Litauen, 30.04.-05.05.2009
Freitag: Vilnius
Gegen 10 Uhr passierten wir die Grenze zwischen Polen und Litauen, und auch die zwischen mittel- und osteuropäischer
Zeitzone, was uns eine Stunde kostete (die ich aber einige Tage später auf der Rückfahrt wiederbekam).
In Marijampole, kurz hinter der Grenze, hielten wir kurz an, und 12:45 Uhr in Kaunas wurden die Fahrgäste dann je
nach Reiseziel auf andere Busse verteilt, und um 14:30 Uhr waren Jonas und ich in Vilnius. Er machte sich dort auf den
Weg zu Freunden (er hatte mal ein Jahr dort gearbeitet) und ich mit einem Trolleybus (eine Mischung aus Straßenbahn
und Bus, ein Bus, der an Stromabnehmern hängt) nach Gerosios Vilties zu meiner Gastgemeinde für die kommenden
Tage, Dievo Apvaizdos baznykia (zum Glück mußte ich das nicht aussprechen geschweige denn aufschreiben).
Direkt vor der Kirche wartete schon Viktorija, die in der Gemeinde für die Taizépilger zuständig war,
und erklärte, daß ich auch in ihrer Familie (bzw. bei ihren Großeltern) wohnen würde. Die wohnten
praktischerweise nur wenige Meter entfernt, sprachen aber kein Wort Englisch, doch Viktorija quartierte sich für
die Dauer des Treffens ebenfalls dort ein und war mein Dolmetscher. Die Großeltern waren ebenfalls sehr nett und
legten ihre anfänglichen Sorgen (ein Gast, der eine fremde Sprache spricht, und dann auch noch aus Deutschland)
schnell ab. Freundliches Lächeln ist eine weltweite Sprache, und Viktorija erklärte ihnen, daß auch viel
zu jung sei, um im Weltkrieg beteiligt gewesen zu sein (allerdings schienen die Letten auf Russland auch nicht besser
zu sprechen zu sein).
Nach einem schnellen Mittagssnack machten Viktorija - die in den folgenden Tagen meine persönliche Vilnius-Begleiterin
sein sollte - und ich uns auf den Weg zur Kathedrale von Vilnius, denn das Taizétreffen hatte schon angefangen.
Dort bekamen wir noch den letzten Teil eines interessanten Workshops mit, danach führte mich Viktorija ein wenig
in der Altstadt herum, und wir besichtigten auch das wohl berühmteste Marienbildnis des Landes im Tor der
Morgenröte (Ausros Vartai), wo zahllose Menschen zum Dank oder als Bitte für ein Wunder oder Heilung einer
Krankheit metallene Herzen aufgehängt hatten.
Um halb sechs war dann kollektives Abendessen angesagt, im Sereikiskiu-Park (Jugendpark) neben der Kathedrale. Freiwillige
Helfer und Soldaten der lettischen Armee teilten dort die Massenverpflegung aus, und auf der Wiese in der Sonne bei drei
litauischen Priester-Seminaristen sitzend genossen wir unser erstes Taizéessen für dieses Jahr. Mmhhmm.
Um sieben Uhr war dann Zeit für das erste Taizé-Abendgebet, in der Kirche des Franziskanerkonvents. Das
in der Renovierung befindliche Gebäude war recht zugig und bis auf die typischen orangefarbenen
Taizétücher und Kerzen fast leer, aber hatte gerade deswegen eine ganz besondere Atmosphäre
und gefiel mir sehr gut. Das Gebet sowieso, nach wirklich langem Taizéentzug. Es war schön, wieder
zu Hause zu sein. Um 21 Uhr war das Gebet zu Ende und wir fuhren heim zu den Großeltern, wo ich nach der
langen Fahrt in der Nascht zuvor wirklich gut schlafen konnte.
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