tor ohnehin aufgemacht.
Egal, wieder was erlebt, und ab ging's zunächst wieder nach Enumclaw und
dann weiter nordwärts nach Seattle. Letzteres stellte sich als nicht ganz
so einfach heraus, denn obwohl Seattle mit Abstand die größte Stadt
in der Gegend war (eigentlich die einzige, die man ernsthaft als Stadt und nicht
Dorf bezeichnen konnte), war es auf keinem Straßenschild zu finden,
allerdings die kleinsten Dörfer schon. So mußten wir auf unserer
Straßenkarte, ohne die mir ziemlich aufgeschmissen gewesen wären,
jeweils nachsehen, ob der Ort auf dem Schild in die richtige Richtung lag und
uns von Dorf zu Dorf weiterschlängeln. Als wir Seattle zum ersten Mal auf
den Schildern sahen, waren wir quasi schon im Stadtgebiet. Im Gegensatz zu den
wirklich gut organisierten Nationalparks erschien uns die Beschilderung im Rest
der USA wirklich mangelhaft. In Seattle angekommen fanden wir dank Stadtplan und
geschickter Straßenbenennung (einfach von Nord nach Süd bzw. West nach
Ost durchnummeriert) recht schnell die King Street Station. Doch von Hinweisen
auf eine Eingang oder Parkplatz war nichts zu sehen. Erst als wir einmal um den
ganzen Block gefahren waren, kamen wir an sowas wie einem Hintereingang an, wo
man auch parken konnte. Ich tauschte meinen e-Ticket-Ausdruck gegen einen
richtigen Fahrschein ein, und dann hatten wir noch ein bißchen Zeit
für Sightseeing, wenn auch nur American Style (Fotos nur aus dem Autofenster).
So bekam ich wenigstens noch kurz die Space Needle (das höchste Bauwerk
Seattles), das Science-Fiction-Museum und den Markt am Ufer zu sehen.
Kurz vor der planmäßen Abfahrt um 10:45 Uhr verabschiedete ich mich
von Koji (der unseren Mietwagen in den folgenden 2-3 Tagen wieder zurück
nach San Francisco fuhr und von da heimflog) und bestieg den Bus Richtung
Vancouver. Eigentlich hatte ich das Ticket bei der amerikanischen Bahngesellschaft
Amtrak gebucht, da Koji meinte, mit dem Zug komme man schneller nach Kanada als
mit dem Bus, aber offensichtlich gab es zu wenige Passagiere, denen Amtrak dann
keinen ganzen Zug gönnte. Obwohl sowohl Bus und Fahrer als auch die
Passagiere pünktlich da waren, verzögerte sich unsere Abfahrt aus mir
unerfindlichen Gründen um ganze 40 Minuten. Diese Zeit nutzten einige
Passagiere, um noch ein bißchen mit dem Handy zu telefonieren, was ich ein
wenig nachvollziehen konnte, denn außerhalb der Großstädte hatte
man fast nirgendwo Handyempfang (warum hab ich mir eigentlich eine amerikanische
Handykarte gekauft, wenn ich sie eh fast nicht nutzen konnte).
Allerdings schien gerade eine Dame im Bus einen besonders guten
Inklusivminutentarif zu haben (oder wollte sich an ihren Mann rächen,
indem sie seine Kreditkarte bis zum Anschlag ausnutzte), denn sie telefonierte
ohne Pause die gesamte Zeit bis wir aus Seattle herauswaren und erkundigte sich
haarklein, was ihre Kinder, die Haustiere, Nachbarn, der Präsident und der
Rest der Welt so alles angestellt hatten seit sie vor einer Stunde das Haus
verlassen hatte. An diesem Beispiel konnte ich gut verstehen, daß
Handytelefonate mancherorts in Bussen verboten sind. Egal, der Bus fuhr endlich
los, und nach kurzer Zeit passierten wir schon die Grenze. Von den
US-Behörden wurden wir gar nicht kontrolliert, und schon standen wir am
kanadischen Zoll, vor den Toren Vancouvers.
Fotogalerie: Seattle
weiter nach Kanada
zurück zur Übersicht.