Around the World in 109 days
Um die Welt in 109 Tagen
04.05.-21.08.2008
Kanada, 23.07.-03.08.2008
Zeitzone: British Columbia (Vancouver) = MESZ - 9h, Alberta (Calgary, Jasper) = MESZ - 8h, Manitoba (Winnipeg) = MESZ - 7h, Ontario (Toronto) = MESZ - 6h
1 Euro = 1,57 Kanadische Dollar
Mittwoch, 23.07.2008
Um 13:15 Uhr erreichten wir den kanadischen Zoll, wo alle Passagiere mit ihrem
gesamten Gepäck aussteigen und durch die Passkontrolle mußten.
Kanadische und US-Bürger wurden nach Vorzeigen ihres Ausweises einfach
durchgewunken, der Rest (ich und drei Jugendliche) in einen Nachbarraum zur
Sonderkontrolle geschickt. Dort war erstmal Warten angesagt, denn von den drei
anwesenden Zollbeamten war nur einer für die Passkontrolle zuständig,
und der ließ sich Zeit mit den etwa 3 "Verdächtigen" vor uns.
Allerdings wurde uns dabei auch eine gute Show geliefert, denn bei einem fragte
er, nachdem der Pass mit der Polizeidatenbank im Computer abgeglichen worden war,
so laut, daß es alle im Raum hören konnten: "Herr X, was wollten Sie
denn mit ihren gefälschten Schecks kaufen?" Der Angesprochene murmelte
etwas zur Antwort und durfte sich dann wieder setzten. Nach einigen Minuten
wurde er aber wieder aufgerufen und ihm (und dem Rest des Raumes) mitgeteilt:
"Und um was für illegale Drogen hat es sich da gehandelt?" Ich konnte mir
das Lachen kaum verkneifen und nahm mir vor, in Nordamerika ganz besonders
aufzupassen, nichts Illegales zu tun.
Schließlich waren die drei jungen Studenten dran, die mit mir im Bus
gekommen waren. Die eine war Amerikanerin und leistete ihren Freunden nur
Gesellschaft, die zweite aus Japan und hatte deshalb keinerlei Probleme mit
der Einreise. Der dritte kam allerdings aus der Volksrepublik China und hatte
zwar ein Studentenvisum für die USA, aber keines für Kanada. Da
Amerikaner so selbstverständlich nach Kanada fahren wie Deutsche nach
Holland, hatte sich von den dreien niemand darum Gedanken gemacht, daß
sie ja eine Staatsgrenze mit all ihren Formalitäten zu überqueren
hatten. Der Zollbeamte bot dem Chinesen dann an, ein Formular zu unterschreiben,
in dem er von seiner Einreiseabsicht zurücktritt (da er sich am Zoll schon
auf kanadischem Staatsgebiet befand), dann nach Seattle zurückzufahren
und sich dort im kanadischen Konsulat ein Visum zu besorgen. Oder er könne
dableiben und ein Visumsvergehensverfahren über sich ergehen lassen. Die
drei fingen dann miteinander zu diskutieren an, was sie nun tun sollten, da es
ja blöd sei, zurück nach Seattle zu fahren und erst am nächsten
Tag nach Kanada zu können, zumal man dann ja nochmal ein Busticket bezahlen
müßte. Da unser Busfahrer und die anderen Passagiere schon ungeduldig
auf uns warteten, sprach ich die drei an und übersetzte es in etwas
einfachere Sprache: "Entweder du fährst jetzt zurück, holst Dir in
Seattle ein Visum und reist morgen problemlos in Kanada ein. Oder Du bleibst
hier, wirst wegen illegaler Einreise rausgeworfen und darfst nie mehr einreisen.
Schwierige Entscheidung..." Das konnten die drei dann verstehen und beschlossen
schweren Herzens, nach Seattle zurückzufahren.
Endlich war ich dann dran, wurde von dem Grenzbeamten ein wenig ausgequetscht,
wie lange ich in Kanada bleiben wollte (maximal 2 Wochen, da mein Weiterflug
von New York ging, was ich dann durch Vorzeigen meines Flugtickets beweisen
mußte), wieviel Geld ich dabei hätte (200 US-Dollar), und wieviel
ich auf der Bank hätte (genug, um zwei Wochen in Kanada zu überleben,
zum Glück mußte ich nicht noch einen Kontoauszug vorlegen), was ich
in Kanada vorhätte (Urlaub vielleicht?) und wo ich wohnen würde (Zelt!
Olé!). Meine Güte, ich habe einen EU-Pass, und das war doch nicht
die Grenze nach Kasachstan (wo die Beamten noch nicht einmal so viel gefragt
hatten, weil ja niemand Englisch konnte), wo ist das Problem? Aber
natürlich blieb ich immer schön freundlich, schließlich wollte
ich nicht bei der nächsten Einreise begrüßt werden mit: "Und
wie haben Sie sich die Anklage wegen Beamtenbeleidigung eingefangen?"
Schließlich durfte ich dann ganz offiziell einreisen. Wenn der gute
Grenzbeamte allerdings gewußt hätte, daß ich schon mal von
der omanischen Palastgarde festgenommen worden war... :-)
Zurück im Bus ging es dann mit inzwischen einer Stunde Verspätung
weiter nach bzw. in Vancouver, denn das Stadtgebiet von Vancouver erstreckt
sich bis exakt an die Grenze (da sich die Stadt nicht darüber ausdehnen
kann), was auf der Karte recht interessant aussieht. Um halb vier erreichten
wir den Hauptbahnhof von Vancouver, die Pacific Central Station.
Da die Georgia Street, wo ich Laura im Büro der Alamo-Autovermietung
treffen wollte, in der Nähe des Bahnhofs begann, machte ich mich mit
meinem gesamten Gepäck zu Fuß auf den Weg dahin, nur um
festzustellen, daß die Straße in diesem Teil der Stadt eine
Autobahn auf Stützpfeilern bildete, zu Fuß nicht ganz so gut zu
erreichen. Also marschierte ich tapfer weiter westwärts, und nach etwa
einer halben Stunde schweißtreibendem Marsch war ich schließlich da.
Mit Lauras schickem Mietwagen ging es dann zunächst zurück zum
Bahnhof (wo ich mein Ticket für die Fahrt nach Toronto abholte und dem
Bahnbeamten mitteilte, daß ich trotz meiner Buchung ab Vancouver erst
866 km weiter in Jasper zusteigen würde), durch den Stanley Park (mit
Blick auf Vancouvers Skyline) und nordwärts aus der Stadt hinaus.
