Around the World in 109 days
Um die Welt in 109 Tagen
04.05.-21.08.2008

Kanada, 23.07.-03.08.2008

Zeitzone: British Columbia (Vancouver) = MESZ - 9h, Alberta (Calgary, Jasper) = MESZ - 8h, Manitoba (Winnipeg) = MESZ - 7h, Ontario (Toronto) = MESZ - 6h
1 Euro = 1,57 Kanadische Dollar




Mittwoch, 23.07.2008

Um 13:15 Uhr erreichten wir den kanadischen Zoll, wo alle Passagiere mit ihrem gesamten Gepäck aussteigen und durch die Passkontrolle mußten. Kanadische und US-Bürger wurden nach Vorzeigen ihres Ausweises einfach durchgewunken, der Rest (ich und drei Jugendliche) in einen Nachbarraum zur Sonderkontrolle geschickt. Dort war erstmal Warten angesagt, denn von den drei anwesenden Zollbeamten war nur einer für die Passkontrolle zuständig, und der ließ sich Zeit mit den etwa 3 "Verdächtigen" vor uns. Allerdings wurde uns dabei auch eine gute Show geliefert, denn bei einem fragte er, nachdem der Pass mit der Polizeidatenbank im Computer abgeglichen worden war, so laut, daß es alle im Raum hören konnten: "Herr X, was wollten Sie denn mit ihren gefälschten Schecks kaufen?" Der Angesprochene murmelte etwas zur Antwort und durfte sich dann wieder setzten. Nach einigen Minuten wurde er aber wieder aufgerufen und ihm (und dem Rest des Raumes) mitgeteilt: "Und um was für illegale Drogen hat es sich da gehandelt?" Ich konnte mir das Lachen kaum verkneifen und nahm mir vor, in Nordamerika ganz besonders aufzupassen, nichts Illegales zu tun.
Schließlich waren die drei jungen Studenten dran, die mit mir im Bus gekommen waren. Die eine war Amerikanerin und leistete ihren Freunden nur Gesellschaft, die zweite aus Japan und hatte deshalb keinerlei Probleme mit der Einreise. Der dritte kam allerdings aus der Volksrepublik China und hatte zwar ein Studentenvisum für die USA, aber keines für Kanada. Da Amerikaner so selbstverständlich nach Kanada fahren wie Deutsche nach Holland, hatte sich von den dreien niemand darum Gedanken gemacht, daß sie ja eine Staatsgrenze mit all ihren Formalitäten zu überqueren hatten. Der Zollbeamte bot dem Chinesen dann an, ein Formular zu unterschreiben, in dem er von seiner Einreiseabsicht zurücktritt (da er sich am Zoll schon auf kanadischem Staatsgebiet befand), dann nach Seattle zurückzufahren und sich dort im kanadischen Konsulat ein Visum zu besorgen. Oder er könne dableiben und ein Visumsvergehensverfahren über sich ergehen lassen. Die drei fingen dann miteinander zu diskutieren an, was sie nun tun sollten, da es ja blöd sei, zurück nach Seattle zu fahren und erst am nächsten Tag nach Kanada zu können, zumal man dann ja nochmal ein Busticket bezahlen müßte. Da unser Busfahrer und die anderen Passagiere schon ungeduldig auf uns warteten, sprach ich die drei an und übersetzte es in etwas einfachere Sprache: "Entweder du fährst jetzt zurück, holst Dir in Seattle ein Visum und reist morgen problemlos in Kanada ein. Oder Du bleibst hier, wirst wegen illegaler Einreise rausgeworfen und darfst nie mehr einreisen. Schwierige Entscheidung..." Das konnten die drei dann verstehen und beschlossen schweren Herzens, nach Seattle zurückzufahren.
Endlich war ich dann dran, wurde von dem Grenzbeamten ein wenig ausgequetscht, wie lange ich in Kanada bleiben wollte (maximal 2 Wochen, da mein Weiterflug von New York ging, was ich dann durch Vorzeigen meines Flugtickets beweisen mußte), wieviel Geld ich dabei hätte (200 US-Dollar), und wieviel ich auf der Bank hätte (genug, um zwei Wochen in Kanada zu überleben, zum Glück mußte ich nicht noch einen Kontoauszug vorlegen), was ich in Kanada vorhätte (Urlaub vielleicht?) und wo ich wohnen würde (Zelt! Olé!). Meine Güte, ich habe einen EU-Pass, und das war doch nicht die Grenze nach Kasachstan (wo die Beamten noch nicht einmal so viel gefragt hatten, weil ja niemand Englisch konnte), wo ist das Problem? Aber natürlich blieb ich immer schön freundlich, schließlich wollte ich nicht bei der nächsten Einreise begrüßt werden mit: "Und wie haben Sie sich die Anklage wegen Beamtenbeleidigung eingefangen?" Schließlich durfte ich dann ganz offiziell einreisen. Wenn der gute Grenzbeamte allerdings gewußt hätte, daß ich schon mal von der omanischen Palastgarde festgenommen worden war... :-)
Zurück im Bus ging es dann mit inzwischen einer Stunde Verspätung weiter nach bzw. in Vancouver, denn das Stadtgebiet von Vancouver erstreckt sich bis exakt an die Grenze (da sich die Stadt nicht darüber ausdehnen kann), was auf der Karte recht interessant aussieht. Um halb vier erreichten wir den Hauptbahnhof von Vancouver, die Pacific Central Station.
Da die Georgia Street, wo ich Laura im Büro der Alamo-Autovermietung treffen wollte, in der Nähe des Bahnhofs begann, machte ich mich mit meinem gesamten Gepäck zu Fuß auf den Weg dahin, nur um festzustellen, daß die Straße in diesem Teil der Stadt eine Autobahn auf Stützpfeilern bildete, zu Fuß nicht ganz so gut zu erreichen. Also marschierte ich tapfer weiter westwärts, und nach etwa einer halben Stunde schweißtreibendem Marsch war ich schließlich da.
Mit Lauras schickem Mietwagen ging es dann zunächst zurück zum Bahnhof (wo ich mein Ticket für die Fahrt nach Toronto abholte und dem Bahnbeamten mitteilte, daß ich trotz meiner Buchung ab Vancouver erst 866 km weiter in Jasper zusteigen würde), durch den Stanley Park (mit Blick auf Vancouvers Skyline) und nordwärts aus der Stadt hinaus.



