Zur Abwechslung standen Christina und ich einmal früh auf und fuhren zur nahe gelegenen Renault-Werkstatt,
die um halb acht leider noch nicht geöffnet hatte. Also erstmal zum EuroSpar und Proviant kaufen, und
um kurz vor neun wieder zur Werkstatt, wo man unseren platten Autoreifen flicken konnte. Das kleine,
provisorische Ersatzrad war auf Dauer keine Alternative, die Leute guckten uns schon immer mitleidig an,
wenn sie es sahen. Bis halb zehn sahen wir uns derweil im Verkaufsraum des Autohauses schicke Neuwagen an,
nahmen dann aber doch Christinas altes Schätzchen wieder mit zum Zeltplatz.
Inzwischen war auch Annika aufgestanden, und wir konnten frühstücken und packen, was sich dann doch noch bis
halb zwölf hinzog. Wir kommen nie früh weg. Dann ging es aber los. Nach einigen Kilometern an einer Tanke
ließen die Mädels von einem schicken Italiener den Luftdruck überprüfen, dann ab auf die Schnellstraße
nordwärts, die sich kurz vor Venedig in eine Schleichstraße verwandelte, denn wir standen Ewigkeiten im Stau
und sehr zäh fließenden Verkehr (ohne den Anlass zu erkennen), auch und besonders als wir an Venedig vorbei
Richtung Treviso fuhren, wo wir zelten wollten, denn von dort ging am nächsten Morgen mein Flieger.
Dummerweise erfuhren wir vor Ort, daß es in Treviso gar keinen Zeltplatz gab, der nächste war tatsächlich in
Venedig, und das örtliche Hotel war uns dann doch zu teuer. Also zurück nach Venedig, wo wir noch auf dem
Festland, ganz in der Nähe der Lagune einen Zeltplatz fanden, den teuersten und gleichzeitig schlechtesten
der ganzen Reise, aber das war wohl der Venedig-Zuschlag. Immerhin hatten wir nun eine Bleibe für die Nacht,
stellten ("schlackerten") unsere Zelte auf und nahmen dann einen Bus ins eigentliche Venedig, auf den vielen
Inseln der Lagune.
Dort wurde zunächst in einem halbwegs preiswerten Selbstbedienungsrestaurant gegessen, dann konnte unsere
Sightseeingtour beginnen. Wir streunten vergleichsweise ziellos durch die Stadt, da eine Orientierung selbst
mit Karte aufgrund der verwinkelten Straßen wirklich schwierig war. Immerhin gab es ab und zu ein paar
Hinweisschilder, so daß wir die Hauptattraktionen wie Rialtobrücke, Markusplatz und -Basilika, Palazzo
Ducale, sowie einige andere sehenswerte Örtlichkeiten entdeckten. (Die öffentlichen Örtlichkeiten
im üblichen Sinne in der Nähe des Markusplatzes waren seltsamerweise am späten Nachmittag
schon geschlossen.) Als es dunkel wurde, machten wir uns auf den Rückweg, was ohne Tageslicht noch deutlich
schwieriger war als der Hinweg. Oft stand man plötzlich in einer Sackgasse, wenn die Straße in einem Kanal
endete (was Christina einmal sogar fast zum Verhängnis wurde), und wir konnten uns gut vorstellen, welch
geheimnisvolle Atomsphäre nicht nur früher sondern wahrscheinlich noch heute in der Karnevalsnacht in den
engen Gassen herrschte. Irgendwann fanden wir aus dem Labyrinth aber doch heraus und bekamen noch einen Bus
zurück zum Zeltplatz, in dem wir ein paar nette Bayern trafen, die sich von Christinas Häme über die nicht
Fußball-Meisterschaft der Münchner Mannschaft nicht ganz so treffen ließen, wie die Mädels, mit denen
wir auf dem Markusplatz geredet hatten. Ja, Christina mußte auch auf dem Fußballsektor unsere Dortmunder
Herkunft zeigen. Zurück auf dem Zeltplatz stießen wir auf unseren (zumindest meinen) letzten Abend in
Italien an, der viel zu schnell gekommen war, und gingen wie immer später schlafen als geplant.