Fotogalerie: Vancouver
Über den Sea to Sky (Vom Meer zum Himmel) Highway fuhren wir dann
zunächst am Meer entlang und schließlich landeinwärts nach
Squamish. Dort wurde im Save-on-Foods-Supermarkt groß Proviant und eine
Kühlbox eingekauft. Und da es in dem Laden mit der
Save-on-Foods-Mitgliedskarte auf alles deutliche Rabatte gab (oder
genaugenommen, alles eine Ecke teurer war als groß ausgezeichnet, wenn
man diese Karte nicht hatte), unterschrieb Laura an der Kasse spontan so eine
kostenlose Mitgliedschaftserklärung und schon konnten wir sparen.
Gegenüber im Little Cesar's holten wir uns dann noch lecker Pizza und
aßen stilvoll auf dem Parkplatz-Bordstein zu Abend.
Dann wurde es schon bald dunkel, und wir machten uns auf die Suche nach einem
Campingplatz, was sich als schwieriger als erwartet herausstellte, denn sowohl
der Platz in Alice Lakes als auch einige andere waren voll und wollten uns auch
mit unserem kleinen Zelt nicht drauflassen. Wir überlegten, vielleicht
einfach irgendwo im Wald zu zelten, doch als wir aus dem Autofenster
plötzlich drei schwarze Bären (eine Mutter mit zwei Jungen) sahen -
süß, solange man im sicheren Auto sitzt - nahmen wir von der Idee
wieder Abstand.
In einem kleinen Motel an der Hauptstraße fragten wir dann
interessenhalber mal nach dem Preis für das billigste Zimmer, doch das
sollte 89 Dollar kosten, ohne Dusche und WC! Wir fragten uns, wie die
Pärchen in den Roadmovies immer in solch komfortablen Motels absteigen
können, wenn so ein bescheidenes schon so teuer war. Aber vielleicht liegt
es daran, daß die Hauptfiguren in diesen Filmen meistens eine Bank
überfallen oder sonstwie auf nicht ganz legale Weise zu Geld gekommen
sind. Für ehrliche Weltreisende gab es diese Option aber nicht.
So ließen wir uns von der Motel-Rezeptionistin den Weg zu einigen
weiteren Camingplätzen in der Nähe beschreiben und fanden
schließlich einen Platz auf dem städtischen Squamish Municipal
Campground, einem recht einfachen Wiesenplatz mit lediglich Plumpsklos und
ohne Duschen oder sonstigen Komfort. Eine Rezeption gab es nicht, man
mußte sich wohl tagsüber in der Stadt anmelden.
Zufälligerweise bauten wir - wie wir am nächsten Morgen feststellten
- unser Zelt in der Nähe eines reservierten Platzes auf, dessen "Besitzer"
irgendwie nicht kamen, so daß wir schließlich umsonst zelteten.
Damit hatte die lange Campingplatzsuche am Ende ja doch noch etwas Gutes.
Donnerstag, 24.07.2008
Am nächsten Tag verließen wir recht früh den Squamish Municipal
Campground, stockten unsere Ausrüstung im örtlichen Walmart noch
einmal auf und dann ging es von der Zivilisation endlich in die Natur. Auf einer
landschaftlich sehr schönen Strecke ging es ostwärts, und der erste
Stop war der Brandywine-Fall, ein toller Wasserfall mit dauerhaftem Regenbogen.
Vom Wasserfall aus führte ein Wanderweg ab, den wir sogleich
entlangschritten. Der Pfad war wirklich gut angelegt, ziemlich naturbelassen
und führte durch Wälder, an Seen vorbei und machte wirklich Spaß
entlangzulaufen. Allerdings endete er nach einer Stunde plötzlich mitten
im Wald, so daß wir den gleichen Weg wieder zurückmarschieren
konnten.
Weiter ging es auf der Landstraße, durch das Örtchen
Pemberton, dessen Einwohnerzahl in diesen Tagen sprunghaft angestiegen war,
denn an dem Wochenende fand dort das Pemberton Music Festival statt. Ich war
ein wenig in Versuchung, da unser Zelt aufzubauen, denn ich war schon so lange
nicht auf einem Festival gewesen. Aber ich sah dann doch ein, daß es in
Kanada beeindruckendere Dinge zu sehen gab als Rockbands, die ich mir auch in
Deutschland ansehen kann.
Fotogalerie: Brandywine Fall & Pemberton
Eines der absoluten Highlands unserer Kanadareise kam dann auch einiger Zeit
später mit den Joffre Lakes. Als wir unser Auto auf dem Parkplatz
abgestellt hatten und die Karte der Gegend begutachteten, sahen wir, daß
es drei Joffre Lakes in unterschiedlicher Höhe am Berg gab, und am obersten
See konnte man sogar kostenlos zelten. Das war doch vielversprechend. Wir
packten unser Zelt und sonstige Sachen, die wir für eine Nacht in den Bergen
brauchten, in unsere Rucksäcke und marschierten gegen fünf Uhr los.
Schon nach einer kurzen Strecke erreichten wir den unteren Joffre Lake, einen
atemberaubend schönen See mit leuchtend türkisfarbenem Wasser vor
einem herrlichen Hintergrund von Wäldern und Bergen. Wenn es ein typisches
Fotomotiv von Kanada gibt, dann dieses! Nach einer Wanderung durch den Wald und
über Felsen erreichten wir den mittleren Joffre Lake, der den unteren an
Schönheit noch übertraf. Einfach unglaublich.
Nachdem wir uns eine Weile an dem Anblick sattgesehen und obligatorische Fotos
gemacht hatten, ging es weiter zur dritten Etappe, über rasante
Bergbäche, Geröllfelder und zum Teil recht steil den Berg hinauf.
Zwischendurch hörten wir jemanden in einiger Entfernung pfeifen, in Kanada
ein Zeichen dafür, daß ein Bär in der Nähe ist. Wir
schnappten uns Stöcke und machten beim Weitergehen Lärm, um den
potentiellen Bären abzuschrecken. Es war schon ein bißchen spannend,
zumal wir ja vorhatten, in den Bergen zu übernachten. Der Bär
ließ sich aber nicht blicken, und so erreichten wir ungefressen um viertel
nach sieben den oberen Joffre Lake.