Fotogalerie: Vancouver

Über den Sea to Sky (Vom Meer zum Himmel) Highway fuhren wir dann zunächst am Meer entlang und schließlich landeinwärts nach Squamish. Dort wurde im Save-on-Foods-Supermarkt groß Proviant und eine Kühlbox eingekauft. Und da es in dem Laden mit der Save-on-Foods-Mitgliedskarte auf alles deutliche Rabatte gab (oder genaugenommen, alles eine Ecke teurer war als groß ausgezeichnet, wenn man diese Karte nicht hatte), unterschrieb Laura an der Kasse spontan so eine kostenlose Mitgliedschaftserklärung und schon konnten wir sparen. Gegenüber im Little Cesar's holten wir uns dann noch lecker Pizza und aßen stilvoll auf dem Parkplatz-Bordstein zu Abend.
Dann wurde es schon bald dunkel, und wir machten uns auf die Suche nach einem Campingplatz, was sich als schwieriger als erwartet herausstellte, denn sowohl der Platz in Alice Lakes als auch einige andere waren voll und wollten uns auch mit unserem kleinen Zelt nicht drauflassen. Wir überlegten, vielleicht einfach irgendwo im Wald zu zelten, doch als wir aus dem Autofenster plötzlich drei schwarze Bären (eine Mutter mit zwei Jungen) sahen - süß, solange man im sicheren Auto sitzt - nahmen wir von der Idee wieder Abstand.
In einem kleinen Motel an der Hauptstraße fragten wir dann interessenhalber mal nach dem Preis für das billigste Zimmer, doch das sollte 89 Dollar kosten, ohne Dusche und WC! Wir fragten uns, wie die Pärchen in den Roadmovies immer in solch komfortablen Motels absteigen können, wenn so ein bescheidenes schon so teuer war. Aber vielleicht liegt es daran, daß die Hauptfiguren in diesen Filmen meistens eine Bank überfallen oder sonstwie auf nicht ganz legale Weise zu Geld gekommen sind. Für ehrliche Weltreisende gab es diese Option aber nicht.
So ließen wir uns von der Motel-Rezeptionistin den Weg zu einigen weiteren Camingplätzen in der Nähe beschreiben und fanden schließlich einen Platz auf dem städtischen Squamish Municipal Campground, einem recht einfachen Wiesenplatz mit lediglich Plumpsklos und ohne Duschen oder sonstigen Komfort. Eine Rezeption gab es nicht, man mußte sich wohl tagsüber in der Stadt anmelden. Zufälligerweise bauten wir - wie wir am nächsten Morgen feststellten - unser Zelt in der Nähe eines reservierten Platzes auf, dessen "Besitzer" irgendwie nicht kamen, so daß wir schließlich umsonst zelteten. Damit hatte die lange Campingplatzsuche am Ende ja doch noch etwas Gutes.

Donnerstag, 24.07.2008

Am nächsten Tag verließen wir recht früh den Squamish Municipal Campground, stockten unsere Ausrüstung im örtlichen Walmart noch einmal auf und dann ging es von der Zivilisation endlich in die Natur. Auf einer landschaftlich sehr schönen Strecke ging es ostwärts, und der erste Stop war der Brandywine-Fall, ein toller Wasserfall mit dauerhaftem Regenbogen.



Vom Wasserfall aus führte ein Wanderweg ab, den wir sogleich entlangschritten. Der Pfad war wirklich gut angelegt, ziemlich naturbelassen und führte durch Wälder, an Seen vorbei und machte wirklich Spaß entlangzulaufen. Allerdings endete er nach einer Stunde plötzlich mitten im Wald, so daß wir den gleichen Weg wieder zurückmarschieren konnten.
Weiter ging es auf der Landstraße, durch das Örtchen Pemberton, dessen Einwohnerzahl in diesen Tagen sprunghaft angestiegen war, denn an dem Wochenende fand dort das Pemberton Music Festival statt. Ich war ein wenig in Versuchung, da unser Zelt aufzubauen, denn ich war schon so lange nicht auf einem Festival gewesen. Aber ich sah dann doch ein, daß es in Kanada beeindruckendere Dinge zu sehen gab als Rockbands, die ich mir auch in Deutschland ansehen kann.

Fotogalerie: Brandywine Fall & Pemberton

Eines der absoluten Highlands unserer Kanadareise kam dann auch einiger Zeit später mit den Joffre Lakes. Als wir unser Auto auf dem Parkplatz abgestellt hatten und die Karte der Gegend begutachteten, sahen wir, daß es drei Joffre Lakes in unterschiedlicher Höhe am Berg gab, und am obersten See konnte man sogar kostenlos zelten. Das war doch vielversprechend. Wir packten unser Zelt und sonstige Sachen, die wir für eine Nacht in den Bergen brauchten, in unsere Rucksäcke und marschierten gegen fünf Uhr los. Schon nach einer kurzen Strecke erreichten wir den unteren Joffre Lake, einen atemberaubend schönen See mit leuchtend türkisfarbenem Wasser vor einem herrlichen Hintergrund von Wäldern und Bergen. Wenn es ein typisches Fotomotiv von Kanada gibt, dann dieses! Nach einer Wanderung durch den Wald und über Felsen erreichten wir den mittleren Joffre Lake, der den unteren an Schönheit noch übertraf. Einfach unglaublich.



Nachdem wir uns eine Weile an dem Anblick sattgesehen und obligatorische Fotos gemacht hatten, ging es weiter zur dritten Etappe, über rasante Bergbäche, Geröllfelder und zum Teil recht steil den Berg hinauf. Zwischendurch hörten wir jemanden in einiger Entfernung pfeifen, in Kanada ein Zeichen dafür, daß ein Bär in der Nähe ist. Wir schnappten uns Stöcke und machten beim Weitergehen Lärm, um den potentiellen Bären abzuschrecken. Es war schon ein bißchen spannend, zumal wir ja vorhatten, in den Bergen zu übernachten. Der Bär ließ sich aber nicht blicken, und so erreichten wir ungefressen um viertel nach sieben den oberen Joffre Lake.