An den Berghängen standen in dieser Höhe kaum noch Bäume,
dafür erstreckte sich ein Gletscher bis an den Rand des Sees. Am Ufer
waren einige Flächen als Zeltstellflächen freigeräumt, es gab
ein einfaches Plumpsklo und Metallcontainer, um Lebensmittel bärensicher
einzuschließen (offensichtlich mußte man hier mit ungebetenem
nächtlichem Besuch rechnen). Ansonsten war die Gegend Natur pur, und wir
mußten "unseren" Privat-Campingplatz mit nur einem weiteren Zelt teilen.
Das war wohl einer der tollsten Orte an dem ich je gezeltet habe. Nach einem
schönen Abendessen am Seeufer und dem Sonnenuntergang krochen wir recht
früh ins Zelt, denn nachts wurde es in den Bergen wirklich kalt.
Fotogalerie: Joffre Lakes
Freitag, 25.07.2008
Nachdem die Sonne aufgegangen war, tauten wir langsam auf, und uns bot sich ein
herrlicher Ausblick aus unserem Zelt. Ich stand um halb neun auf, wanderte
etwas am See entlang bis zu dem Wasserfall, der sich aus dem Gletscher in den
See ergoß und kehrte dann zu Laura und dem Zelt zurück, um zu
frühstücken.
Da es in der Sonne schön warm war, stürzte ich mich - wie ich es mir
schon am Vortag vorgenommen hatte - todesmutig ins Wasser und hoffte, daß
Laura schnell ein Foto machte, denn der eisgekühlte Gletschersee war so
kalt, wie ein See nur sein konnte. Brrrrrr! Aber es war auf jeden Fall
erfrischend, und danach war ich definitiv wach.
Um zehn Uhr machten wir uns an den Abstieg, kamen wieder an den herrlichen
beiden anderen Joffre Lakes vorbei und erreichten um kurz vor eins unser Auto,
und weiter ging's über die Landstraße zu neuen Zielen.
Im Örtchen Lillooet wunderten wir uns über die allgegenwärtigen
Kamele auf Schildern und in Namen von Bars und Hotels. Erst später kamen
wir auf die Erklärung: Vor etwa hundert Jahren gab es in der Gegend einen
regelrechten Goldrausch, und die hoch beladenen Packesel der Goldgräber
sahen von weitem wirklich fast wie Kamele (genaugenommen Dromedare) aus. So
also kamen die Kamele nach Kanada. Nicht die bekannteste Attraktion, aber
zumindest ein weiteres Highlight entdeckten wir ebenfalls vor einem Laden in
Lillooet: Die größte Motorsäge der Welt.
Nach diesen Kuriositäten fuhren wir weiter, am Cache Creek entlang und im
Radio lief mal wieder "I kissed a girl" von Katy Perry. Der Song war
offensichtlich auf Platz eins in den kanadischen Charts und wurde
spätestens alle 20-30 Minuten gespielt (zwischendurch spielte der
Moderator es sogar einmal kurz an: "Keine Angst, kommt gleich wieder.") Ein
ganz nettes Lied, das uns wohl immer an unseren Roadtrip durch die
kanadischen Rocky Mountains erinnern wird.
Mit Kamloops erreichten wir nachmittags dann mal wieder eine etwas
größere Stadt und erkundigten uns in der örtlichen
Touristeninformation nach Sehenswürdigkeiten und Zeltplätzen in der
Gegend. Doch die nette Dame dort riet uns besser noch weiterzufahren,
östlich von Kamloops gebe es viel mehr zu sehen und bessere
Campingplätze als in der Stadt. Das war ja wirklich nett und ehrlich,
aber schon irgendwie amüsant, daß die gute Dame so schlechte
Werbung für ihren Arbeitgeber machte. Bevor wir Kamloops verließen
mußte ich allerdings noch einen kanadischen Klassiker kennenlernen:
Einen Kaffee bei Tim Hortons trinken. In den allgegenwärtigen Filialen
dieser Cafékette ist laut Laura mindestens jeder zweite Kanadier
regelmäßig Kunde, diese Erfahrung mußte ich dann
natürlich auch einmal machen. Und so ein leckerer Kaffee schadet ja auch
nicht.
Schöne Landschaften und endlos lange Frachtzüge boten sich uns auch
jenseits von Kamloops. In Chase fanden wir schließlich einen netten,
preiswerten Zeltplatz, den Chase Lions RV Park, am Ufer des Thompson River bzw.
Little Shuswap Lake. Als Laura vom Platzwart erfuhr, daß es dort auch
(kostenlose!) heiße Duschen gab, war die Entscheidung gefallen, unser
Lager auf jeden Fall dort aufzuschlagen. Der Platzwart amüsierte sich ein
wenig über diesen Freudenausbruch angesichts einer Dusche, aber wir hatten
ja seit unserer Ankunft in Kanada noch keine Dusche gehabt, und ein eiskalter
Gletschersee ist auf Dauer sicherlich kein Ersatz dafür. Und so hatte der
Campingplatz seine ersten "japanischen" Gäste.
Ich baute dann das Zelt auf und packte unsere Sachen aus, während Laura
einmal so richtig lange heiß duschte und wie verändert wiederkam.
Dann machten wir uns unser einfaches Abendessen, kamen aber lange nicht an
den Stil unserer Nachbarn heran, einer größeren Gruppe älterer
Ehepaare. Zwar hatten wir wie diese eine Tischdecke (auch wenn unsere aus einem
Halstuch improvisiert war), aber mit echten Weingläsern, dem kulinarischen
Angebot und einer lautstarken Musikanlage konnten wir nicht mithalten.
Als dann noch die größten Hits von Abba gespielt wurden und die
Damen mit bunter Perücken dazu tanzten, mußten wir zugeben, daß
diese älteren Generationen partymäßig so einiges drauf hatten.
Also gingen wir spontan zu ihnen herüber und fragten, ob wir uns der Party
anschließen dürften. Das wurde mit großer Begeisterung
aufgenommen, und so hatten wir einen wirklich lustigen Abend. Mit Carol und
Dennis, einem älteren Ehepaar aus Kamloops, unterhielten wir uns ziemlich
gut, da die beiden zahlreiche Freunde in Japan haben, ein fast
unerschöpfliches Gesprächsthema. Natürlich mußten wir
auch das lokale Bier aus Kamloops probieren (zufälligerweise in
schwarz-rot-goldenen Dosen, ein Hoch auf die deutsch-kanadische Freundschaft!)