An den Berghängen standen in dieser Höhe kaum noch Bäume, dafür erstreckte sich ein Gletscher bis an den Rand des Sees. Am Ufer waren einige Flächen als Zeltstellflächen freigeräumt, es gab ein einfaches Plumpsklo und Metallcontainer, um Lebensmittel bärensicher einzuschließen (offensichtlich mußte man hier mit ungebetenem nächtlichem Besuch rechnen). Ansonsten war die Gegend Natur pur, und wir mußten "unseren" Privat-Campingplatz mit nur einem weiteren Zelt teilen. Das war wohl einer der tollsten Orte an dem ich je gezeltet habe. Nach einem schönen Abendessen am Seeufer und dem Sonnenuntergang krochen wir recht früh ins Zelt, denn nachts wurde es in den Bergen wirklich kalt.

Fotogalerie: Joffre Lakes

Freitag, 25.07.2008

Nachdem die Sonne aufgegangen war, tauten wir langsam auf, und uns bot sich ein herrlicher Ausblick aus unserem Zelt. Ich stand um halb neun auf, wanderte etwas am See entlang bis zu dem Wasserfall, der sich aus dem Gletscher in den See ergoß und kehrte dann zu Laura und dem Zelt zurück, um zu frühstücken.





Da es in der Sonne schön warm war, stürzte ich mich - wie ich es mir schon am Vortag vorgenommen hatte - todesmutig ins Wasser und hoffte, daß Laura schnell ein Foto machte, denn der eisgekühlte Gletschersee war so kalt, wie ein See nur sein konnte. Brrrrrr! Aber es war auf jeden Fall erfrischend, und danach war ich definitiv wach. Um zehn Uhr machten wir uns an den Abstieg, kamen wieder an den herrlichen beiden anderen Joffre Lakes vorbei und erreichten um kurz vor eins unser Auto, und weiter ging's über die Landstraße zu neuen Zielen.
Im Örtchen Lillooet wunderten wir uns über die allgegenwärtigen Kamele auf Schildern und in Namen von Bars und Hotels. Erst später kamen wir auf die Erklärung: Vor etwa hundert Jahren gab es in der Gegend einen regelrechten Goldrausch, und die hoch beladenen Packesel der Goldgräber sahen von weitem wirklich fast wie Kamele (genaugenommen Dromedare) aus. So also kamen die Kamele nach Kanada. Nicht die bekannteste Attraktion, aber zumindest ein weiteres Highlight entdeckten wir ebenfalls vor einem Laden in Lillooet: Die größte Motorsäge der Welt.
Nach diesen Kuriositäten fuhren wir weiter, am Cache Creek entlang und im Radio lief mal wieder "I kissed a girl" von Katy Perry. Der Song war offensichtlich auf Platz eins in den kanadischen Charts und wurde spätestens alle 20-30 Minuten gespielt (zwischendurch spielte der Moderator es sogar einmal kurz an: "Keine Angst, kommt gleich wieder.") Ein ganz nettes Lied, das uns wohl immer an unseren Roadtrip durch die kanadischen Rocky Mountains erinnern wird.
Mit Kamloops erreichten wir nachmittags dann mal wieder eine etwas größere Stadt und erkundigten uns in der örtlichen Touristeninformation nach Sehenswürdigkeiten und Zeltplätzen in der Gegend. Doch die nette Dame dort riet uns besser noch weiterzufahren, östlich von Kamloops gebe es viel mehr zu sehen und bessere Campingplätze als in der Stadt. Das war ja wirklich nett und ehrlich, aber schon irgendwie amüsant, daß die gute Dame so schlechte Werbung für ihren Arbeitgeber machte. Bevor wir Kamloops verließen mußte ich allerdings noch einen kanadischen Klassiker kennenlernen: Einen Kaffee bei Tim Hortons trinken. In den allgegenwärtigen Filialen dieser Cafékette ist laut Laura mindestens jeder zweite Kanadier regelmäßig Kunde, diese Erfahrung mußte ich dann natürlich auch einmal machen. Und so ein leckerer Kaffee schadet ja auch nicht.



Schöne Landschaften und endlos lange Frachtzüge boten sich uns auch jenseits von Kamloops. In Chase fanden wir schließlich einen netten, preiswerten Zeltplatz, den Chase Lions RV Park, am Ufer des Thompson River bzw. Little Shuswap Lake. Als Laura vom Platzwart erfuhr, daß es dort auch (kostenlose!) heiße Duschen gab, war die Entscheidung gefallen, unser Lager auf jeden Fall dort aufzuschlagen. Der Platzwart amüsierte sich ein wenig über diesen Freudenausbruch angesichts einer Dusche, aber wir hatten ja seit unserer Ankunft in Kanada noch keine Dusche gehabt, und ein eiskalter Gletschersee ist auf Dauer sicherlich kein Ersatz dafür. Und so hatte der Campingplatz seine ersten "japanischen" Gäste.
Ich baute dann das Zelt auf und packte unsere Sachen aus, während Laura einmal so richtig lange heiß duschte und wie verändert wiederkam. Dann machten wir uns unser einfaches Abendessen, kamen aber lange nicht an den Stil unserer Nachbarn heran, einer größeren Gruppe älterer Ehepaare. Zwar hatten wir wie diese eine Tischdecke (auch wenn unsere aus einem Halstuch improvisiert war), aber mit echten Weingläsern, dem kulinarischen Angebot und einer lautstarken Musikanlage konnten wir nicht mithalten.
Als dann noch die größten Hits von Abba gespielt wurden und die Damen mit bunter Perücken dazu tanzten, mußten wir zugeben, daß diese älteren Generationen partymäßig so einiges drauf hatten. Also gingen wir spontan zu ihnen herüber und fragten, ob wir uns der Party anschließen dürften. Das wurde mit großer Begeisterung aufgenommen, und so hatten wir einen wirklich lustigen Abend. Mit Carol und Dennis, einem älteren Ehepaar aus Kamloops, unterhielten wir uns ziemlich gut, da die beiden zahlreiche Freunde in Japan haben, ein fast unerschöpfliches Gesprächsthema. Natürlich mußten wir auch das lokale Bier aus Kamloops probieren (zufälligerweise in schwarz-rot-goldenen Dosen, ein Hoch auf die deutsch-kanadische Freundschaft!) Aber mit am amüsantesten war auch die Art, in der besonders Dennis redete. Normalerweise würden sie schon ganz gern in ihrem 5-Sterne-Haus leben, aber ein paar Tage im Jahr gäben sie sich auch mit ihrem 4-Sterne-Wohnwagen zufrieden, um Freunde und Verwandte auf dem Campingplatz in Chase zu treffen. Und daß ein gebildeter Rentner in jedem dritten Satz "Holy Crap!" ("Heilige Scheiße!") sagt, war auch sehr lustig. Nachdem man sogar noch einen Fernseher aufgebaut und damit Abba-Videos und eine Dokumentation über die schwedische Popgruppe gezeigt hatte, wurden unsere Nachbarn auch so langsam müde, und gegen Mitternacht war dann Schlafenszeit angesagt.