Aber mit am amüsantesten war auch die Art, in der besonders Dennis redete.
Normalerweise würden sie schon ganz gern in ihrem 5-Sterne-Haus leben, aber
ein paar Tage im Jahr gäben sie sich auch mit ihrem 4-Sterne-Wohnwagen
zufrieden, um Freunde und Verwandte auf dem Campingplatz in Chase zu treffen.
Und daß ein gebildeter Rentner in jedem dritten Satz "Holy Crap!"
("Heilige Scheiße!") sagt, war auch sehr lustig. Nachdem man sogar noch
einen Fernseher aufgebaut und damit Abba-Videos und eine Dokumentation
über die schwedische Popgruppe gezeigt hatte, wurden unsere Nachbarn
auch so langsam müde, und gegen Mitternacht war dann Schlafenszeit angesagt.
Fotogalerie: Joffre, Lillooet, Kamloops, Chase
Samstag, 26.07.2008
Morgens sprangen wir dann in den Thompson River, an dessen Ufer wir zelteten.
Laura fand ihn eher kalt, ich schon fast warm - nach dem Bad am Vortag im
Gletschersee kein Wunder. Dann noch schön duschen, frühstücken,
uns von unseren neuen Freunden verabschieden, und um viertel nach zehn
verließen wir dann das nette Chase.
Dann hatten wir noch einige hundert Kilometer vor uns und machten daher nur
einen längeren Sightseeing-Stop, bei den Riesenzedern im Mt Revelstoke
Giant Cedars Park. Schon recht beeindruckend, wenn auch nicht vergleichbar
mit den Riesen-Sequoia-Bäumen in Kalifornien.
Am Nachmittag überquerten wir die Provinzgrenze zwischen British
Columbia (BC) und Alberta (AB), durften unsere Uhr eine Stunde vorstellen und
erreichten gegen 19 Uhr die Großstadt Calgary, die aufgrund des
Ölbooms in der Gegend seit einigen Jahren rasant wächst. In einem
Getränkemarkt (dem ersten, den wir zu Öffnungszeiten erreichten)
kauften wir ein Sortiment guter kanadischer Biere als Mitbringsel und fuhren
dann zu Bryce, einem wirklich netten Highschoolfreund von Laura. Obwohl sich
die beiden sei über zehn Jahren nicht gesehen hatten, lud uns Bryce in
sein Haus ein und hatte uns sogar den Schlüssel hinterlegt, so daß
wir schon frisch geduscht und sein - nicht nur nach Tagen auf Zeltplätzen
- luxuriöses Apartment ("Penthouse", wie Laura es nannte) erkundet hatten,
als er schließlich nach Hause kam.
Da gab es vor allem für die beiden erstmal eine Menge zu erzählen.
Gegen zehn Uhr fuhren wir dann in die Stadt, um mit Kat und Melissa, zwei
weiteren Freunden von Laura, zu Abend zu essen und nachher noch etwas feiern zu
gehen. In dem Laden, den wir nachher aufsuchten, wurde zwar nicht wirklich
meine Musik gespielt (und Bryce dachte ähnlich), aber den Damen gefiel es,
und man muß ja die Vorteile einer Großstadt auskosten. Als die Bars
und Clubs um halb drei zumachten, war es dann auch der Zeit, in unsere
Luxusunterkunft zurückzukehren.
Fotogalerie: Von Chase nach Calgary
Sonntag, 27.07.2008
Morgens konnte ich dann einen weiteren Zivilisations-Luxus, Bryces
Internetanschluß, ausnutzen, es gab leckere Pfannkuchen zum
Frühstück, und um 14 Uhr fuhr ich mit Kat & Laura in die Stadt,
um ein wenig Calgary-Sightseeing zu betreiben. In einem Park in der Stadt
fand ein Folk Music Festival statt, doch plötzlich zogen Wolken auf
und ein heftiger Wolkenbruch mit Gewitter ging auf uns nieder. Wir suchten
unter einer Brücke Zuflucht und baten Marissa, die uns ohnehin treffen
wollten, uns dort abzuholen. Als sie mit ihrem Jeep (ein bißchen ist
Calgary noch immer die Cowboystadt, die es vor dem Ölboom war) dort
ankam, hatte es aber schon aufgehört zu regnen.
So konnten wir zu einem Aussichtspunkt hinaufsteigen und nachher noch durch
den Stadtteil Kensington flanieren. Dort setzten wir uns zu exotischem Tee und
Gebäck eine ganze Weile in ein nettes Teehaus. Und am Abend trafen wir
dann Bryce nach der Arbeit in einem ziemlich guten vegetarischen Restaurant,
wo wir noch ein bißchen Marissas Geburtstag feierten. Anschließend
zeigten uns Kat und Marissa noch ihre recht große Wohnung/WG mit
atemberaubendem Blick über Calgary (noch besser als von Bryces Haus aus),
aber dann ging es auch nach Hause.
Fotogalerie: Calgary
Montag, 28.07.2008
Die Natur rief, und auch wenn der Luxus von Bryces Wohnung verlockend war,
brachen wir wie geplant um halb elf auf und fuhren wieder westwärts,
über herrliche Landstraßen bei fantastischem Wetter.
Erster Stop war das Luxus-Urlaubsresort Banff mit dem teuren, schön
anzusehenden Banff Springs Fairmont Hotel und dem gegenüberliegenden
Konferenzzentrum, wo wir ganz dekadent die Sanitäranlagen nutzten. Auch
Backpacker haben manchmal Ansprüche.
Fotogalerie: Banff
Nächste Station war Lake Louise, ein weiteres Luxusresort am gleichnamigen
See. Dort schlugen wir zunächst unser Zelt im örtlichen Zeltplatz mit
dem passenden Namen "Lake Louise Tent" auf. Der elektrische Zaun um das Gelände
erinnerte uns mal wieder daran, daß auch hier Bären nicht selten zu
Besuch kommen.
Nach einem Einkauf im Village Market nahmen wir zwei Anhalter mit, witzigerweise
nachdem wir vorher noch über gefährliche Anhalter gesprochen hatten,
die in einem Restaurant am Lake Louise arbeiteten und uns einige Wandertips
gaben und uns einen kostenlosen Parkplatz zeigen konnten. Wie praktisch. Wir
stellten das Auto ab und gingen zum Seeufer, an dem sich zahlreiche Touristen
drängten, doch schon nach einigen hundert Metern Wanderung den Hang hinauf
waren wir schon wieder fast alleine.
Nach einigen Kilometern erreichten wir den hübschen Mirror Lake
(Spiegelsee) und später den Agnes Lake mit einem netten Teehaus. Da es
noch nicht so spät und unser Entdeckerdrang noch nicht gestillt war, ging
es weiter den Berg hoch zum Beehive (Bienenstock), einen Berg, der wie der
Name vermuten läßt, ein bißchen wie ein riesiger Bienenstock
aussieht. Beeindruckender war allerdings der Ausblick von dort auf den Lake
Louise und das Fairmont Chateau Hotel am Ufer des Sees.
Auf der anderen Seite des Beehive stiegen wir hinab und wanderten weiter zur
Ebene der 6 Gletscher. Dort angekommen hatten wir Zeit für eine kurze
Pause und einige Fotos, dann mußten wir uns langsam auf den Rückweg
machen, um noch vor der Dunkelheit (und den Bären) zurück zu sein.
Im luxuriösen Fairmont Chateau Hotel tranken wir in der Bar im
Erdgeschoß leckeren Hot Apple Cider (das meiste andere hätte unser
Budget gesprengt), um uns aufzuwärmen. Aufgewärmt und mit einem Hauch
von Luxus im Kopfe verließen wir das Fairmont Chateau und fuhren
zurück in unser fast ebenso komfortables 5-Sterne-Zelt.
Fotogalerie: Lake Louise
Dienstag, 29.07.2008
Gut ausgeschlafen brachen wir um 11 Uhr von Lake Louise auf und fuhren den
berühmten Icefields Parkway (Highway 93), eine der schönsten
Straßen Kanadas, entlang nach Norden. Immer wieder mußte ich die
Kamera herausholen und das grandiose Panorama festhalten.
Am Bow Lake frühstückten wir mit perfektem kanadischem Ausblick auf
Berge und Seen, dann ging es weiter zum Bow Lake und Summit, wo wir den Wagen
nochmal abstellten und zum Peyto Lake Lookout hinaufstiegen, mit wieder
herrlichen Ausblicken, diesmal auf den Peyto-See.
Die namengebenden Eisfelder des Icefield Parkways konnten wir einige Zeit
später am Icefields Center und den gegenüberliegenden Columbia
Eisfeldern mit dem Athabasca-Gletscher und dem gleichnamigen See bewundern.
Obwohl der Gletscher abgesperrt war und gerade im Sommer durch Löcher
unter dem Eis immer wieder Menschen dort zu Tode kommen, liefen zahllose
Touristen, auch mit Kindern, auf dem Eis herum. Der Mensch ist halt
unbelehrbar, und der Gletscher lockte tatsächlich mit seinem tollen Anblick.
Hinter den Icefields machten wir noch einen kurzen Stop an den Tangle Falls,
dann ging es aber zügig weiter nach Jasper, wo wir um vier Uhr im Waipiti
Camping unser Lager aufschlugen. Nach einer kurzen Siesta fuhren wir um halb
sieben noch ins kleine Stadtzentrum von Jasper, um etwas einzukaufen und Geld
abzuheben (nach längerer Suche fand ich tatsächlich einen
Geldautomaten, der Visa akzeptierte, was in West-Kanada nicht so einfach ist).
Kurz noch E-Mails checken, und dann ging es zurück zum Campingplatz. Dort
holten wir uns eine Feuer-Lizenz für ca. 8 Dollar (auf kanadischen
Campingplätzen, zumindest in den Nationalparks, darf man nicht einfach so
ein Feuer machen), dafür gab's dann auch kostenloses Brennholz für
das Lagerfeuer. Leider fing es passend zu unserer Rückkehr zu regnen an,
doch wir wollten uns unser erstes offizielles Lagerfeuer nicht verderben lassen.
Unter dem Regenschirm bekam ich es an, und als es erstmal richtig brannte, konnte
ihm der Regen auch nichts mehr ausmachen. Irgendwann hörte er sogar eine
Weile ganz auf, so daß wir zumindest nett draußen zu Abend essen
und trinken konnten.
Fotogalerie: Icefields Parkway
Mittwoch, 30.07.2008
In der Nacht und am Morgen regnete es leider fast ununterbrochen, so daß
wir das Zelt naß und im Regen abbauen und einpacken mußten. Brrrr.
Um 11 Uhr verließen wir den Campingplatz und fuhren nach Jasper, wo Laura
ins Internet ging und ich mir noch ein bißchen die Stadt ansah. Um 12:20
Uhr war dann Abschiednehmen angesagt, nach einer Woche toller Fahrten durch den
Westen Kanadas.
Laura fuhr zurück nach Vancouver und von da mit ihrer Mutter auf
Alaska-Kreuzfahrt, und ich bestieg den Zug "The Canadian", der mich in drei
Tagen die 3600 km bis Toronto bringen sollte. Da es keine
Sitzplatzreservierungen gab und mein Waggon - der mit den billigen
Plätzen - ganz am Ende des ewig langen Bahnsteigs war, und weil die
meisten Leute schon in Vancouver eingestiegen waren, bekam ich leider keinen
Fensterplatz. Aber dafür hatte ich mit Alison aus Toronto eine nette und
lustige Sitznachbarin zum Quatschen, Karten spielen und Quizfragen aus ihrem
Buch beantworten (die wirklich schwierig waren). Außerdem hatte sie sehr
viel Spaß, als sie meine riesige Provianttasche sah (naja, in drei
Tagen kann ich eine Menge essen, vor allem, wenn man im Zug sitzt und sonst
nichts zu tun hat) und amüsierte sich köstlich über meine
kulinarischen Kreationen wie Brot mit Mayo (also ich fand's lecker, was leider
niemand nachvollziehen konnte). Naja, Hauptsache wir hatten Spaß. Um
19:20 Uhr erreichten wir Edmonton, den nächsten größeren
Bahnhof (ja, Kanada ist groß), wo wir schon eine Stunde Verspätung
hatten. Nachdem wir dann den herrlich roten Sonnenuntergang vom Panoramawagen
aus bewundert hatten, war bald schon Schlafenszeit angesagt. Die netten
"sozialen" Menschen im Waggon, die an ihren Laptops mit Lautsprecher aber ohne
Kopfhörer (dafür hatte das Geld wohl nicht mehr gereicht) die ganze
Fahrt über Musik gehört, Filme geguckt oder Ballerspiele gespielt
hatten, hatten zum Glück ihre Computer inzwischen auch ausgeschaltet.