Fotogalerie: Joffre, Lillooet, Kamloops, Chase

Samstag, 26.07.2008

Morgens sprangen wir dann in den Thompson River, an dessen Ufer wir zelteten. Laura fand ihn eher kalt, ich schon fast warm - nach dem Bad am Vortag im Gletschersee kein Wunder. Dann noch schön duschen, frühstücken, uns von unseren neuen Freunden verabschieden, und um viertel nach zehn verließen wir dann das nette Chase.



Dann hatten wir noch einige hundert Kilometer vor uns und machten daher nur einen längeren Sightseeing-Stop, bei den Riesenzedern im Mt Revelstoke Giant Cedars Park. Schon recht beeindruckend, wenn auch nicht vergleichbar mit den Riesen-Sequoia-Bäumen in Kalifornien.



Am Nachmittag überquerten wir die Provinzgrenze zwischen British Columbia (BC) und Alberta (AB), durften unsere Uhr eine Stunde vorstellen und erreichten gegen 19 Uhr die Großstadt Calgary, die aufgrund des Ölbooms in der Gegend seit einigen Jahren rasant wächst. In einem Getränkemarkt (dem ersten, den wir zu Öffnungszeiten erreichten) kauften wir ein Sortiment guter kanadischer Biere als Mitbringsel und fuhren dann zu Bryce, einem wirklich netten Highschoolfreund von Laura. Obwohl sich die beiden sei über zehn Jahren nicht gesehen hatten, lud uns Bryce in sein Haus ein und hatte uns sogar den Schlüssel hinterlegt, so daß wir schon frisch geduscht und sein - nicht nur nach Tagen auf Zeltplätzen - luxuriöses Apartment ("Penthouse", wie Laura es nannte) erkundet hatten, als er schließlich nach Hause kam.
Da gab es vor allem für die beiden erstmal eine Menge zu erzählen. Gegen zehn Uhr fuhren wir dann in die Stadt, um mit Kat und Melissa, zwei weiteren Freunden von Laura, zu Abend zu essen und nachher noch etwas feiern zu gehen. In dem Laden, den wir nachher aufsuchten, wurde zwar nicht wirklich meine Musik gespielt (und Bryce dachte ähnlich), aber den Damen gefiel es, und man muß ja die Vorteile einer Großstadt auskosten. Als die Bars und Clubs um halb drei zumachten, war es dann auch der Zeit, in unsere Luxusunterkunft zurückzukehren.

Fotogalerie: Von Chase nach Calgary

Sonntag, 27.07.2008

Morgens konnte ich dann einen weiteren Zivilisations-Luxus, Bryces Internetanschluß, ausnutzen, es gab leckere Pfannkuchen zum Frühstück, und um 14 Uhr fuhr ich mit Kat & Laura in die Stadt, um ein wenig Calgary-Sightseeing zu betreiben. In einem Park in der Stadt fand ein Folk Music Festival statt, doch plötzlich zogen Wolken auf und ein heftiger Wolkenbruch mit Gewitter ging auf uns nieder. Wir suchten unter einer Brücke Zuflucht und baten Marissa, die uns ohnehin treffen wollten, uns dort abzuholen. Als sie mit ihrem Jeep (ein bißchen ist Calgary noch immer die Cowboystadt, die es vor dem Ölboom war) dort ankam, hatte es aber schon aufgehört zu regnen.



So konnten wir zu einem Aussichtspunkt hinaufsteigen und nachher noch durch den Stadtteil Kensington flanieren. Dort setzten wir uns zu exotischem Tee und Gebäck eine ganze Weile in ein nettes Teehaus. Und am Abend trafen wir dann Bryce nach der Arbeit in einem ziemlich guten vegetarischen Restaurant, wo wir noch ein bißchen Marissas Geburtstag feierten. Anschließend zeigten uns Kat und Marissa noch ihre recht große Wohnung/WG mit atemberaubendem Blick über Calgary (noch besser als von Bryces Haus aus), aber dann ging es auch nach Hause.



Fotogalerie: Calgary

Montag, 28.07.2008

Die Natur rief, und auch wenn der Luxus von Bryces Wohnung verlockend war, brachen wir wie geplant um halb elf auf und fuhren wieder westwärts, über herrliche Landstraßen bei fantastischem Wetter.



Erster Stop war das Luxus-Urlaubsresort Banff mit dem teuren, schön anzusehenden Banff Springs Fairmont Hotel und dem gegenüberliegenden Konferenzzentrum, wo wir ganz dekadent die Sanitäranlagen nutzten. Auch Backpacker haben manchmal Ansprüche.

Fotogalerie: Banff

Nächste Station war Lake Louise, ein weiteres Luxusresort am gleichnamigen See. Dort schlugen wir zunächst unser Zelt im örtlichen Zeltplatz mit dem passenden Namen "Lake Louise Tent" auf. Der elektrische Zaun um das Gelände erinnerte uns mal wieder daran, daß auch hier Bären nicht selten zu Besuch kommen.
Nach einem Einkauf im Village Market nahmen wir zwei Anhalter mit, witzigerweise nachdem wir vorher noch über gefährliche Anhalter gesprochen hatten, die in einem Restaurant am Lake Louise arbeiteten und uns einige Wandertips gaben und uns einen kostenlosen Parkplatz zeigen konnten. Wie praktisch. Wir stellten das Auto ab und gingen zum Seeufer, an dem sich zahlreiche Touristen drängten, doch schon nach einigen hundert Metern Wanderung den Hang hinauf waren wir schon wieder fast alleine.
Nach einigen Kilometern erreichten wir den hübschen Mirror Lake (Spiegelsee) und später den Agnes Lake mit einem netten Teehaus. Da es noch nicht so spät und unser Entdeckerdrang noch nicht gestillt war, ging es weiter den Berg hoch zum Beehive (Bienenstock), einen Berg, der wie der Name vermuten läßt, ein bißchen wie ein riesiger Bienenstock aussieht. Beeindruckender war allerdings der Ausblick von dort auf den Lake Louise und das Fairmont Chateau Hotel am Ufer des Sees.



Auf der anderen Seite des Beehive stiegen wir hinab und wanderten weiter zur Ebene der 6 Gletscher. Dort angekommen hatten wir Zeit für eine kurze Pause und einige Fotos, dann mußten wir uns langsam auf den Rückweg machen, um noch vor der Dunkelheit (und den Bären) zurück zu sein. Im luxuriösen Fairmont Chateau Hotel tranken wir in der Bar im Erdgeschoß leckeren Hot Apple Cider (das meiste andere hätte unser Budget gesprengt), um uns aufzuwärmen. Aufgewärmt und mit einem Hauch von Luxus im Kopfe verließen wir das Fairmont Chateau und fuhren zurück in unser fast ebenso komfortables 5-Sterne-Zelt.

Fotogalerie: Lake Louise

Dienstag, 29.07.2008

Gut ausgeschlafen brachen wir um 11 Uhr von Lake Louise auf und fuhren den berühmten Icefields Parkway (Highway 93), eine der schönsten Straßen Kanadas, entlang nach Norden. Immer wieder mußte ich die Kamera herausholen und das grandiose Panorama festhalten.



Am Bow Lake frühstückten wir mit perfektem kanadischem Ausblick auf Berge und Seen, dann ging es weiter zum Bow Lake und Summit, wo wir den Wagen nochmal abstellten und zum Peyto Lake Lookout hinaufstiegen, mit wieder herrlichen Ausblicken, diesmal auf den Peyto-See.



Die namengebenden Eisfelder des Icefield Parkways konnten wir einige Zeit später am Icefields Center und den gegenüberliegenden Columbia Eisfeldern mit dem Athabasca-Gletscher und dem gleichnamigen See bewundern. Obwohl der Gletscher abgesperrt war und gerade im Sommer durch Löcher unter dem Eis immer wieder Menschen dort zu Tode kommen, liefen zahllose Touristen, auch mit Kindern, auf dem Eis herum. Der Mensch ist halt unbelehrbar, und der Gletscher lockte tatsächlich mit seinem tollen Anblick.



Hinter den Icefields machten wir noch einen kurzen Stop an den Tangle Falls, dann ging es aber zügig weiter nach Jasper, wo wir um vier Uhr im Waipiti Camping unser Lager aufschlugen. Nach einer kurzen Siesta fuhren wir um halb sieben noch ins kleine Stadtzentrum von Jasper, um etwas einzukaufen und Geld abzuheben (nach längerer Suche fand ich tatsächlich einen Geldautomaten, der Visa akzeptierte, was in West-Kanada nicht so einfach ist). Kurz noch E-Mails checken, und dann ging es zurück zum Campingplatz. Dort holten wir uns eine Feuer-Lizenz für ca. 8 Dollar (auf kanadischen Campingplätzen, zumindest in den Nationalparks, darf man nicht einfach so ein Feuer machen), dafür gab's dann auch kostenloses Brennholz für das Lagerfeuer. Leider fing es passend zu unserer Rückkehr zu regnen an, doch wir wollten uns unser erstes offizielles Lagerfeuer nicht verderben lassen. Unter dem Regenschirm bekam ich es an, und als es erstmal richtig brannte, konnte ihm der Regen auch nichts mehr ausmachen. Irgendwann hörte er sogar eine Weile ganz auf, so daß wir zumindest nett draußen zu Abend essen und trinken konnten.

Fotogalerie: Icefields Parkway

Mittwoch, 30.07.2008

In der Nacht und am Morgen regnete es leider fast ununterbrochen, so daß wir das Zelt naß und im Regen abbauen und einpacken mußten. Brrrr. Um 11 Uhr verließen wir den Campingplatz und fuhren nach Jasper, wo Laura ins Internet ging und ich mir noch ein bißchen die Stadt ansah. Um 12:20 Uhr war dann Abschiednehmen angesagt, nach einer Woche toller Fahrten durch den Westen Kanadas.
Laura fuhr zurück nach Vancouver und von da mit ihrer Mutter auf Alaska-Kreuzfahrt, und ich bestieg den Zug "The Canadian", der mich in drei Tagen die 3600 km bis Toronto bringen sollte. Da es keine Sitzplatzreservierungen gab und mein Waggon - der mit den billigen Plätzen - ganz am Ende des ewig langen Bahnsteigs war, und weil die meisten Leute schon in Vancouver eingestiegen waren, bekam ich leider keinen Fensterplatz. Aber dafür hatte ich mit Alison aus Toronto eine nette und lustige Sitznachbarin zum Quatschen, Karten spielen und Quizfragen aus ihrem Buch beantworten (die wirklich schwierig waren). Außerdem hatte sie sehr viel Spaß, als sie meine riesige Provianttasche sah (naja, in drei Tagen kann ich eine Menge essen, vor allem, wenn man im Zug sitzt und sonst nichts zu tun hat) und amüsierte sich köstlich über meine kulinarischen Kreationen wie Brot mit Mayo (also ich fand's lecker, was leider niemand nachvollziehen konnte). Naja, Hauptsache wir hatten Spaß. Um 19:20 Uhr erreichten wir Edmonton, den nächsten größeren Bahnhof (ja, Kanada ist groß), wo wir schon eine Stunde Verspätung hatten. Nachdem wir dann den herrlich roten Sonnenuntergang vom Panoramawagen aus bewundert hatten, war bald schon Schlafenszeit angesagt. Die netten "sozialen" Menschen im Waggon, die an ihren Laptops mit Lautsprecher aber ohne Kopfhörer (dafür hatte das Geld wohl nicht mehr gereicht) die ganze Fahrt über Musik gehört, Filme geguckt oder Ballerspiele gespielt hatten, hatten zum Glück ihre Computer inzwischen auch ausgeschaltet.