Fotogalerie: Zugfahrt durch Alberta
Donnerstag, 31.07.2008
Der Donnerstag war ein reiner Zugfahrtag, an dem sich unsere Verspätung
immer weiter vergrößerte, da wir immer wieder Frachtzüge
vorließen. Die Güter hatten es offensichtlich eiliger als die
Menschen, obwohl auch die zum Teil nicht gerade wenig für ihr Ticket
bezahlt hatten, im Gegensatz zu den Mitgliedern des kanadischen Militärs,
die im August samt Familie kostenlos mitfahren durften - und das in der
Hauptreisesaison, wenn der Zug ohnehin schon ausgebucht ist - weshalb Leute
wie Alison gleich viel mehr für ihren Fahrschein zahlen mußten.
Um 04:00 Uhr morgens erreichten wir Saskatoon in der Provinz Sasketchewan
(mit 2 Stunden Verspätung), von 15:40 Uhr bis 16:50 Uhr machten wir eine
längere Pause in Winnipeg (mit 4:30 Stunden Verspätung), wo wir auch
aussteigen und im Fork Market etwas einkaufen konnten, und um 18:30 Uhr
überquerten wir die Provinzgrenze zwischen Manitoba und Ontario, wo wieder
einmal die Uhr um eine Stunde vorgestellt werden mußte.
Landschaftlich war die Zugstrecke durch die Rocky Mountains in Alberta am
schönsten, Sasketchewan und Manitoba boten hauptsächlich Steppe,
Weiden und Felder, und Ontario ist bekannt für Wälder und Seen.
Aber auch die Städte auf dem Weg halten einige Attraktionen bereit, so
kamen wir zum Beispiel am größten Golfschläger und der
größten Coladose der Welt vorbei.
Ansonsten pendelten wir im Wesentlichen zwischen unserem Sitzplatz und dem
Panoramawaggon, der sich direkt neben dem Zugcafé befand, hin und her.
Irgendwann spendierte die Bahn aufgrund der Verspätung sogar jedem
Passagier ein unalkoholisches Freigetränk, obwohl ein Bier sicher noch
besser angekommen wäre. Ein älterer Herr, die die komplette,
mehrtägige Zugfahrt immer korrekt angezogen mit Anzug und Krawatte
auftrat, hätte gern ein Whiskey gehabt, und ich persönlich hätte
ihm den als Zugchef schon alleine deshalb spendiert, weil er soviel
traditionellen Stil zeigte. Aus der guten Laune bringen ließ er sich -
im Gegensatz zu einigen anderen Fahrgästen - auch nicht und stimmte
irgendwann im Panoramawagen ein Lied an. Daraufhin schmetterte ein ehemaliger
Marineangehöriger ein vielstrophiges Seemannslied. Und später am
Abend gaben zwei Männer mit Gitarren einige Lieder zum Besten. Es war also
nie langweilig. Im Panoramawagen sitzend, wo einige der wenigen Steckdosen im Zug für
meinen Laptop verfügbar waren (sofern nicht die beiden asiatischen Mitreisenden dort
auf ihrem Laptop stundenlang die Prügeleien eines Thai-Box-Wettkampfs
anguckten), kriegte ich auch so einige unterhaltsame Sprüche und
Diskussionen mit. Eine kleine Auswahl:
Zwei Kinder, die etwas zu Naschen haben wollten, zu ihrer Mutter, die sich in
der Bar ein Glas Wein geholt hatte: "You have no money left? You took the
laundry dollars for this?" ("Du hast kein Geld mehr? Du hast das Geld für
die Wäscherei dafür ausgegeben?")
Eine Frau: "We don't like kids. We don't have kids in our neighbourhood." ("Wir
mögen keine Kinder. Wir haben keine Kinder bei uns in der Nachbarschaft.")
Der Zugbegleiter, nachdem wir immer mehr Verspätung hatten: "We'll arrive
in Winnipeg some time today." ("Wir werden in Winnipeg ankommen. Irgendwann
heute.")
Der Sonnenuntergang abends war wieder toll. Um 01:10 Uhr nachts erreichten wir
Sioux Lookout (mit 6 Stunden Verspätung), wo es leider trotz des Namens
keine Indianer zu sehen gab (aber vielleicht schliefen die schon). So blieb
mir nur die Gelegenheit zu einem Foto mit dem Bahnhofsschild, dann war es auch
Zeit zum Schlafengehen.
Fotogalerie: Zugfahrt durch Sasketchewan und Manitoba
Freitag, 01.08.2008
Weiter ging die Fahrt durch Ontario, eine ziemlich große Provinz.
Um 11:30 Uhr in Hornepayne hatten wir 7 Stunden Verspätung, um 19 Uhr in
Capreol nur noch sechseinhalb. Sollten wir etwa etwas aufholen? Wir glaubten
eigentlich nicht daran, und das zu Recht. Am Abend stand der Zug mal wieder
ewig irgendwo auf der Strecke herum, diesmal aber nicht wegen eines
überholenden Frachtzuges, sondern weil bei einem Gewitter in Toronto
ein Blitz eingeschlagen war und sämtliche Streckensignale in Ontario (oder
sogar darüber hinaus) ausgefallen waren.
Da wir realistischerweise nicht um 20 Uhr in Toronto ankommen konnten, ja noch
nicht einmal vor Mitternacht, wurde uns angeboten, nach der Ankunft im Zug zu
übernachten, bis morgens wieder die ersten Bahnen fuhren. Zudem wollten
die Bahnangestellten am nächsten Bahnhof für alle Passagiere bei deren
eventuell gebuchten Hotels anrufen und die Reservierungen absagen, da es auf
freier Strecke keinen Handyempfang gab. An sich ein sehr netter Service, naja
eigentlich sogar eine Selbstverständlichkeit, doch am nächsten Tag in
Toronto erfuhr ich, daß zumindest in meinem Hotel niemand angerufen hatte.
Desweiteren wurde den Fahrgästen erklärt, daß sie einen Teil
ihres Tickets erstattet bekämen und wegen verpasster
Anschlußzüge ihre Tickets auch für die nächste Verbindung
nutzen könnten. Das wurde per Lautsprecher durchgesagt, und zusätzlich
gingen die Zugbegleiter noch zu jedem Passagier, um es erneut zu erklären.