Fotogalerie: Zugfahrt durch Alberta

Donnerstag, 31.07.2008

Der Donnerstag war ein reiner Zugfahrtag, an dem sich unsere Verspätung immer weiter vergrößerte, da wir immer wieder Frachtzüge vorließen. Die Güter hatten es offensichtlich eiliger als die Menschen, obwohl auch die zum Teil nicht gerade wenig für ihr Ticket bezahlt hatten, im Gegensatz zu den Mitgliedern des kanadischen Militärs, die im August samt Familie kostenlos mitfahren durften - und das in der Hauptreisesaison, wenn der Zug ohnehin schon ausgebucht ist - weshalb Leute wie Alison gleich viel mehr für ihren Fahrschein zahlen mußten. Um 04:00 Uhr morgens erreichten wir Saskatoon in der Provinz Sasketchewan (mit 2 Stunden Verspätung), von 15:40 Uhr bis 16:50 Uhr machten wir eine längere Pause in Winnipeg (mit 4:30 Stunden Verspätung), wo wir auch aussteigen und im Fork Market etwas einkaufen konnten, und um 18:30 Uhr überquerten wir die Provinzgrenze zwischen Manitoba und Ontario, wo wieder einmal die Uhr um eine Stunde vorgestellt werden mußte.



Landschaftlich war die Zugstrecke durch die Rocky Mountains in Alberta am schönsten, Sasketchewan und Manitoba boten hauptsächlich Steppe, Weiden und Felder, und Ontario ist bekannt für Wälder und Seen. Aber auch die Städte auf dem Weg halten einige Attraktionen bereit, so kamen wir zum Beispiel am größten Golfschläger und der größten Coladose der Welt vorbei.
Ansonsten pendelten wir im Wesentlichen zwischen unserem Sitzplatz und dem Panoramawaggon, der sich direkt neben dem Zugcafé befand, hin und her. Irgendwann spendierte die Bahn aufgrund der Verspätung sogar jedem Passagier ein unalkoholisches Freigetränk, obwohl ein Bier sicher noch besser angekommen wäre. Ein älterer Herr, die die komplette, mehrtägige Zugfahrt immer korrekt angezogen mit Anzug und Krawatte auftrat, hätte gern ein Whiskey gehabt, und ich persönlich hätte ihm den als Zugchef schon alleine deshalb spendiert, weil er soviel traditionellen Stil zeigte. Aus der guten Laune bringen ließ er sich - im Gegensatz zu einigen anderen Fahrgästen - auch nicht und stimmte irgendwann im Panoramawagen ein Lied an. Daraufhin schmetterte ein ehemaliger Marineangehöriger ein vielstrophiges Seemannslied. Und später am Abend gaben zwei Männer mit Gitarren einige Lieder zum Besten. Es war also nie langweilig. Im Panoramawagen sitzend, wo einige der wenigen Steckdosen im Zug für meinen Laptop verfügbar waren (sofern nicht die beiden asiatischen Mitreisenden dort auf ihrem Laptop stundenlang die Prügeleien eines Thai-Box-Wettkampfs anguckten), kriegte ich auch so einige unterhaltsame Sprüche und Diskussionen mit. Eine kleine Auswahl:
Zwei Kinder, die etwas zu Naschen haben wollten, zu ihrer Mutter, die sich in der Bar ein Glas Wein geholt hatte: "You have no money left? You took the laundry dollars for this?" ("Du hast kein Geld mehr? Du hast das Geld für die Wäscherei dafür ausgegeben?")
Eine Frau: "We don't like kids. We don't have kids in our neighbourhood." ("Wir mögen keine Kinder. Wir haben keine Kinder bei uns in der Nachbarschaft.")
Der Zugbegleiter, nachdem wir immer mehr Verspätung hatten: "We'll arrive in Winnipeg some time today." ("Wir werden in Winnipeg ankommen. Irgendwann heute.")
Der Sonnenuntergang abends war wieder toll. Um 01:10 Uhr nachts erreichten wir Sioux Lookout (mit 6 Stunden Verspätung), wo es leider trotz des Namens keine Indianer zu sehen gab (aber vielleicht schliefen die schon). So blieb mir nur die Gelegenheit zu einem Foto mit dem Bahnhofsschild, dann war es auch Zeit zum Schlafengehen.

Fotogalerie: Zugfahrt durch Sasketchewan und Manitoba

Freitag, 01.08.2008

Weiter ging die Fahrt durch Ontario, eine ziemlich große Provinz.



Um 11:30 Uhr in Hornepayne hatten wir 7 Stunden Verspätung, um 19 Uhr in Capreol nur noch sechseinhalb. Sollten wir etwa etwas aufholen? Wir glaubten eigentlich nicht daran, und das zu Recht. Am Abend stand der Zug mal wieder ewig irgendwo auf der Strecke herum, diesmal aber nicht wegen eines überholenden Frachtzuges, sondern weil bei einem Gewitter in Toronto ein Blitz eingeschlagen war und sämtliche Streckensignale in Ontario (oder sogar darüber hinaus) ausgefallen waren.
Da wir realistischerweise nicht um 20 Uhr in Toronto ankommen konnten, ja noch nicht einmal vor Mitternacht, wurde uns angeboten, nach der Ankunft im Zug zu übernachten, bis morgens wieder die ersten Bahnen fuhren. Zudem wollten die Bahnangestellten am nächsten Bahnhof für alle Passagiere bei deren eventuell gebuchten Hotels anrufen und die Reservierungen absagen, da es auf freier Strecke keinen Handyempfang gab. An sich ein sehr netter Service, naja eigentlich sogar eine Selbstverständlichkeit, doch am nächsten Tag in Toronto erfuhr ich, daß zumindest in meinem Hotel niemand angerufen hatte.
Desweiteren wurde den Fahrgästen erklärt, daß sie einen Teil ihres Tickets erstattet bekämen und wegen verpasster Anschlußzüge ihre Tickets auch für die nächste Verbindung nutzen könnten. Das wurde per Lautsprecher durchgesagt, und zusätzlich gingen die Zugbegleiter noch zu jedem Passagier, um es erneut zu erklären.
Doch einige Fahrgäste waren offensichtlich etwas schwerer von Begriff. So mußte einer Dame dreimal erklärt werden, daß sie auch am Samstag nach Brampton weiterfahren könnte, notfalls auch mit einem anderen Zug, worauf sie jedesmal wiederholte, daß samstags wohl keine Züge nach Brampton führen, weil in ihrem kleinen Fahrplanheftchen keiner aufgelistet war. Alison erklärte mir aber, daß Brampton als mittelgroße Nachbarstadt etliche Zugverbindungen nach Toronto hatte. Obwohl es die Zugbegleiterin ihr ebenfalls schon dreimal erklärt hatte, schlug die Passagierin schließlich selbst noch einmal vor, daß sie ja notfalls auch mit dem Taxi fahren könnte (auf Kosten von ViaRail natürlich), woraufhin wir uns das Lachen kaum verkneifen konnten. Dann verbrachten wir doch noch eine ungeplante dritte Nacht im Zug.

Fotogalerie: Zugfahrt durch Ontario

Samstag, 02.08.2008

Um 5:45 Uhr erreichten wir endlich Toronto, mit grandiosen 10 Stunden Verspätung, was mir dann aber auch nichts mehr ausmachte, denn so waren wir wenigstens ausgeschlafen, statt mitten in der Nacht anzukommen. Beim Aussteigen standen wir schon fast vor dem herrlich beleuchteten CN-Tower, dem Wahrzeichen Torontos und bis vor kurzem noch höchstem Bauwerk der Welt.



Nachdem wir unser Gepäck abgeholt hatten (wie im Flugzeug mußte man größere Gepäckstücke einchecken), suchten wir das kostenlose Frühstück, das ViaRail uns versprochen hatte, und ich haute mir an dem leckeren Buffet erstmal gut den Magen voll, als Wiedergutmachung für die Verspätung, und weil es wirklich gut schmeckte. Dann gingen wir zum Informationsbüro der Bahn, um unsere versprochenen 50% Fahrpreiserstattung abzuholen, doch der Mensch dort hatte wenig Ahnung, war ziemlich unfreundlich und verwies uns an die Informations-Hotline, die allerdings erst ab Dienstag wieder besetzt war.
Also fuhren wir erstmal nach Pape/Greektown im Stadtteil East York, wo Alison wohnte. Dort konnte ich endlich mein nasses Zelt auspacken und trocknen und - noch besser - einmal wieder schön duschen. Danach nutzte ich die Vorteile eines Internetanschlusses und rief Joc und Dave an, mit denen (und Sean) ich mich am Vorabend eigentlich hatte treffen wollen. Das hatte ViaRail uns auch verbockt, und da ich keine Handynummern von den beiden hatte, konnte ich noch nicht einmal absagen (sofern ich überhaupt irgendwo Handyempfang gehabt hätte). Die beiden hatten ohnehin ein schlechtes Gewissen, weil sie dachten, sie hätten mich verpaßt, denn auch in meinem gebuchten Hostel hatten sie mich nicht getroffen, da man sie dort nicht reinließ und noch nicht einmal sagte, daß ich noch gar nicht da war.



Einigermaßen erfrischt fuhr ich dann mit Alison wieder in die Stadt und zur Union Station, wo wir uns bei einer freundlichen Dame am Fahrkartenschalter nach den Bedingungen für die versprochene Erstattung von 50 Prozent unseres Fahrpreises (was bei mir gut 250 Dollar waren) erkundigten. Erwartungsgemäß gab es natürlich kein Bargeld zurück, aber noch nicht einmal einen Bahngutschein wie zum Beispiel bei der Deutschen Bahn. Einzige Möglichkeit war, innerhalb eines Jahres wieder ein Ticket bei ViaRail zu kaufen, auf das dann der Betrag angerechnet würde, allerdings nur für eine einzige Fahrt, der Rest würde verfallen. So gesehen mußte man schon ungefähr bis Winnipeg fahren, um auf die 250 Dollar zu kommen, worauf man natürlich direkt nach so einer Endlosfahrt wie in den letzten Tagen wenig Lust hat. Da ich aber am nächsten Tag ohnehin in die USA wollte und die Fahrt an die Grenze nur 37 Dollar kostete, war mir das zu blöd, und ich gab mein Ticket Alison, damit sie mal bei Gelegenheit ViaRail mehr "schädigen" konnte.
Bei den lächerlichen Erstattungen und teuren Preisen beschloß ich, lieber mit dem Bus zu fahren (was mir sogar die Bahn-Schalterdame empfahl) und ging zum Greyhound-Busschalter, wo ich bei einem recht mürrisch patzigen Ticketverkäufer einen wirklich preiswerten Fahrschein bekam. Für nur 78 Dollar konnte ich mit Zwischenstop (und beliebig langem Aufenthalt) in Niagara und New York bis nach Wilmington in Delaware fahren. Mit der Bahn hätte es mindestens das doppelte gekostet, und ich mußte mich noch nicht einmal auf einen der vielen täglichen Busse festlegen.
Anschließend schaute ich noch in meinem für den Vorabend gebuchten Hostel in Chinatown, dem "Toronto Travellers Home" vorbei, da ViaRail dort offensichtlich doch nicht abgesagt hatte und ich - wie ich telefonisch erfahren hatte - zumindest die Hälfte der 30 Dollar für mein Zimmer bezahlen mußte, da ich nicht zwei Tage vorher abgesagt hatte, auch wenn es nicht meine Schuld war. Allerdings hatten sich die Menschen an der Rezeption wohl kaum abgesprochen, denn der Mensch, den ich dort antraf, hatte offensichtlich recht wenig Ahnung:
"Ich bin gekommen, um mein Einzelzimmer von gestern zu bezahlen, weil ich dank der Bahnverspätung erst heute morgen in Toronto angekommen bin." - "Einzelzimmer? OK, das sind 50 Dollar." - "Aber ich habe das im Internet gebucht, da waren es 30 Dollar." - "OK, dann 30 Dollar bitte." - "Ihr Kollege heute morgen sagte aber, wenn ich heute noch bezahle, kostet es nur die Hälfte, weil ich das Zimmer ja gar nicht genutzt habe." - "Hmm, ja, dann sind das 15 Dollar." - "Ich habe allerdings schon 10 Prozent bei der Buchung im Internet bezahlt." - "10 Prozent. Ok, dann sind das ..." - "12 Dollar." - "Ja, 12 Dollar bitte."
Was für ein Gespräch, da hätte ich auch glatt mit 20 Dollar anfangen können, und wäre noch billiger weggekommen. Aber ich bin ja ein ehrlicher Mensch. Da ich gern eine Quittung haben wollte, daß ich das Zimmer bezahlt habe, schnitt der junge Mann ein Zettelchen aus einem Schulheft (offensichtlich der offizielle Rechnungsblock des Hostels) und schrieb da 12 Dollar und etwas Unleserliches drauf. Was für ein Laden.
Nachdem das Pflichtprogramm nun erledigt war, konnten wir schön zu Mittag essen gehen, durch Chinatown flanieren und uns ein bißchen das Stadtzentrum von Toronto ansehen. Auf dem Weg zurück zu Alisons Wohnung machten wir noch einen Abstecher in den Weston Quarry Garden (der, wenn es nicht gerade regnet, sicher schön zum Spazierengehen ist). In Greektown, die ihren Namen zurecht trägt, denn neben den vielen Einwohnern griechischer Abstammung, griechischen Läden und Restaurants, sind sogar die Straßenschilder in griechischen Buchstaben beschriftet, gingen wir noch etwas zu Essen einkaufen.
Zu Hause gab es dann lecker Pizza und Eis (zugegebenermaßen nicht gerade typisch griechisches Essen). Anschließend gingen wir mit Alisons Kumpel Colin erst in die "Not My Dog"-Bar und danach noch in einen anderen Laden und waren erst um 3 Uhr zu Hause. Die Ankunft nach einer mehrtägigen Zugfahrt muß ja gefeiert werden.