Doch einige Fahrgäste waren offensichtlich etwas schwerer von Begriff. So
mußte einer Dame dreimal erklärt werden, daß sie auch am
Samstag nach Brampton weiterfahren könnte, notfalls auch mit einem anderen
Zug, worauf sie jedesmal wiederholte, daß samstags wohl keine Züge
nach Brampton führen, weil in ihrem kleinen Fahrplanheftchen keiner
aufgelistet war. Alison erklärte mir aber, daß Brampton als
mittelgroße Nachbarstadt etliche Zugverbindungen nach Toronto hatte.
Obwohl es die Zugbegleiterin ihr ebenfalls schon dreimal erklärt hatte,
schlug die Passagierin schließlich selbst noch einmal vor, daß sie
ja notfalls auch mit dem Taxi fahren könnte (auf Kosten von ViaRail
natürlich), woraufhin wir uns das Lachen kaum verkneifen konnten. Dann
verbrachten wir doch noch eine ungeplante dritte Nacht im Zug.
Fotogalerie: Zugfahrt durch Ontario
Samstag, 02.08.2008
Um 5:45 Uhr erreichten wir endlich Toronto, mit grandiosen 10 Stunden
Verspätung, was mir dann aber auch nichts mehr ausmachte, denn so waren
wir wenigstens ausgeschlafen, statt mitten in der Nacht anzukommen. Beim
Aussteigen standen wir schon fast vor dem herrlich beleuchteten CN-Tower,
dem Wahrzeichen Torontos und bis vor kurzem noch höchstem Bauwerk der Welt.
Nachdem wir unser Gepäck abgeholt hatten (wie im Flugzeug mußte man
größere Gepäckstücke einchecken), suchten wir das kostenlose
Frühstück, das ViaRail uns versprochen hatte, und ich haute mir
an dem leckeren Buffet erstmal gut den Magen voll, als Wiedergutmachung für
die Verspätung, und weil es wirklich gut schmeckte. Dann gingen wir zum
Informationsbüro der Bahn, um unsere versprochenen 50% Fahrpreiserstattung
abzuholen, doch der Mensch dort hatte wenig Ahnung, war ziemlich unfreundlich
und verwies uns an die Informations-Hotline, die allerdings erst ab Dienstag
wieder besetzt war.
Also fuhren wir erstmal nach Pape/Greektown im Stadtteil East York, wo Alison
wohnte. Dort konnte ich endlich mein nasses Zelt auspacken und trocknen und -
noch besser - einmal wieder schön duschen. Danach nutzte ich die Vorteile
eines Internetanschlusses und rief Joc und Dave an, mit denen (und Sean) ich
mich am Vorabend eigentlich hatte treffen wollen. Das hatte ViaRail uns auch
verbockt, und da ich keine Handynummern von den beiden hatte, konnte ich noch
nicht einmal absagen (sofern ich überhaupt irgendwo Handyempfang gehabt
hätte). Die beiden hatten ohnehin ein schlechtes Gewissen, weil sie
dachten, sie hätten mich verpaßt, denn auch in meinem gebuchten
Hostel hatten sie mich nicht getroffen, da man sie dort nicht reinließ
und noch nicht einmal sagte, daß ich noch gar nicht da war.
Einigermaßen erfrischt fuhr ich dann mit Alison wieder in die Stadt und
zur Union Station, wo wir uns bei einer freundlichen Dame am Fahrkartenschalter
nach den Bedingungen für die versprochene Erstattung von 50 Prozent unseres
Fahrpreises (was bei mir gut 250 Dollar waren) erkundigten.
Erwartungsgemäß gab es natürlich kein Bargeld zurück, aber
noch nicht einmal einen Bahngutschein wie zum Beispiel bei der Deutschen Bahn.
Einzige Möglichkeit war, innerhalb eines Jahres wieder ein Ticket bei
ViaRail zu kaufen, auf das dann der Betrag angerechnet würde, allerdings
nur für eine einzige Fahrt, der Rest würde verfallen. So gesehen
mußte man schon ungefähr bis Winnipeg fahren, um auf die 250 Dollar
zu kommen, worauf man natürlich direkt nach so einer Endlosfahrt wie in
den letzten Tagen wenig Lust hat. Da ich aber am nächsten Tag ohnehin in
die USA wollte und die Fahrt an die Grenze nur 37 Dollar kostete, war mir das
zu blöd, und ich gab mein Ticket Alison, damit sie mal bei Gelegenheit
ViaRail mehr "schädigen" konnte.
Bei den lächerlichen Erstattungen und teuren Preisen beschloß ich,
lieber mit dem Bus zu fahren (was mir sogar die Bahn-Schalterdame empfahl) und
ging zum Greyhound-Busschalter, wo ich bei einem recht mürrisch patzigen
Ticketverkäufer einen wirklich preiswerten Fahrschein bekam. Für nur
78 Dollar konnte ich mit Zwischenstop (und beliebig langem Aufenthalt) in
Niagara und New York bis nach Wilmington in Delaware fahren. Mit der Bahn
hätte es mindestens das doppelte gekostet, und ich mußte mich noch
nicht einmal auf einen der vielen täglichen Busse festlegen.
Anschließend schaute ich noch in meinem für den Vorabend gebuchten
Hostel in Chinatown, dem "Toronto Travellers Home" vorbei, da ViaRail dort
offensichtlich doch nicht abgesagt hatte und ich - wie ich telefonisch
erfahren hatte - zumindest die Hälfte der 30 Dollar für mein Zimmer
bezahlen mußte, da ich nicht zwei Tage vorher abgesagt hatte, auch wenn
es nicht meine Schuld war. Allerdings hatten sich die Menschen an der Rezeption
wohl kaum abgesprochen, denn der Mensch, den ich dort antraf, hatte
offensichtlich recht wenig Ahnung:
"Ich bin gekommen, um mein Einzelzimmer von gestern zu bezahlen, weil ich dank
der Bahnverspätung erst heute morgen in Toronto angekommen bin." -
"Einzelzimmer? OK, das sind 50 Dollar." - "Aber ich habe das im Internet
gebucht, da waren es 30 Dollar." - "OK, dann 30 Dollar bitte." - "Ihr Kollege
heute morgen sagte aber, wenn ich heute noch bezahle, kostet es nur die
Hälfte, weil ich das Zimmer ja gar nicht genutzt habe." - "Hmm, ja, dann
sind das 15 Dollar." - "Ich habe allerdings schon 10 Prozent bei der Buchung
im Internet bezahlt." - "10 Prozent. Ok, dann sind das ..." - "12 Dollar." -
"Ja, 12 Dollar bitte."