Fotogalerie: Toronto

Sonntag, 03.08.2008

Trotz der kurzen Nacht stand ich um viertel vor acht auf, duschte schnell und nahm um halb zehn die erste U-Bahn in die Stadt. Um halb elf ging es mit dem Greyhound-Bus nach Niagara, wo ich um 12:45 Uhr ankam und zu Fuß vom Busbahnhof zu den Fällen lief. Zwar gab es auch einen Touristen-Shuttlebus, doch der fuhr nur alle 30-60 Minuten, in der Zeit war ich längst per pedes angekommen. Praktischerweise hat man von der kanadischen Seite aus den besten Blick auf die Niagarafälle, die American Falls auf der US-Seite und die Horseshoe Falls oder Canadian Falls auf kanadischer Seite. Die Niagarafälle sind schon eine ziemliche Touristenattraktion (ich habe auf meiner Weltreise an keinem Ort mehr Touristen gesehen), aber sie sind es zurecht: Atemberaubend und beeindruckend.



Da ich allerdings gut 11 Stunden planmäßigen Aufenthalt in Niagara hatte, blieb ich nicht die ganze Zeit an den Fällen stehen, sondern aß erstmal zu Mittag, spazierte am Fluß entlang und setzte mich eine Weile mit meinem Laptop in einen Park. Auf dem Rückweg etwas landeinwärts sah ich zahlreiche Leute beim Picknick an einem See oder Seitenarm des Niagara. Da es ziemlich heiß war, holte ich mir schließlich am SevenEleven-Supermarkt einen Becher Slurpee-Wassereis. Die Warnung auf der Packung "Warning! Brain freeze may occur!" ("Achtung! Ihr Gehirn kann einfrieren!") war durchaus berechtigt. Selbst ich als Eisfanatiker hatte hart zu kämpfen, den Riesenbecher zu leeren, und nachher war meine Körpertemperatur bestimmt um einige Grad niedriger.
Durch die "City" von Niagara marschierte ich dann ein ganzes Stück aufwärts zu einem Bereich des Flusses, der aufgrund der Strömungen dort Whirlpool genannt wurde. Dann ging es an diversen Souvenirbuden vorbei wieder zu den großen Fällen, die mit Einbruch der Dunkelheit schön beleuchtet wurden. Anschließend war es auch schon Zeit, wieder zum Busbahnhof zu gegen, wo ich um 21:40 Uhr ankam.

Fotogalerie: Niagara

Um 22 Uhr wurde die Wartehalle zugemacht und alle Passagiere rausgeworfen, und um 23:05 Uhr sollte mein Bus kommen. Doch der kam erst um zehn vor zwölf und war fast voll, so daß nur die schnellsten und dreistesten 7 Wartenden (ordentliche Warteschlangen gab es nicht) mitkonnten. Da nicht klar war, ob und wann noch ein Bus Richtung Buffalo und New York kommen würde und auch kein Verantwortlicher von Greyhound vor Ort war, war die Stimmung etwas gereizt und es war mit keiner Höflichkeit beim Sturm auf den nächsten Bus zu rechnen. Jedesmal wenn ein Bus vorfuhr - viele davon hatten schlauerweise noch nicht einmal Hinweisschilder, wohin sie fuhren - stürmte die die wartende Menge dahin. Als ich einmal am benachbarten Bahnsteig, wo die Leute noch geordnet für den ebenfalls verspäteten Bus nach Toronto anstanden, direkt zum Busfahrer ging (statt mich hinten anzustellen), um ihn zu fragen, wohin er denn führe, erntete ich tödliche Blicke. Uiuiui.
Um 1:30 Uhr kam schließlich noch ein Bus Richtung USA, in den zum Glück alle Wartenden reinpaßten (wenn auch zum Teil mit einem Pärchen auf einem Sitz), sonst hätte es bestimmt noch eine Show gegeben, denn wer wollte schon in Niagara übernachten, nur weil Greyhound zu wenige Busse fahren läßt. Etwa eine Stunde später erreichten wir in Fort Erie die Grenze, kamen einigermaßen schnell in einer Stunde durch die Paß- und Zollkontrolle. Der Grenzbeamte hatte wohl keine Lust, meinen gut gepackten Rucksack zu durchwühlen und glaubte mir, daß ich außer kanadischem Bier keine Lebensmittel mit mir führte. Das war dann also mein Kanada-Abenteuer.

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