Was für ein Gespräch, da hätte ich auch glatt mit 20 Dollar
anfangen können, und wäre noch billiger weggekommen. Aber ich bin
ja ein ehrlicher Mensch. Da ich gern eine Quittung haben wollte, daß ich
das Zimmer bezahlt habe, schnitt der junge Mann ein Zettelchen aus einem
Schulheft (offensichtlich der offizielle Rechnungsblock des Hostels) und
schrieb da 12 Dollar und etwas Unleserliches drauf. Was für ein Laden.
Nachdem das Pflichtprogramm nun erledigt war, konnten wir schön zu Mittag
essen gehen, durch Chinatown flanieren und uns ein bißchen das
Stadtzentrum von Toronto ansehen. Auf dem Weg zurück zu Alisons Wohnung
machten wir noch einen Abstecher in den Weston Quarry Garden (der, wenn es
nicht gerade regnet, sicher schön zum Spazierengehen ist). In Greektown,
die ihren Namen zurecht trägt, denn neben den vielen Einwohnern
griechischer Abstammung, griechischen Läden und Restaurants, sind sogar
die Straßenschilder in griechischen Buchstaben beschriftet, gingen wir
noch etwas zu Essen einkaufen.
Zu Hause gab es dann lecker Pizza und Eis (zugegebenermaßen nicht gerade
typisch griechisches Essen). Anschließend gingen wir mit Alisons Kumpel
Colin erst in die "Not My Dog"-Bar und danach noch in einen anderen
Laden und waren erst um 3 Uhr zu Hause. Die Ankunft nach einer mehrtägigen
Zugfahrt muß ja gefeiert werden.
Fotogalerie: Toronto
Sonntag, 03.08.2008
Trotz der kurzen Nacht stand ich um viertel vor acht auf, duschte schnell und
nahm um halb zehn die erste U-Bahn in die Stadt. Um halb elf ging es mit dem
Greyhound-Bus nach Niagara, wo ich um 12:45 Uhr ankam und zu Fuß vom
Busbahnhof zu den Fällen lief. Zwar gab es auch einen Touristen-Shuttlebus,
doch der fuhr nur alle 30-60 Minuten, in der Zeit war ich längst per pedes
angekommen. Praktischerweise hat man von der kanadischen Seite aus den besten
Blick auf die Niagarafälle, die American Falls auf der US-Seite und die
Horseshoe Falls oder Canadian Falls auf kanadischer Seite. Die Niagarafälle
sind schon eine ziemliche Touristenattraktion (ich habe auf meiner Weltreise an
keinem Ort mehr Touristen gesehen), aber sie sind es zurecht: Atemberaubend und
beeindruckend.
Da ich allerdings gut 11 Stunden planmäßigen Aufenthalt in Niagara
hatte, blieb ich nicht die ganze Zeit an den Fällen stehen, sondern
aß erstmal zu Mittag, spazierte am Fluß entlang und setzte mich
eine Weile mit meinem Laptop in einen Park. Auf dem Rückweg etwas
landeinwärts sah ich zahlreiche Leute beim Picknick an einem See oder
Seitenarm des Niagara. Da es ziemlich heiß war, holte ich mir
schließlich am SevenEleven-Supermarkt einen Becher Slurpee-Wassereis.
Die Warnung auf der Packung "Warning! Brain freeze may occur!" ("Achtung! Ihr
Gehirn kann einfrieren!") war durchaus berechtigt. Selbst ich als Eisfanatiker
hatte hart zu kämpfen, den Riesenbecher zu leeren, und nachher war meine
Körpertemperatur bestimmt um einige Grad niedriger.
Durch die "City" von Niagara marschierte ich dann ein ganzes Stück
aufwärts zu einem Bereich des Flusses, der aufgrund der Strömungen
dort Whirlpool genannt wurde. Dann ging es an diversen Souvenirbuden vorbei
wieder zu den großen Fällen, die mit Einbruch der Dunkelheit
schön beleuchtet wurden. Anschließend war es auch schon Zeit,
wieder zum Busbahnhof zu gegen, wo ich um 21:40 Uhr ankam.
Fotogalerie: Niagara
Um 22 Uhr wurde die Wartehalle zugemacht und alle Passagiere rausgeworfen,
und um 23:05 Uhr sollte mein Bus kommen. Doch der kam erst um zehn vor
zwölf und war fast voll, so daß nur die schnellsten und
dreistesten 7 Wartenden (ordentliche Warteschlangen gab es nicht) mitkonnten.
Da nicht klar war, ob und wann noch ein Bus Richtung Buffalo und New York
kommen würde und auch kein Verantwortlicher von Greyhound vor Ort war,
war die Stimmung etwas gereizt und es war mit keiner Höflichkeit beim
Sturm auf den nächsten Bus zu rechnen. Jedesmal wenn ein Bus vorfuhr -
viele davon hatten schlauerweise noch nicht einmal Hinweisschilder, wohin
sie fuhren - stürmte die die wartende Menge dahin. Als ich einmal am
benachbarten Bahnsteig, wo die Leute noch geordnet für den ebenfalls
verspäteten Bus nach Toronto anstanden, direkt zum Busfahrer ging (statt
mich hinten anzustellen), um ihn zu fragen, wohin er denn führe, erntete
ich tödliche Blicke. Uiuiui.
Um 1:30 Uhr kam schließlich noch ein Bus Richtung USA, in den zum
Glück alle Wartenden reinpaßten (wenn auch zum Teil mit einem
Pärchen auf einem Sitz), sonst hätte es bestimmt noch eine Show
gegeben, denn wer wollte schon in Niagara übernachten, nur weil Greyhound
zu wenige Busse fahren läßt. Etwa eine Stunde später erreichten
wir in Fort Erie die Grenze, kamen einigermaßen schnell in einer Stunde
durch die Paß- und Zollkontrolle. Der Grenzbeamte hatte wohl keine Lust,
meinen gut gepackten Rucksack zu durchwühlen und glaubte mir, daß
ich außer kanadischem Bier keine Lebensmittel mit mir führte. Das
war dann also mein Kanada-Abenteuer.
weiter in die USA (Ostküste)
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